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Analyse zum WM-Spiel Schweiz gegen Serbien

epa06832171 A combo of two pictures shows the celebration for the first goal of Switzerland's midfielder Granit Xhaka, (L), and the victory goal of Switzerland's midfielder Xherdan Shaqiri,  ...
Die beiden Torschützen Xhaka und Shaqiri sorgen mit dieser Geste für Gesprächsstoff.Bild: EPA/KEYSTONE
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Aufwühlender WM-Abend: Grosser Sieg, doch alle reden über den Doppeladler

Die Schweiz besiegt Serbien 2:1 und ist somit auf gutem Weg in den WM-Achtelfinal – aber der Doppeladler der beiden Torschützen Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri mit albanischen Wurzeln gibt zu reden. Die Analyse zum Schweizer Sieg.
23.06.2018, 07:0623.06.2018, 07:26
Etienne Wuillemin / Schweiz am Wochenende
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Und dann kommt dieser Jubel. Granit Xhaka hakt die Daumen ineinander, wirbelt seine Finger durch die Luft. Da ist er und fliegt und fliegt und fliegt: der Doppeladler. Xherdan Shaqiri tut es ihm nach dem umjubelten 2:1-Siegtreffer gleich.

Einfach eine Jubelpose? Oder pure Provokation?

Wie auch immer das Urteil ausfällt, eines müsste Xhaka und Shaqiri eigentlich bewusst gewesen sein: Dass sie damit die Diskussionen um Identität, um Herkunft und Heimat wieder neu entflammen. Ob das gut ist für das Verhältnis dieser Mannschaft zur Schweiz? Man darf es bezweifeln.

Was bedeutet der Adler-Jubel? Für Jugendliche aus Albanien ist es eine schlichte Geste der Freude. Doch es gibt auch eine andere Interpretation. Nämlich jene, dass eine politische Message dahinter versteckt ist. An die Adresse von Serbien.

Xhakas Tor und der Jubel.Video: streamable

Das Verbot verhinderte den Jubel nicht

Eines wurde in diesen Szenen offensichtlich. Es war eben doch ein ziemlich spezielles Spiel für Xhaka, Shaqiri und Co. Für viele Menschen aus ihrer Verwandtschaft sind die Wunden aus dem Krieg gegen Serbien noch nicht verheilt. Dass der Schweizer Fussballverband seinen Spielern im Vorfeld der Partie quasi verboten hat, über diese Dimensionen der Partie zu sprechen, verhindert eben nicht, dass sich die Spieler mit der Thematik beschäftigen. Beschäftigen müssen, weil ganz vieles an sie herangetragen wird.

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So schön jubeln die Schweizer
Was für ein Spiel! Die Schweiz gewinnt das zweite WM-Gruppenspiel gegen Serbien nach 0:1-Rückstand noch 2:1.
quelle: keystone / laurent gillieron
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Und trotzdem sind auch in der Schweiz schon viele Diskussionen im Gang. Weil die Fans zu Recht erwarten, dass Schweizer Nationalspieler sich vorab um die Schweiz kümmern. Auch im Erfolgsfall. Dies ist dem Verband durchaus bewusst. Im November 2014 besprach er die Thematik schon einmal mit seinen Spielern. Um darauf hinzuwirken, dass diese künftig auf den Doppeladler-Jubel verzichten.

Die Schweiz musste lange leiden

Zum Fussball. Wie die Schweiz auf den Rückstand gegen Serbien reagiert, verdient grossen Respekt. Wie sie bis zum Ende aus dem 0:1 ein 2:1 macht, steht für einen grossen Sieg. Und es ist zu hoffen, dass die tolle Leistung nicht im Schatten der Adler-Diskussionen verschwindet.

Die Schweiz musste lange leiden. Eine Halbzeit lang kam sie nicht zurecht mit der Wucht der Serben. Die Momente des Schreckens waren kaum zu zählen. Es war eine Schweizer Mannschaft am Werk, die gehemmt und schläfrig wirkte.

Shaqiri schiesst die Nati zum Sieg.Video: streamable

Ein Reifebeweis der Schweizer

Doch in der Pause ist etwas geschehen, fast ein bisschen wundersam. Die Schweiz trat plötzlich wie verwandelt auf. Kompakt, dynamisch, leidenschaftlich. Die Tore von Xhaka und zum Schluss von Shaqiri waren folgerichtig.

Damit besteht die Schweiz ihre wohl grösste Prüfung unter Vladimir Petkovic. Nicht bravourös, dafür war der Anfang zu bescheiden. Aber doch eindrucksvoll. Weil eine solche Reaktion von grosser Klasse zeugt. Die Schweiz hat damit einen weiteren Reifebeweis abgelegt. Nun gilt es, gegen Costa Rica nachzulegen.

Doch der Achtelfinal ist nur ein Zwischenziel. Es lockt der Flug in die Geschichtsbücher. Ob mit oder ohne Adler.

Die Noten der Schweizer beim Sieg gegen Serbien

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Die Noten der Schweizer beim Sieg gegen Serbien
Yann Sommer, Note 5: Verhindert das noch frühere 0:1. Beim Gegentor ist er machtlos. In der hitzigen zweiten Halbzeit bewahrt Sommer wie gewohnt kühlen Kopf, was seinen Vorderleuten Sicherheit gibt.
quelle: ap/ap / matthias schrader
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166 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bienchen
23.06.2018 08:03registriert Oktober 2017
Was Herkunftsschweizer oft nicht zu begreifen scheinen, Secondos und Migranten sind jeden Tag mit Fragen nach Identität, Herkunft und Heimat konfrontiert.

Man sei Ausländer, wird einem ständig zu verstehen gegeben. Man gehöre nicht wirklich dazu.

Beweist ein Ausländer Talent und wird in das Schweizer Trikot gesteckt, hat er sich schweizerischer als jeder Herkunftsschweizer zu benehmen. Gerade so als könne man den unerwünschten, migrantischen Teil der Identität chirurgisch entfernen.

Unsere Liebe zur Schweiz ist vielleicht etwas kompliziert, aber deswegen nicht weniger gross.
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lily.mcbean
23.06.2018 07:45registriert Juli 2015
So, und jezt haben wir genug Doppelkopfadler diskussionen gehört.Teil des Problems sind doch aich die Medien die penetrant darauf, und nur darauf rumreiten! Das Stephan Lichtsteiner die selbe Geste gezeigt hat, das die serben mit 3 ausgestreckten Fingern ihr Tor bejubelt haben(was als Zeichen für das serbische militär gewertet werden kann)das sie im Voraus von den serbischen medien und fans brutalst provoziert worden sind, davon berichtet nirgends niemand. Sehr schade weil viele schweizer haben keinen blassen von diesen Konflikten die unglaublicherweise immer noch zwischen denen herrschen.
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DanielaK
23.06.2018 07:17registriert November 2016
Ich kann das mit dem Jubel schon ein wenig verstehen. Noch besser wäre trotzdem gewesen, es genau bei diesem Spiel eben nicht zu tun und so Grösse zu zeigen. Bisher habe ich nichts gelesen, dass von serbischer Seite Reaktionen darauf zeigt. Ob sie gemerkt haben, dass sie auch keine Heiligen waren und mit dem Theater angefangen haben?
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