Sport
Analyse

FC Basel: So schlecht hielt David Degen seine Antritts-Versprechen ein

Foto Manuel Geisser 07.11.2021 Basel : St.Jakob Park Basel Saison 2021/2022 Herren Fussball Super League FC Basel - FC St.Gallen David Degen FC Basel *** Photo Manuel Geisser 07 11 2021 Basel St Jakob ...
Bisher hat er sein Versprechen, den FC Basel zu alter Grösse zu führen, nicht eingelöst: David Degen.Bild: www.imago-images.de
Analyse

So schlecht hat David Degen seine Antritts-Versprechen als FCB-Präsident eingelöst

Vor gut anderthalb Jahren hat David Degen den FC Basel übernommen. Bei seinem Antritt versprach er viel, doch sportlich steht der Klub so schlecht da wie lange nicht mehr. Wie gut konnte der 39-Jährige seine Versprechen einhalten?
31.01.2023, 15:2231.01.2023, 16:50
Mehr «Sport»

Beim FC Basel brennt mal wieder der Baum. Das Team erfüllt die Erwartungen nicht, in der Tabelle ist der Rückstand zu Leader YB eigentlich nicht mehr einzuholen, die Kritik wird auch seitens der Spieler immer lauter und bei den Fans steigt der Unmut über den Vereinspräsidenten. Was sich anhört wie eine Rückblende in den Frühling 2021, ist beim einstigen Liga-Krösus knapp zwei Jahre später wieder bittere Realität.

Dabei war die Hoffnung nach der Übernahme durch David Degen, der dem ehemaligen Präsidenten Bernhard Burgener die Mehrheitsanteile abgekauft hatte, gross. Doch von den Versprechen, die Degen dem FC Basel und dessen Fans damals gegeben hat, ist nur wenig übrig geblieben.

«Der FCB muss wieder zurück zu alter Stärke.»

Am Ende der Saison 2020/21 stand Basel mit 31 Punkten Rückstand auf YB, das den 4. Meistertitel in Folge feierte, auf dem 2. Platz. Nach dem erneuten 2. Platz in der ersten Saison nach Degens Übernahme steht Basel aktuell auf dem sechsten Platz. Der Klub hat die schlechteste Hinrunde in der Super-League-Geschichte hinter sich. Seit der Gründung der Super League in der Saison 2003/04 war Basel am Ende der Saison nie schlechter als Dritter.

Basels Wouter Burger, links, und Bradley Fink, rechts, im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel 1893 und dem FC Sion im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Sonntag, 6. No ...
Ratlose Gesichter bei Wouter Burger und Bradley Fink (r.).Bild: keystone

Nach anderthalb Saisons ist es zwar noch zu früh, um ein endgültiges Urteil zu fällen, aber es scheint momentan unvorstellbar, dass Basel den Graben zu YB in nächster Zeit schliessen kann. Während die Young Boys die Liga wieder dominieren, dümpelt Basel im Mittelfeld der Tabelle herum. Während bei den «Gelb-Schwarzen» mit David von Ballmoos, Levin Blum und vor allem Fabian Rieder mehrere Eigengewächse zum Stammpersonal gehören, sucht man diese beim FCB vergebens.

Einzig die Routiniers Taulant Xhaka und Fabian Frei, der mit 15 erstmals zu «Rotblau» wechselte, kommen aus der Basler Jugend und werden regelmässig eingesetzt. Dabei waren es Spieler wie Xherdan Shaqiri, Breel Embolo oder auch Valentin Stocker, welche den FCB in seiner erfolgreichsten Zeit so stark gemacht haben. Nun kommen die Talente von Vereinen wie Barcelona (Arnau Comas), Lyon (Hugo Vogel) oder Dortmund (Bradley Fink) und sind häufig auch nur ausgeliehen wie Darian Males (Inter Mailand), Andy Diouf (Rennes) oder Hugo Novoa (Leipzig). Eigengewächse wie Liam Chipperfield oder Tician Tushi wurden vor der Saison aus dem Kader der ersten Mannschaft hingegen aussortiert. Das führt gleich zum nächsten Problem.

Versprechen noch nicht eingelöst.

«Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Spieler und die Fans stolz sind auf diesen Klub. Die Spieler müssen auf dem Platz für diesen Klub brennen.»

Vielen Spielern fehlt die Identifikation mit dem Klub. Dies bemängelte auch Captain Fabian Frei nach der 2:3-Niederlage am letzten Wochenende gegen Luzern. Im SRF-Interview sagte er: «Es ist mir in den falschen Hals, dass die halbe Mannschaft in die Kabine gegangen ist, ohne sich bei den Fans zu bedanken. Das habe ich noch nie erlebt.» Es sei eine Sache des Anstands, den Fans, die den Verein auch bei Auswärtsspielen und in der Kälte stets unterstützen, diesen Respekt zu erweisen, so schwierig es manchmal sei. «Die Fans können am wenigsten dafür, wenn wir einen ‹Seich› zusammenspielen.»

Auf dem Feld scheint es oftmals, als seien einigen Spielern persönliche Erfolge wichtiger als jene des Klubs. Dies ist diesen nicht einmal übelzunehmen, nur Frei, Xhaka und Michael Lang, der im Sommer 2021 zurückkehrte, waren bereits vor der Saison 2021/22 beim FCB. Zudem hat Basel mit einem Altersschnitt von 23 Jahren den jüngsten Kader der Super League. Viele Spieler wollen sich also ins Rampenlicht stellen, sich für grössere Klubs empfehlen und die Schweiz als Steigbügel benutzen.

Dass es beim FCB zu viele solcher Spieler hat, ist ein Fehler in der Kaderplanung. Will man, dass die Profis für den Klub brennen, kann man nicht ausschliesslich auf U23-Spieler setzen, sondern braucht auch Anführer, welche diese in die richtige Richtung ziehen. Da ist Frei häufig alleingelassen. Auch die Fans wünschen sich mehr Spieler wie ihn oder Xhaka. Gibt das Team alles und ist ein grosser Einsatz erkennbar, verzeihen die Fans auch einmal einen Fehler. Dies ist nicht zuletzt daran erkennbar, dass die grosse Identifikationsfigur an der Seitenlinie, Alex Frei, nach wie vor einen grossen Bonus geniesst.

Versprechen nicht eingelöst.

«Es muss wieder eine gewisse Demut einkehren, auch wenn wir weiter vorne mitspielen wollen.»

Will man etwas sarkastisch sein, kann man sagen, dass zumindest der erste Teil dieser Aussage voll und ganz eingetroffen ist. Vom FCB erwartet aktuell kaum jemand die ganz grossen Erfolge, Titel werden vorerst die Ausnahme und nicht die Regel sein und die Sternstunden im Europacup gehören wohl weiterhin der Vergangenheit an. Aber der Teil mit dem «weiter vorne mitspielen» klappt noch nicht so ganz.

Auch auf dem Transfermarkt werden nicht mehr die grossen Brötchen gebacken. Seit Degen übernommen hat, hat der FCB durch Verkäufe gemäss Transfermarkt ein Plus von knapp 24 Millionen Franken erwirtschaftet. Nur für vier Spieler wurde seither eine Ablöse bezahlt, ein Grossteil der Zugänge kam ablösefrei oder auf Leihbasis. Nur sind so auch keine grossen Transfergewinne zu erwarten. Spieler wie Mohamed Salah, Mohamed Elyounoussi oder zuletzt im Sommer 2021 Arthur Cabral und Edon Zhegrova wurden alle für tiefe Millionenbeträge gekauft und dann gewinnbringend verkauft. Aktuell ist schwer vorstellbar, wer Basels Transferkasse füllen soll.

Basels Arthur Cabral jubelt nach seinem 1:0 Tor im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Zuerich und dem FC Basel 1893 im Letzigrund, am Samstag, 30. Oktober 2021 in Zuerich. ( ...
Brachte dem FCB rund 15,5 Millionen Franken ein: Arthur Cabral.Bild: keystone

Im Kader der Basler herrscht aber nicht nur eine Dysbalance zwischen erfahrenen Anführern und jungen Talenten, sondern auch zwischen den einzelnen Positionen. Während für die einzige Position im Sturm gleich vier Spieler zur Verfügung stehen und auch die Flügel überbesetzt sind, hat Basel nur drei nominelle Innenverteidiger im Kader. Bei der Kaderplanung haben die Verantwortlichen also in mehrfacher Hinsicht Fehler gemacht. Es ist sicher positiv, dass, wie Degen ankündigte, nur Geld ausgegeben wird, welches der Verein besitzt, doch wenn die Transfers nicht fruchten, kann eine grössere Demut nicht als Ausrede verwendet werden. Zumal der Klub trotz des Transferplus zuletzt rote Zahlen schrieb.

Versprechen teilweise eingelöst.

«Ich wollte nie Präsident werden. Ich will mich dort einbringen, wo ich meine grosse Stärke habe, und das ist der Sport.»

Als Degen seinen neuen Verwaltungsrat vorstellte, war darin unter anderem der frühere Trainer Christian Gross vertreten. Präsidiert sollte dieser von Reto Baumgartner werden. Degen erklärte, dass es nie sein Ziel war, Präsident des Verwaltungsrats zu werden. Ein gutes halbes Jahr später war er das dann doch. Gross und Baumgartner schieden aus dem Verwaltungsrat aus, obwohl Baumgartner dem FCB weiterhin als Vereinspräsident erhalten bleibt.

Versprechen nicht eingelöst.

«Es gibt keine Alleinherrschaft mehr beim FC Basel.»

Es ist schwierig zu beurteilen, wie viel David Degen wirklich selbst entscheidet und wer dabei mitbestimmen kann. Doch im Aktienstreit wurde zuletzt offensichtlich, dass dem Verwaltungsrat wenig an breiter Abstützung liegt. Dieser wollte nämlich den Verein zur Kasse bitten. Sollte der FC Basel nicht 25 Prozent des Defizits der FC Basel 1893 AG decken, werde der Anteil des Vereins an der Fussball-AG von 25 auf 10 Prozent sinken. Damit gingen Degen und Co. auf Konfrontation mit dem Klub und den Fans. Obwohl der Verwaltungsrat einen Rückzieher machte, ist der Konflikt noch nicht geklärt. Denn nach wie vor wollen die Verantwortlichen Vereinsanteile zu Geld machen, was vor allem bei der Muttenzerkurve schlecht ankommt. Beim Spiel gegen den FC Luzern zeigte diese ein Banner mit der Aufschrift: «Es ist Zeit, den Verein als Basis zu verstehen.»

Unterstützung bekommt Degen aus dem Klub. Heiko Vogel, der von Degen als Sportdirektor zurück zum FC Basel geholt wurde, erzählte im SRF, dass der Präsident keine «One-Man-Show» sei: «Er holt alle ins Boot.» So scheint Degen kein Alleinherrscher zu sein, nur will er die Macht des von ihm präsidierten Verwaltungsrats so hoch wie möglich gestalten und riskiert damit auch die Beziehung zu den Fans. Auch die Entlassung von Trainer Patrick Rahmen sorgte bei vielen für Unverständnis – auch weil sie wie ein Alleingang Degens schien.

Basels neuer Cheftrainer Patrick Rahmen beim Training mit der ersten Mannschaft des FC Basel 1893 in Basel, am Donnerstag, 8. April 2021. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Die Entlassung von Patrick Rahmen sorgte für Unverständnis.Bild: keystone

Versprechen höchstens teilweise eingelöst.

«Wir müssen einen und nicht spalten.»

Nach dem Streit zwischen der Vereinsführung um Bernhard Burgener und der Anhängerschaft des FC Basel wollte Degen, dass Klub, Verwaltungsrat und Fans an einem Strang ziehen. Er wollte wieder eine Gemeinschaft schaffen, was auch in seiner Aussage mitschwang, dass alle, die ins Stadion kommen, stolz sein können auf den Klub. Das ist Degen in keinster Weise gelungen, der Rückhalt bei den Fans schwindet derweil immer weiter.

Versprechen nicht gehalten.

«Ich bin zu hundert Prozent davon überzeugt, dass wir den Erwartungen gerecht werden können.»

Bisher kann nicht die Rede davon sein, dass Degen und Co. die Erwartungen erfüllt oder die Versprechen eingelöst haben. Noch bleibt ihnen aber Zeit, das Ruder herumzureissen.

Traut ihr David Degen zu, den FC Basel wieder zum Erfolg zu führen?
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
GC, Basel und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Meister
1 / 17
GC, Basel und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Meister
Grasshopper Club Zürich: 27-mal Meister, zuletzt 2003.
quelle: keystone / paolo foschini
Auf Facebook teilenAuf X teilen
David Beckham macht ein Video für eine 102-jährige Fan-Dame
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
35 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Massalia
31.01.2023 16:02registriert Juni 2021
Degen ist ein Blender. Jemand, der sich selber als gewieften Geschäftsmann sieht, obwohl es mit seinen Fähigkeiten eher für den Bratwurststand als für die Chefetage im St. Jakob Park reicht.
Wer das Interview von anno dazumals gelesen hat (Cresquo), der weiss, was ich damit meine.
685
Melden
Zum Kommentar
avatar
ceterum censeo
31.01.2023 16:27registriert Oktober 2017
Vom Degen in die Traufe, oder so …
434
Melden
Zum Kommentar
avatar
Nosferatu
31.01.2023 15:27registriert Januar 2023
Er war schon damals auf dem Platz ein Grossmaul und ist es immer noch.
385
Melden
Zum Kommentar
35
Noah Okafor glänzt in der Serie A mit Effizienz – und heute braucht Milan seine Tore
Noah Okafor trifft mit der AC Milan heute Abend (21 Uhr) auf die AS Roma. Der Schweizer kommt bei den Italienern vor allem als Joker zum Einsatz und besticht dabei mit seiner Effizienz.

Seit vergangenem Sommer kickt der Schweizer Nati-Stürmer Noah Okafor in der italienischen Serie A für die AC Milan. Bei seinem vorherigen Verein Red Bull Salzburg kam der heute 23-Jährige noch regelmässig zum Einsatz und erzielte 2022/23 in 32 Spielen 10 Tore und 5 Assists. Bei der AC Milan muss sich Okafor seinen Platz noch erkämpfen. Meist von der Bank kommend, kam er in 30 gespielten Partien durchschnittlich zu 27 Einsatzminuten und erzielte dabei 6 Tore.

Zur Story