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French Open: Wawrinka hat kein geschütztes Ranking beantragt

Switzerland's Stan Wawrinka pulls back his hair during a press conference after losing to Spain's Guillermo Garcia-Lopez in their first round match of the French Open tennis tournament at th ...
Stan Wawrinka hat es verpasst, ein geschütztes Ranking zu beantragen.Bild: AP/AP
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Kein geschütztes Ranking – ein Fehler, der Wawrinka teuer zu stehen kommt

Wieso Stan Wawrinka nach seinem frühen Fünfsatz-Aus gegen Guillermo Garcia-Lopez in Paris bald auf die Gnade von Turnierorganisatoren angewiesen ist.
29.05.2018, 09:3431.05.2018, 14:03
simon häring, Paris / Aargauer Zeitung
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Es war ja eigentlich schon länger klar, dass der Sommer für Stan Wawrinka zur Zäsur werden würde. Darum, weil er sich im letzten Sommer zwei Mal wegen eines Knorpelschadens am linken Knie hat operieren lassen und danach ein halbes Jahr pausieren musste. Aber auch darum, weil er den Anschluss an die Spitze seither noch nicht geschafft hat.

Dem 2:6, 6:3, 6:4, 6:7, 4:6 in 3:30 Stunden gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez (34, ATP 67), gegen den er vor vier Jahren ebenfalls in Paris in der Startrunde verloren hatte, gewann er dennoch Positives ab. Er habe keine Schmerzen mehr und dass er sich im ersten Satz habe behandeln lassen, sei eine Vorsichtsmassnahme gewesen.

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Wawrinka muss sich am Ende des ersten Satzes am Knie behandeln lassen.Bild: EPA/EPA

Es war nicht so, dass nichts Gutes zu erkennen gewesen wäre, das nicht. Ab und an entzückte er mit der Rückhand. Nie liess er den Kopf hängen. Und vor allem hatte er Spass. Nachdem er einen Breakball spektakulär abgewehrt hatte, animierte er das Publikum auf dem Court Suzanne Lenglen. Erst einmal, dann ein zweites Mal, dann huschte ein Lächeln über das Gesicht.

Wawrinka hätte die Partie eigentlich in vier Sätzen gewinnen können. Er mag noch längst nicht wieder der Spieler sein, der er einmal war, aber er ist auf dem Weg dorthin. «Ich wusste von Anfang an, dass ich ein Jahr brauchen würde, um wieder mein Niveau zu erreichen», sagt der 33-Jährige.

Stan Wawrinka ist unerschütterlich. Doch, das sagt er selber, das Ranking – es lügt nicht.  Ab dem 11. Juni muss weit zurückblättern, wer seinen Namen in der Weltrangliste finden will. Bis in die Region um Platz 250. Bis dorthin rutscht Wawrinka ab, nachdem ihm die 1200 Punkte, die er als Vorjahresfinalist in Paris zu verteidigen hatte, aus der Wertung fallen. Das kümmert ihn aber nicht.

Switzerland's Stan Wawrinka reacts as he plays Spain's Guillermo Garcia-Lopez during their first round match of the French Open tennis tournament at the Roland Garros stadium, Monday, May 28 ...
Für Stan Wawrinka beginnt ein ungemütlicher Sommer.Bild: AP/AP

Wie egal ihm die Debatte ist, wurde erst klar, als er nach dem Ausscheiden danach gefragt wurde, ob und wie lange er sich noch auf ein geschütztes Ranking verlassen könne. Das sogenannte «Protected Ranking» ermöglicht Spielern, die wegen Verletzungen während mindestens sechs Monaten pausieren mussten, bei maximal neun Turnieren oder innerhalb von neun Monaten nach der Rückkehr Aufnahme im Hauptfeld eines Turniers zu finden

«Ganz ehrlich? Ich weiss nicht, wie die Regel funktioniert. Sie ist mir egal.»
Stan Wawrinka

Die Voraussetzung? Der Spieler muss innerhalb von sechs Monaten nach der Verletzung einen schriftlichen Antrag stellen. Und obwohl Wawrinka wusste, dass er nach seinen zwei Eingriffen am Knie mindestens sechs Monate pausieren musste, unterliess er es, den Antrag zu stellen. «Ganz ehrlich? Ich weiss gar nicht, wie die Regel funktioniert. Sie ist mir egal», sagte Wawrinka.

Weil für die Meldungen jeweils die Weltrangliste sechs Wochen vor dem Turnier massgebend ist, steht Wawrinka in Queen’s, Wimbledon, Bastad und Gstaad noch im Hauptfeld, danach ist die Schonfrist abgelaufen. Dass er keinen Antrag auf ein geschütztes Ranking gestellt hat, ist ein Fehler, der ihn teuer zu stehen kommt. So muss er bei den US Open wohl eine Wildcard beantragen. Sicher, ein dreifacher Grand-Slam-Sieger hat gute Karten, und doch setzt er sich mit dem Versäumnis unnötig unter Druck.

Langer, beschwerlicher Weg

Wawrinka sagt dazu, er sei zu sehr mit anderen Fragen beschäftigt gewesen. In seiner Situation sei alles, was er tue, mental sehr erschöpfend. Darum liess er sich auch bei der Trainerfrage viel Zeit. Immerhin zeichnet sich hier eine Lösung ab: Man sei sich einig, dass es weitergehe, sagte Wawrinka über die Personalie Magnus Norman.

Mit ihm hatte er bis im letzten Herbst während viereinhalb Jahren sehr erfolgreich zusammengearbeitet, ehe der Schwede der Familie Priorität einräumte. Wie oft er Wawrinka, den er als Freund sieht, begleiten wird, lässt er offen. Sicher ist, dass der Walliser Yannick Fattebert die Rolle des Haupttrainers bekleiden soll

Pierre Paganini, physical coach of Stanislas "Stan" Wawrinka, with Yannick Fattebert, left, and Magnus Norman, right, the two coaches of Stanislas "Stan" Wawrinka, next to a painti ...
Das Wawrinka Team: Yannick Fattebert (links), Magnus Norman (rechts) und Pierre Paganini (hinten).Bild: KEYSTONE

Stan Wawrinka sorgt damit in seinem nahen Umfeld für Stabilität und klare Verhältnisse. Es sind die Grundpfeiler für die Rückkehr an die Weltspitze. Der Weg bleibt aber lang. «Das muss ich akzeptieren und positiv bleiben. Klar, es ist hart und es gibt viel Negatives: Ich rutsche ab und ich bin hier in Roland Garros ausgeschieden.

Kehrt Wawrinka noch einmal in die Top 10 zurück?

Er habe Fehler gemacht. Vielleicht habe er sich von den zwei Siegen in Australien blenden lassen. Dass er es versäumt hatte, sich um ein geschütztes Ranking zu bemühen, zählt er nicht dazu. Wer seinen Weg so gelassen sieht wie er, kann sich das erlauben. Die Frage, was er jetzt brauche, quittierte er so lapidar wie humorvoll: «Siege.» Notfalls auch bei Challenger-Turnieren

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zeit_Genosse
29.05.2018 09:46registriert Februar 2014
Er ist ein Tennisarbeiter und sucht nicht den schnellen und leichten Weg. Auch in den Matches sind 5-Sätze öfters der Weg zum Sieg. Er ist nicht geschmeidig und elegant, sondern eben der „Stan the Man“, der Bruce Springsteen des Tennis.
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leu84
29.05.2018 09:34registriert Januar 2014
Er hat viel Erfahrung. Gewinnt er 1 oder 2 kleine Turniere, dann ist man schnell wieder unter den Besten 50
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Black Cat in a Sink
29.05.2018 11:12registriert April 2015
Stan the Man kommt wieder!
Go Stan💪
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