Fans der ZSC Lions erinnern sich noch gerne an die Saison 2015/16 zurück – zumindest an die Regular Season. Damals flitzte ein erst 18-Jähriger Amerikaner namens Auston Matthews auf dem Eis in Oerlikon umher.
Man wusste nicht viel über den jungen Stürmer, ausser dass er ein grosses Talent ist und im Frühjahr 2016 vermutlich an erster Stelle gedraftet wird.
Seither hat sich Auston Matthews' Bekanntheitsgrad doch markant verändert. Er ist in Toronto, der hockeyverrücktesten Stadt dieses Planeten, zum absoluten Superstar gereift. In der unlängst lancierten NHL-Saison legte er einen Start der Superlative hin (10 Tore und 6 Assists in 7 Spielen). Medien in Toronto behaupten bereits, der 21-Jährige sei besser als Connor McDavid, und vergleichen ihn mit Wayne Gretzky.
Während solche Vergleiche natürlich übertrieben sind, so ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Auston Matthews momentan der torgefährlichste Spieler der NHL ist.
Doch warum tritt er in diesem Jahr so dominant auf?
Matthews verfügt über einen der besten – wenn nicht sogar den besten – Handgelenkschuss der Liga. In diesem Jahr scheint er noch unberechenbarer geworden zu sein. So erklärt Darryl Belfry, Skill-Coach der Toronto Maple Leafs, in einem Podcast, dass Matthews in diesem Sommer seine Schussbewegung komplett umgestellt hat.
«Von zuoberst bis ganz nach unten. Er hat das gesamte Ding einfach umgestellt. Innerhalb von etwa 15 Stunden», zeigt sich auch der Coach verblüfft und erklärt, was die Schussbewegung des Amerikaners einzigartig macht:
Die meisten Spieler ziehen den Puck bei einem Handgelenkschuss nur leicht nach innen, bevor er die Schaufel verlässt. Doch Matthews kann die Scheibe bis zu 30 Zentimeter nach innen ziehen – weiter als die meisten – und bringt dennoch genügend Druck auf den Stock für eine gefährliche Schussabgabe. Durch diese Bewegung verändert er den Winkel so stark, dass Verteidiger und Torhüter plötzlich nicht mehr in der Position zum Puck sind.
Das perfekte Beispiel dafür ist Matthews' erstes Saisontor gegen die Montreal Canadiens.
Ein weiterer Punkt, der Matthews von seiner Konkurrenz abhebt, ist der Punkt, an dem er die Scheibe loslassen kann (englisch: «release point»). Beim «normalen» Handgelenkschuss baut der Spieler mit dem Puck am Ansatz der Schaufel Druck aus und lässt ihn dann über die Spitze der Schaufel fliegen.
Matthews schafft es in Drucksituationen, die Scheibe auch von der Mitte der Schaufel druckvoll und präzis wegfliegen zu lassen. Das verschafft ihm im Duell mit dem Torhüter einen entscheidenden Vorteil, da dessen Reaktionszeit so verkürzt wird. So zu sehen bei seinem Tor gegen die Chicago Blackhawks.
Ein interessantes Detail an Matthews' Handgelenkschuss, das ihm gegenüber den Torhütern einen Vorteil verschafft, ist die Position seiner Hände am Stock. Die meisten Spieler verändern bei einem Schuss die Position ihrer Hände. Die tiefere Hand rutscht beim Griff weiter nach unten. Das erhöht die Kraft hinter dem Schuss, aber auch die Präzision. Und für viele Torhüter ist diese Veränderung am Griff ein Warnzeichen, dass bald ein Schuss kommt.
Bei Matthews gibt es dieses Warnzeichen oft nicht. Der 21-Jährige schiesst meistens mit beiden Händen ziemlich weit oben am Stock. Das verkürzt den Ablauf der Schussbewegung noch mehr. Oft haben Torhüter erst reagiert, wenn der Schuss des Leafs-Stürmers bereits an ihnen vorbeigezischt war.
Matthews ist nicht nur ein unglaublicher Sniper, er ist ein kompletter Center. Er verrichtet seine Arbeit auch in der defensiven Zone, hat ein gutes Positionsspiel und vor allem auch den Blick für seine Mitspieler. Und dank seiner hervorragenden Technik schafft er es auch, diese regelmässig einzusetzen. So sammelt er nicht nur Tore, sondern auch Assists.
Was bei Matthews gerne etwas vergessen geht, ist seine Körpergrösse. Der junge Stürmer misst 191 Zentimeter, bringt 98 Kilogramm auf die Waage und ist dabei absolut durchtrainiert. Das erlaubt es ihm einerseits, die oben erwähnte Schusstechnik durchzuziehen und viel Wucht in seine Schüsse zu bringen. Andererseits kann er sich auch in Zweikämpfen entlang der Bande oder vor dem Tor durchsetzen.
Yes he is as fast in the water as he is on the ice folks.Young stars vs old weathered raisin. Maybe it's the spandex pic.twitter.com/unfBc5WclT
— TYSON NASH 🎤🤥 (@TysonNash) 18. Juni 2016
Im Gegensatz zur letzten Saison kommt Matthews dieses Jahr im ersten Powerplay der Leafs zum Einsatz. Gemeinsam mit Morgan Rielly, John Tavares, Nazem Kadri und Mitch Marner bildet er eine absolut tödliche Formation. Vor dem ersten Saisonspiel wurde Coach Mike Babcock für die Entscheidung kritisiert, einen weiteren Linksschützen in die erste Linie zu nehmen. Doch diese Kritik verstummte rasch.
Sieben Tore in ebenso vielen Spielen hat die Linie um den 21-Jährigen bereits erzielt. Matthews kommt am linken Bullykreis zum Einsatz und ist dort auch als Linksschütze ein regelrechter Gefahrenherd. Das haben mittlerweile auch die gegnerischen Teams bemerkt. Doch in ihrem Eifer, dem Jungstar keine Schussmöglichkeit zu bieten, offerieren sie ihm stattdessen Passoptionen. Und dann stehen Spieler wie Tavares, Kadri oder Marner bereit, um einzuschieben.