Als die Schweiz 2008 gemeinsam mit Österreich die EM austrug, schienen die Rollen klar verteilt zu sein. Da das aufstrebende Fussballland Schweiz, dort die ehemalige Grösse Österreich, bloss noch ein Schatten früherer Tage.
Doch ein Jahrzehnt später scheint der Wind gedreht zu haben. Jüngstes Beispiel: Der Linzer ASK hat den FC Basel in der Qualifikation für die Champions League rausgeworfen. Droht der Schweiz nun auf Rasen das, was nach der Ära Pirmin Zurbriggen auf der Skipiste stattfand? Dass sie von Österreich abgehängt wird? Nein. Auch wenn es eine Tendenz gibt, die aus Schweizer Sicht alles andere als erfreulich ist.
Dieses UEFA-Ranking berücksichtigt die Resultate aller Klubs einer Nation in den vergangenen fünf Europacup-Saisons. Es ist massgebend bei der Verteilung der Startplätze für künftige Saisons. Die Schweiz hat massiv an Terrain eingebüsst. Sie war am Ende der vergangenen Saison auf Rang 17 abgerutscht, während Österreich den 12. Platz belegte. In den vergangenen drei Saisons schnitten unsere Nachbarn europäisch jedes Jahr deutlich besser ab.
Weil in dieser Saison die Europacup-Resultate bislang so dürftig sind, taucht die Schweiz aktuell sogar erst auf Rang 21 auf. Zwar wird sie sich mutmasslich wieder verbessern, wenn YB (Champions oder Europa League), Basel und Lugano (Europa League) den einen oder anderen Punkt holen. Doch die Lücke zu Österreich werden die Vertreter der Super League kaum in absehbarer Zeit schliessen können. Schliesslich fliegt als nächste die Saison 2015/16 aus der Wertung, in welcher die Schweiz besser war als Österreich.
Blickt man auf die UEFA-Klubrangliste, dann ist schnell klar, weshalb Österreich europäisch neuerdings besser da steht als die Schweiz. Der Grund heisst Red Bull Salzburg. Es ist die Nummer 28 Europas und hat in den vergangenen beiden Saisons mehr Ranking-Punkte gesammelt als beispielsweise Dortmund, Napoli, Benfica oder Ajax.
Die Schweiz ist gewissermassen ein Opfer des eigenen Erfolgs. Denn für die 5-Jahres-Wertung zählt ein Sieg in der Champions League gleich viel wie einer in der Europa League. Österreichs Serienmeister Salzburg verpasste die Champions League Jahr für Jahr, bis es in dieser Saison endlich als Fixstarter erstmals dabei ist. Währenddessen sammelten die «Bullen» fleissig Punkte in der Europa League, stiessen 2018 bis in die Halbfinals vor und zwei Mal immerhin in die Achtelfinals.
Letzte Saison hatte es YB bei seiner Premiere in der Champions League schwieriger als Salzburg in der Europa League. Während die Berner ausschieden, kamen die Österreicher in die Achtelfinals des kleineren Wettbewerbs. Aufgefangen wird dies ein wenig damit, dass es für das Erreichen der Champions League Bonuspunkte gibt.
Die Schweiz zählte in der Vergangenheit in erster Linie auf den FC Basel, wenn es darum ging, im 5-Jahres-Ranking gut da zu stehen. Doch seit der einstige Serienmeister hustet, krankt die gesamte Super League. Die Klubrangliste ist bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber dass sowohl Basel (32) hinter Salzburg (28) liegt wie auch YB (63) hinter Rapid Wien (55), ist eben doch ein Zeichen dafür, in welche Richtung der Wind weht.
Es ist ein Qualitätsmerkmal für eine kleinere Liga, wenn sie Spieler ausbildet, die in eine grössere wechseln. Das trifft für beide Länder (die Schweiz hat 8,5 Mio. Einwohner, Österreich 8,8 Mio.) gleichermassen zu.
Was sind wir doch stolz darauf, dass gefühlt fast in jedem Bundesliga-Klub ein Schweizer spielt! In dieser Saison sind es insgesamt 17. Achtung, festhalten: Österreich hat 32 Bundesliga-Spieler – beinahe doppelt so viele!
Herausragend ist David Alaba, der bei Bayern München seit Jahren Stammspieler in einem der besten Teams der Welt ist. Auffallend: Mit Marcel Sabitzer, Konrad Laimer, Stefan Ilsanker und Hannes Wolf sind vier Österreicher bei RB Leipzig, die zuvor bei der Red-Bull-Filiale in Salzburg spielten. Das Konstrukt mag viele Fans hässig machen, doch der Plan des Energydrink-Herstellers geht auf.
Anders sieht es in der Premier League aus: Die Schweiz stellt mit Granit Xhaka den Captain des Spitzenteams Arsenal, sie hat Xherdan Shaqiri beim Champions-League-Sieger Liverpool und im Sommer wechselten mit Josip Drmic und Albian Ajeti gleich zwei Nationalstürmer nach England. Derweil ist Leicesters Meisterheld Christian Fuchs ebenso nur dritte Wahl wie Sebastian Prödl bei Watford. Aushängeschild in der Premier League ist deshalb Kevin Danso, den Augsburg an Southampton auslieh. Skandalnudel Marko Arnautovic verliess West Ham kürzlich in Richtung China.
In der Serie A hat die Schweiz – Remo Freuler bei Atalanta, Ricardo Rodriguez bei Milan und Blerim Dzemaili bei Bologna – ebenfalls die Nase vorn. Der einzige Österreicher in Italiens Top-Liga ist Mittelfeldspieler Valentino Lazaro, der auf diese Saison hin von Hertha BSC zu Inter Mailand wechselte.
In der Primera Division hat es weder Schweizer noch Österreicher. In der Ligue 1 ist das «4:0» der Schweiz nur teilweise durch die geographische Nähe erklärbar, Diego Benaglio (Monaco) und Loris Benito (Bordeaux) sind schliesslich keine Romands. Und nicht zu vergessen: Mit Haris Seferovic stellt die Schweiz den Torschützenkönig der portugiesischen Liga, der beim Traditionsklub Benfica spielt.
Wer nach dem Studium der Legionärsliste eins und eins zusammenzählt, der stellt fest: Die Schweiz hat wohl unter dem Strich doch die besseren Fussballer – und sie hat zweifelsfrei das in den letzten zwanzig Jahren erfolgreichere Nationalteam.
Die Schweiz war in diesem Jahrtausend an vier von fünf Weltmeisterschaften dabei, verpasste nur jene 2002 in Japan und Südkorea. Die Österreicher konnten sich nie qualifizieren.
Etwas weniger deutlich ist die Bilanz bei EM-Teilnahmen. Österreich bringt es seit dem Jahr 2000 auf zwei, die Schweiz auf drei. Sie kämpfte dafür in diesem Sommer zusätzlich am Final-Four-Turnier um den Sieg der erstmals ausgetragenen Nations League.
Bei den Nachwuchs-Nationalteams – ein Indikator für die Zukunft – war Österreich zuletzt ein wenig erfolgreicher. Die U21- und die U17-Auswahl des Nachbarlands nahmen in diesem Jahr an der EM teil, Schweizer Teams nicht. Die letzte Turnierteilnahme der U21-Nati, dem Flaggschiff der Junioren-Arbeit, liegt bereits acht Jahre zurück (EM 2011). Ein Jahr später folgte dank jenem EM-Silber die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London.
Noch hat Österreich der Schweiz nicht den Rang abgelaufen. Hinter Aushängeschild Red Bull Salzburg kommt wenig, Exploits wie nun vom LASK oder in anderen Jahren von Rapid Wien können genauso vorkommen wie solche vom FC Zürich, von Lugano oder Sion. Auf der zweiten Ebene sind die Klubs in beiden Ländern ähnlich gut (oder gleich schlecht, je nachdem wie man das sehen will).
Allerdings müssen die Spitzenteams YB und Basel alles daran setzen, in der Champions League zu spielen. Denn nur so bleiben sie für Spieler attraktiv, für die der Sprung aus der Heimat direkt in eine Topliga zu gross ist. Wenn die Schweiz sich weiterhin als Bindeglied zwischen diesen Ligen versteht, dann sind regelmässige Auftritte in der Königsklasse Pflicht. Sonst zieht Salzburg, das zudem eine herausragende Akademie besitzt, solche Talente an und der Schweiz davon. Ein Paradebeispiel ist Mohamed Salah, der, wäre er in diesem Sommer von Ägypten zu seinem ersten Klub in Europa gewechselt, wohl eher zu Red Bull gegangen wäre als nach Basel. Das gleiche träfe auf Mohamed Elyounoussi zu, der einst aus Norwegen zum FCB stiess.
Die Tendenz geht, auch wegen der Rückschritte in der 5-Jahres-Wertung, dahin, dass es für Schweizer Klubs immer schwieriger wird, sich für die Champions League zu qualifizieren. Wie so oft ist es aber schwierig bis unmöglich festzustellen, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf das Nationalteam haben wird.
Zwingend schlecht muss die Entwicklung nicht sein. Es kann auch gut sein, dass junge Schweizer vermehrt und früher zu Stammspielern in der Super League werden, sollte das Liga-Niveau generell etwas sinken. Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka, Philippe Senderos oder Tranquillo Barnetta profilierten sich zunächst in der Heimat, ehe sie ins Ausland wechselten.
Zuletzt ein Blick auf die FIFA-Weltrangliste. Von vielen als Unfug betrachtet, bildet sie in der langjährigen Übersicht ab, wie es um eine Nation steht. Die Schweiz war 2006 die Nummer 17 der Welt, seither hat sie sich zwischen den Rängen 8 und 12 eingependelt. Aktuell ist die Schweiz 11. der Weltrangliste und damit 16 Plätze vor Österreich. Der Co-Gastgeber war vor der Euro 08 nur die Nummer 94 der Welt und hat sich seither kontinuierlich nach oben gearbeitet. Ob dies so weitergeht?
Ja, der FCB ist trotz Favoritenrolle gescheitert. Aber darf schon auch erwähnen, dass LASK gegen den FCB clever gespielt hat und kämpferisch eine starke Leistung geboten hat.
Grundsätzlich denke ich drei Mannschaften in der EL wären für die CH besser. Da ich denke, dass YB das Potential hätte je nach Auslosung und den Viertelfinal einzuziehen. Und ich denke auch der FCB kann die Gruppe überstehen.
Rein finanziell wäre die CL natürlich viel attraktiver, selbst wenn YB alles verliert.