Am Montagabend hat Lionel Messi in Paris seinen siebten Ballon d'Or gewonnen. Der Argentinier setzte sich vor Robert Lewandowski durch – ein Entscheid, den viele nicht nachvollziehen können. So schrieb etwa die deutsche «Bild»-Zeitung von einem «Skandal-Entscheid».
Tatsächlich überrascht die Wahl auf den ersten Blick etwas, da Lewandowski in diesem Jahr deutlich mehr Tore erzielte als Messi. Warum setzte sich der PSG-Star trotzdem durch? Ist die Wahl tatsächlich so umstritten, wie es auf den ersten Blick scheint? Wir schauen uns die Kriterien etwas genauer an.
France Football führt die Wahl des Gewinners nicht selbst durch, sondern lässt 180 Journalistinnen und Journalisten abstimmen. Dabei setzt der Organisator nur wenige Leitplanken. Konkret werden drei Kriterien genannt, die bei der Wahl entscheiden sollen. In abnehmender Wichtigkeit sind dies:
Diese Kategorie ist am einfachsten zu bewerten, zumal Messi und Lewandowski beide Stürmer sind. So lässt sich ihr Jahr mit den Vorgaben von France Football gut an Toren, Vorlagen und Titeln bewerten.
Individuell sprechen die Leistungen des Jahres 2021 klar für Robert Lewandowski. Der Pole hat eine überragende Torquote von über einem Tor pro Spiel und auch wenn man die Vorlagen dazunimmt, hat er klar mehr Torbeteiligungen als Lionel Messi.
Schaut man die Leistungen mit dem Team an, ist die Sache etwas knapper – hier ist wohl Messi gar leicht im Vorteil. Der Argentinier holte mit dem Verein zwar «nur» den Cup und nicht die Meisterschaft, schaffte es aber, sein Nationalteam nach 28 Jahren endlich mal wieder zum Gewinn der Copa America – dem südamerikanischen Pendant der Europameisterschaft – zu führen.
Bei diesem Kriterium sollen gemäss France Football «Talent und Fairplay» eines Spielers gewertet werden. Hier wird bereits klar, dass die Wahl zum Ballon d'Or auch ziemlich viel Subjektivität beinhaltet. Während man «Fairplay» mit Gelben und Roten Karten noch einigermassen in Zahlen fassen kann, wird es bei «Talent» schwierig.
Messi wird wegen seiner überragenden Technik oft als einer der talentiertesten Spieler aller Zeiten bezeichnet, womit er hier wohl leichte Vorteile hat. Wobei ein Mann wie Lewandowski auch mit ziemlich viel Talent gesegnet sein muss, um auf einen Schnitt von über einem Tor pro Spiel zu kommen.
In dieser Kategorie ist die Sache wohl in etwa ausgeglichen. Während Messi der talentiertere der beiden Spieler ist, hatte Lewandowski in Sachen Fairplay ein absolut lobenswertes Jahr mit nur drei Verwarnungen und keiner Roten Karte.
Was bei vielen Fans oft vergessen geht: Auch wenn sie nur das drittwichtigste Kriterium ist, wird auch die gesamte Karriere beim Ballon d'Or berücksichtigt. Also auch die Auszeichnungen und Titel, welche die Spieler in früheren Jahren gesammelt haben.
In dieser Kategorie ist Lionel Messi klar vorne. Der Argentinier hat sowohl individuell als auch mit dem Team mehr grosse Auszeichnungen und Titel geholt.
Ist die Auszeichnung von Lionel Messi nun verdient oder nicht? Endgültig beantworten lässt sich die Frage nicht. Für Lewandowski spricht, dass er individuell die klar bessere Saison hatte als Messi und sich in Sachen Fairplay nichts vorwerfen kann. Der Argentinier hingegen konnte mit dem Gewinn der Copa America dafür einen ganz grossen Titel mit der Mannschaft feiern, zudem schneidet er über die ganze Karriere gesehen deutlich besser ab.
Die Entscheidung zwischen Messi und Lewandowski ist also äusserst knapp – am Ende dürfte der Argentinier davon profitiert haben, dass die Vorgaben von France Football den wählenden Journalistinnen und Journalisten ziemlich viel subjektiven Spielraum lassen. So ist davon auszugehen, dass die Leistung über die gesamte Karriere bei vielen relativ stark gewichtet wurde und so den Ausschlag zugunsten des Argentiniers gegeben hat.
Wie knapp die Sache war, weiss derweil auch Messi selbst. Lewandowski hätte die Auszeichnung auch verdient gehabt, sagte er noch auf der Bühne. Zudem lieferte er auch gleich einen Vorschlag, wie die überragenden Leistungen des Polen in den letzten Jahren ebenfalls gewürdigt werden könnten. So sagte er zu ihm: «Alle wissen, dass du letztes Jahr der Gewinner gewesen wärst. Hoffentlich gibt dir France Football den Ballon d'Or 2020, wir finden alle, dass du diesen verdient hättest.» Letztes Jahr hatte France Football bereits im Juni entschieden, aufgrund der Coronavirus-Pandemie keinen Ballon d'Or vergeben zu wollen.