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Analyse: Warum Ambri-Piotta und Lugano in den Playoffs verlieren

Die Lugano Spieler nach der Niederlage nach dem dritten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen dem EV Zug und dem HC Lugano am Donnerstag, 14. Maerz 2019 in der Bossard Arena ...
Enttäuschte Luganesi nach der dritten Niederlage gegen Zug.Bild: KEYSTONE
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Dem Tessin droht der Playoff-Super-GAU – es gibt (fast) keine Hoffnung mehr

Ambri und Lugano stehen in den Playoffs nach drei Spielen schon kurz vor dem Ausscheiden. Das sind die Gründe dafür.
15.03.2019, 13:46
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Sie haben es überhaupt nicht gerne, wenn man sie gemeinsam in einen Topf wirft. Doch momentan befinden sich die beiden Tessiner National-League-Klubs in der gleichen schwierigen Situation. Ambri-Piotta und Lugano stehen in ihren Playoff-Serien gegen Biel und Zug mit dem Rücken zur Wand. Eine weitere Niederlage und die Saison ist bereits vorbei.

Das wäre natürlich ein Super-GAU für den leidenschaftlichen Hockey-Kanton, in dem sich erstmals seit 2014 beide Mannschaften für die Playoffs qualifiziert haben. Doch was läuft schief bei den «Biancoblu» und den «Bianconeri»? Und gibt es noch Hoffnung auf eine Wende?

Wir haben es analysiert.

HC Ambri-Piotta

In der Leventina fühlt man sich nach der dritten Niederlage im dritten Playoff-Spiel schlecht bedient. In zwei von drei Partien hat Ambri gut mitgespielt, am Ende fiel das Glück aber immer auf die Seiten des EHC Biel.

Die Probleme

  • Gegner:

Das fängt natürlich beim Gegner an. Die Seeländer sind dieses Jahr der Angstgegner des HCAP. In der Regular Season verlor man alle vier Spiele mit einem gesamtem Torverhältnis von 17:2. Nun sind noch drei Niederlagen in den Playoffs dazugekommen. Das macht also in dieser Spielzeit sieben Niederlagen in Serie. Da schwindet vielleicht irgendwann sogar der Glaube, dass man Biel überhaupt bezwingen kann.

Biels TopScorer Jason Fuchs, jubelt nach seinem Tor (2-1) im dritten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen dem HC Biel und dem HC Ambri Piotta, am Donnerstag, 14. Maerz 2019 ...
Bei Biel läuft es im Moment.Bild: PPR
  • Coaching:

Doch woran liegt es, dass Biel Ambri derart gut im Griff hat? Grossen Anteil daran hat sicherlich EHCB-Coach Antti Törmänen. «Tages-Anzeiger»-Journalist Kristian Kapp zeigt in einer aufwändigen Arbeit, wie der Finne Ambris Toplinie aus dem Spiel nimmt.

Bei 5-gegen-5 lässt Törmänen in Heimspielen (wo Ambri jeweils zuerst wechseln muss) oft seine vierte und dritte Linie gegen Dominik Kubalik, Dominic Zwerger und Marco Müller auflaufen. Mit nur einem Ziel: Den Gegner intensiv und wann immer möglich stören.

Die Schusspositionen von Ambris Topstürmern

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Die Schusspositionen von Ambris Topstürmern
Die Schusspositionen von Dominic Zwerger in der Regular Season.
quelle: sihf.ch / sihf.ch
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Kubalik und Co. kriegen – ausser im Powerplay – gar keine Gelegenheit, ihr Spiel aufzubauen und sind bei 5-gegen-5 weitgehend neutralisiert. Ohne seine beste Linie ist Luca Ceredas Team deutlich ungefährlicher. Und auch sonst kommt Ambri nicht nach Wunsch zum Abschluss. Die Angreifer werden von Biel geschickt in die ungefährlicheren Aussenbahnen gedrängt.

  • Goalie und Verteidigung:

Nicht nur vorne, auch hinten hapert's beim HCAP. Die Leventiner lassen gegen Biel in jedem Spiel mehr als 16 Schüsse aus dem Slot zu – der schlechteste Wert aller Playoff-Teams. Sie schaffen es nicht, die Bieler in die Aussenbahnen zu drängen.

Ambris Torhueter Benjamin Conz reagiert im dritten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen dem HC Biel und dem HC Ambri Piotta, am Donnerstag, 14. Maerz 2019, in der Tissot Ar ...
Benjamin Conz überzeugt noch nicht.Bild: KEYSTONE

Darunter leidet auch Torhüter Benjamin Conz. Der 27-Jährige weist die zweitschlechtesten Zahlen aller Playoff-Torhüter auf. Er kassiert mehr als drei Tore pro Spiel und hat eine Fangquote von knapp über 90 Prozent. Zudem scheint Biel eine Schwachstelle beim Ambri-Keeper gefunden zu haben. Jason Fuchs erwischte ihn gestern zwei Mal auf exakt gleiche Weise vom rechten Bullykreis aus.

  • Strafen:

Im zweiten und dritten Spiel hatte Ambri zwischenzeitlich alle Vorteile auf seiner Seite. Doch beide Male nahmen die Leventiner kurz nach ihrem wichtigen Ausgleichs- oder Führungstreffer eine dumme Strafe. Biel nutzte das Powerplay jeweils aus und schon war der Vorteil für Ambri wieder zerstört.

Die Hoffnungsschimmer

  • Heimvorteil:

Weit vorausdenken kann und muss Ambri im Moment nicht. Das Ziel ist es, das nächste Spiel zu gewinnen. Dort kann der HCAP wieder auf den Heimvorteil zählen. Vor tausenden frenetischen Fans in der Valascia spielt es sich sicher leichter.

Ambris Cheftrainer Luca Cereda, spricht im dritten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen dem HC Biel und dem HC Ambri Piotta, am Donnerstag, 14. Maerz 2019, in der Tissot Ar ...
Findet Luca Cereda ein Mittel gegen das Coaching von Antti Törmänen?Bild: KEYSTONE

Zudem hat Trainer Luca Cereda dann den Vorteil des späten Wechsels auf seiner Seite. Er kann also selbst entscheiden, gegen wen er seine beste Linie um Dominik Kubalik aufs Eis schicken will. Vielleicht schafft er es so, Antti Törmänen ein Schnippchen zu schlagen.

  • Special Teams:

Wenn etwas funktioniert hat bei Ambri in dieser Serie, dann sind es die Special Teams. Sechs Powerplay-Gelegenheiten haben die Tessiner gegen Biel bislang gehabt. Drei davon haben sie genutzt, das ergibt die ausserirdische Erfolgsquote von 50 Prozent. Das ist allerdings auch wichtig, da die Bieler kaum Strafen nehmen. Ambri erhält die wenigsten Überzahlgelegenheiten aller Playoff-Mannschaften. Das Penalty-Killing ist mit 80 Prozent Erfolgsquote nicht überragend, aber gerade noch gut genug.

HC Lugano

Viele hätten Lugano gegen das in den letzten Qualifikationsrunden nicht mehr überzeugende Zug eine Überraschung zugetraut. Doch nach drei Spielen Playoff-Hockey stehen auch sie schon unmittelbar vor dem Saisonende.

Die Probleme

  • Ausländer:

In der entscheidenden Phase der Meisterschaft müssen alle Spieler ihre besten Leistungen abrufen können, damit man Erfolg hat. Umso fataler, dass bei Lugano die Import-Spieler nach drei Spielen allesamt noch ohne Tor dastehen. Henrik Haapala hat immerhin schon drei Assists, aber noch keinen einzigen Torschuss auf dem Konto.

Luganos Maxim Lapierre, Luganos Jani Lajunen, Luganos Cheftrainer Greg Ireland und Luganos Raffaele Sannitz, von links, im ersten Eishockey Playoff-Viertelfinalspiel der National League zwischen dem E ...
Greg Irelands Ausländer blieben bislang unsichtbar.Bild: KEYSTONE

Jani Lajunen bleibt weitgehend wirkungslos. Maxim Lapierre findet man mehr auf der Strafbank als vor dem gegnerischen Tor. Linus Klasen hat sich im ersten Spiel verletzt und wird wohl nicht mehr spielen. Und Taylor Chorney war noch nie eine offensive Offenbarung.

  • Elvis Merzlikins:

War Elvis Merzlikins in den letzten Jahren noch ein «Playoff-Gott» (drei Mal eine Fangquote von über 93 Prozent), so ist er derzeit nur ein Schatten seiner selbst. Er lässt Schüsse rein, die er sonst wohl fast blind halten würde. Statistisch gesehen ist der Lette der schlechteste Keeper aller Playoff-Viertelfinals.

Lugano's goalkeeper Elvis Merzlikins reacts after the second leg of the playoff quarterfinals of the ice hockey National League Swiss Championship between HC Lugano and EV Zug, at the ice stadium ...
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Die Fangquote liegt bei 84,15 Prozent. Er kassiert beinahe viereinhalb Tore pro Spiel. Und gemäss «NL Icedata» kassierte er bislang sechs Gegentreffer mehr, als ein Durchschnittskeeper an seiner Stelle erhalten hätte.

  • Verteidigung:

Wie bei Ambri trägt auch in Lugano der Torhüter aber nicht die ganze Schuld. In allen Spielen hat die Zuordnung in der Verteidigung der Tessiner überhaupt nicht gepasst. Auswärts verpassten die Bianconeri zudem zweimal den Start und kassierten ein frühes Gegentor. Wie Ambri lassen sie ihren Gegner zu oft und zu einfach aus dem Slot zum Abschluss kommen. Die Verteidiger müssten dort vehementer aufräumen.

  • Schusspositionen:

Lugano schaffte es dagegen bislang nur im Heimspiel, selbst regelmässig aus dem Slot zum Abschluss zu kommen. Gerade Topskorer Gregory Hofmann fand oft seine gewünschte Abschlussposition nicht. Aber auch sonst haben die Tessiner Stürmer Mühe, sich gegen die Zuger Defensive durchzusetzen.

Die Schusspositionen von Luganos Topstürmern

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Die Schusspositionen von Luganos Topstürmern
Die Schusspositionen von Dario Bürgler in der Regular Season.
quelle: sihf.ch / sihf.ch
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  • Special Teams:

Was bei Ambri noch eine Stärke ist, ist bei Lugano eine eklatante Schwäche. Zehn Mal hatte das Team von Greg Ireland die Möglichkeit in Überzahl zu agieren. Kein einziges Tor haben sie dabei erzielt. So kann man keine Playoff-Serie gewinnen.

Ganz anders sieht es auf Zuger Seite aus. Die Zentralschweizer münzen jedes vierte Powerplay in ein Tor um. Oder anders formuliert: Bei Lugano funktioniert auch das Unterzahlspiel überhaupt nicht nach Wunsch.

Die Hoffnungsschimmer

  • Offensive:

Auch wenn die Ausländer das Tor nicht treffen, ist die Offensive des HC Lugano gestern angelaufen. Gegen das normalerweise defensiv disziplinierte Zug konnte man vier Treffer erzielen. Besonders Dario Bürgler brillierte mit zwei Toren und einem Assist.

From left: Lugano's player Raffaele Sannitz, Lugano's player Gregory Hofmann and Lugano's player Dario Buergler, celebrate 1-0 goal, during the preliminary round game of National League ...
Der Block von Dario Bürgler ist gestern ins Rollen gekommen.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Eigentlich ist im Sturm der Tessiner genügend Potential vorhanden, um Zug Probleme zu bereiten. Hätten sie noch zehn Spiele Zeit, könnte man sagen, dass sich das Glück auch mal auf die Tessiner Seite schlagen wird und die Tore irgendwann schon reinfallen werden. Doch so viel Zeit hat die Mannschaft nicht mehr. Zug ist aktuell das heisseste Team der Liga und wird die Serie am Samstagabend beenden wollen.

  • Elvis Merzlikins:

Ja, der Torhüter schafft es auf beide Seiten dieser Liste. Aus dem ganz einfachen Grund: Er ist so gut, dass er jederzeit im Alleingang einen Sieg für Lugano festhalten kann. Das hat er in der Vergangenheit schon oft bewiesen. Sollte Elvis Merzlikins plötzlich doch noch in Form kommen, hat Lugano eine Chance, die Serie zu drehen.

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Die grossen Playoff-Wenden im Schweizer Eishockey
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«Chered die Serie!», fordern die Fans immer wieder, wenn ihr Klub im Playoff hoffnungslos zurückliegt. Doch erst elfmal hat das in der National League seit Einführung des Best-of-Seven-Modus nach mindestens einem 1:3-Rückstand auch geklappt.
quelle: keystone / ennio leanza
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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Couleur
15.03.2019 14:55registriert Januar 2018
Wenn das wohl baldige sang und klanglose Aus von Lugano nur einen positiven Effekt hat, dann wohl diesen: Das seit Jahren überfällige Housecleaning. Habisreutinger, der Baumeister dieser Misere gehört ohne Wenn und Aber weg, ebenso Ireland, der seit Beginn der Saison mit seinem Latein am Ende ist. Wenn derart viele Spieler so ziemlich über ihre gesamte Saison ihr Potential nicht abrufen können und nach über 50 Runden immer noch kein PP/BP gespielt werden kann, liegt die Verantwortung nun mal bei den Trainern. PS: Habisreutingers letzter "Geniestreich": 2 weitere Jahre Lajunen/Lapierre...
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José Santacruz Londoño
15.03.2019 13:59registriert März 2018
Guter Beitrag, Danke!
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maylander
15.03.2019 14:54registriert September 2018
Lugano hat sich zweimal in Zug nicht unterkriegen lassen. Die Matches waren zweimal spektakulär und bis zum Ende offen. Zuhause hat der HCL aber schwach gespielt.
Morgen wird es nochmals hart für den EVZ, der vierte Sieg ist immer der schwierigste.
Der Fehler der Luganesi war die schwache Quali, dank deren man jetzt auf die ausgeruhten Zuger trifft. Der EVZ hat vor allen die bessere 3 und 4. Linie und wird daher die Serie gewinnen.
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24
Alles eine Frage der Dosierung – spielen die Refs im Final eine Rolle?
Die Schiedsrichter waren während der Qualifikation meistens gut und berechenbar und während der Playoffs bisher sogar sehr gut. Die grosse Bewährungsprobe folgt ab heute im Final zwischen den ZSC Lions und Lausanne.

Wer eine lose Umfrage über die Qualität der Schiedsrichter macht – am Stammtisch, bei Sportchefs oder Managern –, bekommt in der Regel Antworten, die zwischen «miserabel» und «völlig ungenügend» tendieren. Die Beurteilung wird natürlich stark vom Ausgang des vorangehenden Spiels beeinflusst – alle sind ja mehr oder weniger Sympathisanten eines Klubs und alle gehören halt hin und wieder oder manchmal auch meistens zu den Verlierern.

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