In gut zwei Wochen beginnt die neue National-League-Saison. Dann wird auch viel neues Personal auf dem Eis stehen – Schweizer und Import-Spieler. Zwar haben zwei Klubs ihr Ausländer-Quartett noch nicht komplett beisammen. Wir verschaffen dir aber jetzt schon einmal den Überblick über die neuen (und teilweise auch altbekannten) Gesichter im Schweizer Eishockey.
Bei den ZSC Lions gab es bedeutende Schweizer Transfers: Pius Suter ist weg Richtung NHL (auch wenn er derzeit noch mit den GCK Lions trainiert), dafür ist Sven Andrighetto gekommen. Auf den Ausländerpositionen blieb aber alles beim alten. Die Zürcher setzen weiterhin auf Fredrik Pettersson, Maxim Noreau, Marcus Krüger und Garrett Roe. Wegen des Transfers von Suter dürften die Lions noch einen fünften Ausländer holen und einsetzen. Laut Sportchef Sven Leuenberger verzichten sie aber vorerst darauf.
Die Imports: Fredrik Pettersson (bisher), Maxim Noreau (bisher), Marcus Krüger (bisher), Garrett Roe (bisher).
Ryan McLeod (ausgesprochen «McLaud») ist eine der interessantesten Neuverpflichtungen der Saison. Der Stürmer ist nämlich erst 21. 2018 wurde er von Edmonton in der zweiten Runde gedraftet. In der NHL erhielt er aber noch keine Chance. Um seine Entwicklung zu fördern, liehen ihn die Oilers deshalb an den EVZ aus. Die NHL-Organisation hat jederzeit das Recht, McLeod wieder zurück nach Nordamerika zu beordern. EVZ-Sportchef Reto Kläy ist aber optimistisch, dass der Kanadier die ganze Saison bleibt.
Nach einer hervorragenden Draft-Saison ist McLeods Entwicklung etwas ins Stocken geraten. Der Center verfügt eigentlich über alle nötigen Mittel – Tempo, Technik und Spielintelligenz. Doch seine Produktion erfüllte bislang auch in der AHL einfach nicht die Erwartungen.
McLeod ist ein extrem guter und schneller Skater, was ihm auf dem grösseren europäischen Eis sicher Vorteile verschaffen wird. Zudem ist er ein guter Bullyspieler und war schon in der kanadischen Juniorenliga die erste Wahl seiner Coaches, wenn ein Unterzahlspiel anstand. Der Kanadier ist ein Pass-first-Spielertyp. Es würde also Sinn machen, ihn mit einem schussgewaltigen Flügel wie Gregory Hofmann oder Lino Martschini aufzustellen.
Die Imports: Carl Klingberg (bisher), Jan Kovar (bisher), Erik Thorell (bisher), Ryan McLeod (Edmonton)
Auch Teemu Turunen ist ein spannender Neuzuzug. Er war die letzten zwei Jahre stets unter den besten Skorern der finnischen Liiga und kommt mit Ehrgeiz in die Schweiz. «Ich will Meister werden», sagt er über seine Ziele mit Davos. HCD-Sportchef Raeto Raffainer bezeichnet den 24-jährigen Finnen als seinen «Wunschtransfer».
Wer sich Spiele und Tore von Turunen anschaut, der weiss, warum Raeto Raffainer das sagt. Der Flügel ist zwar kein überragender Skater (tatsächlich galt sein Skating lange als Schwäche, in den letzten drei Jahren hat er sich aber gesteigert). Doch er verfügt über eine extrem hohe Spielintelligenz, die es ihm erlaubt, ständig gefährlich zu sein. Er ist eigentlich auch eher ein Typ, der lieber den Pass spielt, als selbst zu schiessen. Doch er ist durchaus auch selbst torgefährlich.
Tatsächlich erinnert sein Spielstil etwas an Pius Suter. Turunen ist nicht besonders gross gewachsen (179cm), relativ kompakt gebaut, steht aber oft am richtigen Ort. Seine Tore sind selten Material für Highlight-Shows, sondern Ablenker direkt vor dem Slot oder verwertete Abpraller. Doch auf seine Art und Weise ist der Finne äusserst effizient.
Die Imports: Perttu Lindgren (bisher), Magnus Nygren (bisher), Aaron Palushaj (bisher), Teemu Turunen (Helsinki).
Der schwedische Magier ist zurück im Schweizer Eishockey. Seit Linus Omark beim EV Zug mit 69 Punkten aus 48 Spielen Ligatopskorer wurde, sind sieben Jahre vergangen. Zu erwarten, dass der 33-Jährige nochmals so dominant auftritt, wäre falsch.
Doch Omark ist immer noch ein extrem guter Spieler. Dank seiner brillanten Technik ist er für den Gegner extrem unberechenbar. Er hat auch immer noch den Speed, um die gegnerischen Verteidiger zu überlaufen. Und Omark spielt Pässe, die kaum ein anderer National-League-Spieler sonst spielen kann.
Hier liegt allerdings auch seine Schwäche: Der Schwede schiesst meist nicht selbst, sondern zieht den Pass vor. Das macht ihn zumindest etwas berechenbarer. Zudem ist er manchmal launisch und nicht immer zuverlässig, wenn das Spiel in der eigenen Zone stattfindet.
Die Imports: Henrik Tömmernes (bisher), Daniel Winnik (bisher), Eric Fehr (bisher), Linus Omark (Salawat).
Neu ist Petteri Lindbohm nicht, schliesslich ist es schon sein drittes Jahr in der National League. Neu sind ausschliesslich die Farben, die er trägt. Der finnische Verteidiger läuft ab dieser Saison für Biel auf. In Lindbohm erhalten die Seeländer einen äusserst zuverlässigen Zweiweg-Verteidiger. Lindbohm schiesst Tore, kann ein Powerplay dirigieren und wenn es sein muss auch mal etwas härteres Spiel auspacken.
Die Imports: Toni Rajala (bisher), Marc-Antoine Pouliot (bisher), Petteri Lindbohm (Lausanne), David Ullström (bisher).
Auch Cory Conacher ist in der Schweiz kein Unbekannter. 2015/16 spielte er eine Saison für den SC Bern und überzeugte mit 22 Toren und 30 Assists in 48 Spielen. Nun kehrt er in die Schweiz zurück, nachdem er vier Jahre (mehr oder weniger) erfolglos versuchte, sich in der NHL festzusetzen. Conacher wird bei Lausanne auch der Spieler sein, der für die Tore und Assists zuständig ist – egal ob bei 5-gegen-5 oder im Powerplay.
Sein Tempo und seine Spielintelligenz werden ihn auch fünf Jahre nach seinem ersten Schweizer Gastspiel zu einem der besten Spieler der Liga machen.
Auch Brian Gibbons hat einen gewissen Bezug zur Schweiz. Als 2017 Nico Hischier von den New Jersey Devils gedraftet wurde und seine erste NHL-Saison bestritt, war Gibbons ebenfalls Teil des Teams.
So viel zu den Trivia. Doch was bringt Gibbons Lausanne auf dem Eis? In der NHL hat sich der klein gewachsene Flügelstürmer (173cm) nie durchgesetzt. Weil sein Talent nicht für eine der ersten zwei Sturmlinien reichte. Und weil er in den Zweikämpfen nicht stark genug war für eine prägende Rolle in der dritten oder vierten Linie. Tatsächlich war sein Einfluss aufs Spiel besonders in den letzten zwei Jahren stark negativ.
Der Kanadier ist ein guter Passspieler und wenn er in der offensiven Zone mal den Puck hat, ist er dynamisch. Doch an der Bande und in den Ecken ist er leichter von der Scheibe zu trennen. Auch das Spiel ohne Scheibe ist bei Gibbons nicht überragend.
Bis vor kurzem war Mark Barberio noch im Western-Conference-Halbfinal mit den Colorado Avalanche gegen die Dallas Stars engagiert. Wobei, engagiert ist das falsche Wort. Barberio trainierte zwar mit der Mannschaft, kam aber nie zum Einsatz. Nach dem Aus der «Avs» ist er also im Waadtland angekommen.
Bei Lausanne ersetzt der 30-jährige Kanadier den nach Biel abgewanderten Petteri Lindbohm. Als Barberio 2008 gedraftet wurde, galt er als vielversprechender Offensivverteidiger. In seiner zweiten AHL-Saison skorte er 61 Punkte in 74 Spielen. Seither ist seine Produktion aber mächtig eingebrochen. Das hat auch damit zu tun, dass er bei seinen NHL-Teams oft nur eine Nebenrolle hat einnehmen können.
In Lausanne wird seine Rolle definitiv wieder grösser sein. Barberio wird auch im Powerplay zum Einsatz kommen, wo er seinen harten, gefährlichen Schuss auspacken kann. Der Verteidiger verfügt zudem über gute Puckkontrolle und einen guten ersten Pass. In der eigenen Zone ist er solid, aber nicht überragend.
Die Imports: Mark Barberio (Colorado), Cory Emmerton (bisher), Cory Conacher (Tampa Bay), Brian Gibbons (Carolina).
Nach fünf Jahren bei den SCL Tigers (unterbrochen von einem Jahr in der NHL und AHL) hat sich Chris DiDomenico nun also Fribourg-Gottéron angeschlossen. Was die Drachen erhalten? Einen Center, der gut ist am Bullypunkt und standesgemäss rund zehn Tore und insgesamt etwa 40 Punkte skoren wird.
Sie erhalten aber auch einen launischen Spieler. Einen Spieler, der sich zwischendurch auch provozieren lassen und dadurch dumme Strafen nehmen wird. Denn Chris DiDomenico schwebt immer irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn.
Die Imports: Ryan Gunderson (bisher), Daniel Brodin (bisher), David Desharnais (bisher), Viktor Stalberg (bisher), Chris DiDomenico (Langnau).
Mark Arcobello ist im Schweizer Eishockey natürlich kein Unbekannter mehr. Vier Jahre spielte der US-Amerikaner beim SC Bern, nun wechselte er ins Tessin. Der Center ist ein dynamischer Spieler, der Lugano viele Tore und Assists bringen wird. Seine «schlechteste» Saison hatte er letztes Jahr mit dem SCB und skorte trotzdem 15 Tore und 33 Assists in 50 Spielen. Arcobello ist ein klares Upgrade gegenüber David McIntyre in der letzten Saison.
Der Däne Mikkel Boedker ist einer der grössten neuen Namen in der National League und bringt Erfahrung von über 700 NHL-Spielen mit. Seine letzte Saison in Nordamerika war seine schlechteste. Er kam bei Ottawa nur auf 20 Einsätze und erzielte dabei zwei Tore und gab gleich viele Assists. Dennoch darf man dem 30-Jährigen durchaus zutrauen, in der Schweiz ein äusserst erfolgreicher Spieler zu sein.
Boedker ist ein herausragender Skater. Sein Tempo und seine hervorragende Beschleunigung werden ihm auf dem grösseren europäischen Eis viele Vorteile verschaffen. Zudem gilt der Stürmer als guter Forechecker, der auch nicht vor etwas härterem Körperspiel zurückschreckt.
In der ersten Phase seiner NHL-Karriere in Arizona hat der Flügel zudem oft auch im ersten Powerplay gespielt – eine Rolle, die er wohl auch in Lugano übernehmen wird. Boedker hatte zu Beginn seiner Karriere die Tendenz, einen Pass zu viel zu suchen, statt selbst zu schiessen. Dies scheint er mittlerweile aber etwas abgelegt zu haben. Eine Schwäche hat aber auch der 30-Jährige: Er ist in der eigenen Zone ohne Puck nicht immer sehr zuverlässig.
Die Karriere von Daniel Carr ist eine Kuriosität. Der Flügelstürmer war ein guter College-Spieler, wurde allerdings nie gedraftet. Nach dem College versuchte er in der NHL Fuss zu fassen. Doch obwohl der Kanadier in der AHL stets gut spielte (in den letzten drei Jahren stets einen oder mehr Punkte pro Spiel), durfte er nie mehr als 40 Spiele pro Saison in der NHL absolvieren.
Nun setzt Carr seine Karriere also in Lugano fort. Mit dem 28-Jährigen erhalten die Tessiner einen hart arbeitenden Energiespieler. Carr verfügt zwar über eine ansprechende Technik, war aber nie der talentierteste Stürmer in den Mannschaften, für die er spielte. Aber er ist trotz seiner nicht überragenden Grösse (183cm) ein Spieler, der Checks austeilt, Zweikämpfe gewinnt und im Slot die «dreckigen» Tore erzielt.
Tim Heed ist im Moment nur eine vorübergehende Verstärkung für den HC Lugano. Der schwedische Verteidiger unterschrieb einen Vertrag bis Mitte November. Dann möchte er sich möglicherweise nochmals in der NHL versuchen.
Heed ist deshalb interessant, weil er eigentlich gelernter Stürmer ist. Spät in seine Juniorenkarriere wurde er dann aber zum Verteidiger umfunktioniert. Dementsprechend sind seine Qualitäten eher offensiver Natur. Der 29-Jährige ist ein guter Skater und dank seinem hervorragenden Schuss eine gefährliche Waffe im Powerplay. Sein Defensivspiel ist über die Jahre zudem auch besser geworden.
Die Imports: Tim Heed (San Jose), Mark Arcobello (Bern), Mikkel Boedker (Ottawa), Jani Lajunen (bisher), Daniel Carr (Milwaukee).
Die Corona-Krise sorgt auch beim SC Bern für finanzielle Probleme. Entsprechend vorsichtig ist die Klubführung bei der Verpflichtung neuer Spieler. Aktuell hat Bern mit Goalie Tommy Karhunen (bisher) und den Stürmern Dustin Jeffrey (von Lausanne) und Ted Brithén (von Rögle) erst drei Imports unter Vertrag. Es ist aber möglich, dass in den nächsten Tagen noch ein weiterer Spieler verpflichtet wird.
Kein neues Gesicht, aber bei einem neuen Team. Nach vier Jahren bei Lausanne hat sich Dustin Jeffrey dem SC Bern angeschlossen. Der kanadische Stürmer blickt auf eine für ihn enttäuschende Saison zurück. In 50 Spielen skorte er «nur» 12 Tore und 23 Assists. Für den SCB bleibt zu hoffen, dass der 32-Jährige dieses Jahr den Tritt wieder findet. Denn in Höchstform ist Jeffrey einer der besten Spielmacher der Liga.
In der Schweiz ist Ted Brithén noch relativ unbekannt, doch das wird sich bald ändern. Mit ihm hat der SC Bern nämlich einen hervorragenden Center verpflichtet. Der Schwede verfügt über ein komplettes Spiel in allen drei Zonen und ist ein hervorragender Spielmacher. Im Powerplay ist er gefährlich und in Unterzahl zuverlässig.
Mattias Ek, Journalist bei Hockeynews.se sagt gegenüber «LeadingSport»: «Meiner Meinung nach war Ted Brithén letztes Jahr der beste Center der schwedischen Liga. Er arbeitet hart und verfügt über eine hervorragende Spielintelligenz. Auch am Bullypunkt ist er äusserst stark.» In seinem letzten Jahr bei Rögle hatte der 29-Jährige Verletzungspech. Er wurde von einem Puck getroffen und verpasste einen grossen Teil der Saison. Nach seinem Comeback skorte er in 33 Spielen 37 Punkte.
Die Imports: Tomi Karhunen (bisher), Ted Brithén (Rögle), Dustin Jeffrey (Lausanne).
Den spannendsten Transfer der Saison hat aber Ambri-Piotta getätigt. Aus der finnischen Liiga kommt Julius Nättinen. Der 23-jährige Stürmer war letztes Jahr in Finnland der beste Torschütze. watson-Eismeister Klaus Zaugg hat ihn schon als «den nächsten Dominik Kubalik» bezeichnet.
Tatsächlich bringt Nättinen vieles mit, um bei Ambri ähnlich erfolgreich zu sein, wie das Kubalik in seinen anderthalb Jahren in der Leventina war. Ursprünglich eigentlich Center und ein Spielmachertyp, hat Nättinen die letzten zwei Jahre sein Spiel umgestellt. Jetzt spielt er auf dem Flügel und ist ein kaltblütiger Skorer.
Wegen seiner ursprünglichen Ausbildung ist der Finne aber auch immer noch ein grossartiger und kreativer Techniker. Er ist schnell, gross und stark und wenn er mal den Puck hat, ist es schwer, ihn davon zu trennen. Schon als Junior war Nättinen für sein gutes Zweiweg-Spiel bekannt. Auch wenn er einiges umgestellt hat, ist das Bewusstsein in der eigenen Zone natürlich nicht einfach verschwunden. Doch ein Warnzeichen an die Ambri-Fans: Nättinens letzte Saison war mit Abstand seine beste. Nun muss er bestätigen, dass das kein Zufall war.
Die Imports: Matt D'Agostini (bisher), Brian Flynn (bisher), Jiri Novotny (bisher), Julius Nättinen (Jyväskylä).
Die SCL Tigers haben mit den bisherigen Import-Spielern Robbie Earl und Ben Maxwell verlängert. Aufgrund der Corona-Krise wurden bislang aber keine neuen Ausländer verpflichtet. Es ist möglich, dass da in den nächsten Tagen noch Neuigkeiten kommen.
Die Imports: Robbie Earl (bisher), Ben Maxwell (bisher).
Die Frage, welche die Lakers beschäftigen sollte, lautet: Welchen Steve Moses sehen wir dieses Jahr. Der US-Stürmer hatte schon Saisons, in denen er 22 Tore (2012/13), 36 Tore (2014/15) oder immerhin noch 15 Tore (2018/19) erzielte. Es gab aber auch Spielzeiten, in denen es nur drei Tore (2016/17) oder sieben Tore (2019/20) erzielt hat.
Moses bringt viel Speed mit. Er verfügt zudem über einen guten Schuss. Er ist zwar kein Riese (175cm), kämpft dafür um jeden Zentimeter Eis. Aber eben: Er war in den letzten Jahren nicht mehr konstant. An der Seite des genialen Spielmachers Roman Cervenka könnte er dennoch gut funktionieren.
Die Imports: Roman Cervenka (bisher), Kevin Clark (bisher), Andrew Rowe (bisher), Steve Moses (Jokerit).