Es war nur ein kurzer Moment, in dem sich Josep Guardiola unbeobachtet fühlte, doch er verriet viel über das Befinden des Trainers von Bayern München. Sein Dortmunder Kollege Jürgen Klopp hatte gerade das Wort ergriffen und damit die Aufmerksamkeit der Journalisten, da schloss Guardiola auf dem Pressepodium die Augen und seufzte leise hörbar.
0:2 (0:1) hatte seine Mannschaft soeben im Supercup gegen den BVB verloren; eine ärgerliche, aber keine tragische Niederlage, das hatte der Katalane deutlich gemacht.
Guardiola bereitet etwas anderes grössere Sorgen: die Verletzung von Javier Martínez. Der Spanier, in Dortmund zunächst Mittelpunkt der Dreierabwehrkette, hatte nach 31 Minuten mit Verdacht auf einen Kreuzbandriss ausgewechselt werden müssen, weil er bei einem Seitfallzieher mit Marcel Schmelzer zusammengestossen war.
Die genaue Diagnose steht noch aus, doch Javier Martinez bestätigt auf seiner Facebook-Seite die Befürchtungen: «Zu 99 Prozent ein Kreuzbandriss». Am Abend zuvor hatte auch Guardiola wenig Hoffnung: «Die Verletzung ist die schlechte Nachricht dieses Abends. Sie ist ein Problem.»
Guardiola ist bekannt dafür, dass er Partien unabhängig vom Ergebnis sehr schnell abhakt und zur Analyse übergeht. Noch während Klopp sprach, schien der Münchner Coach schon abwesend zu sein und seine nächsten Schritte zu durchdenken. Zügig verschwand er in Anschluss mit seinem Vertrauten Manel Estiarte in Richtung Mannschaftsbus.
«Wir brauchen noch Zeit, durch die Weltmeisterschaft sind wir in der Vorbereitung vielleicht einen Monat zurück», hatte der Coach kurz zuvor gesagt. Spieler wie Philipp Lahm, Thomas Müller oder Mario Götze hätten seit ihrer Rückkehr aus dem WM-Urlaub erst vier Trainingseinheiten absolviert. Das hatte die Bayern-Elf an diesem Abend nicht kaschieren können.
Zwar standen mit Torwart Manuel Neuer, Jérôme Boateng und Thomas Müller immerhin drei Weltmeister in der Startelf, doch Bastian Schweinsteiger war wegen gesundheitlicher Probleme gar nicht erst mitgereist, Lahm und Götze sassen zunächst auf der Bank. An ihrer Stelle berief Guardiola den erst 17 Jahre alten Gianluca Gaudino, die Zugänge Sebastian Rode und Juan Bernat sowie Pierre-Emile Højbjerg. Sie zeigten allesamt gute Leistungen, brauchen aber wohl grösstenteils noch Zeit, um zu echten Alternativen für die Startelf zu werden.
In der Anfangsphase schien Guardiolas 3-4-3-Plan sogar aufzugehen, doch Dortmund fand immer besser ins Spiel und zu seinem Gegenpressing. Das Führungstor durch Henrich Mchitarjan in der 23. Minute fiel genauso wenig überraschend wie Pierre-Emerick Aubameyangs Treffer zum Endstand (62. Minute).
«Für uns ging es vor allem darum, auf das zu reagieren, was in Liverpool passiert war», sagte BVB-Trainer Klopp. Vor drei Tagen erst hatte seine Mannschaft dort das letzte Testspiel 0:4 verloren. «Heute haben wir wieder in unser Spiel gegen den Ball gefunden, haben sehr kompakt und griffig gespielt», sagte Klopp.
Er sei zufrieden, wie es sein ebenfalls nicht ganz fittes und unvollständiges Team – neben den Langzeitverletzten fehlten die Weltmeister Roman Weidenfeller und Mats Hummels – geschafft habe, die Münchner kaum zu Torchancen kommen zu lassen. Die ganz grosse Euphorie wollte bei Klopp aber nicht aufkommen. «Auch wir brauchen noch Zeit», sagte er. Und dann: «Dieser Wettbewerb ist toll, aber so kurz nach einer WM ist es heftig, auf einen Gegner zu treffen, der einem alles abverlangt. Für beide Mannschaften.»
Weder Klopp noch Guardiola wollten es aussprechen, doch beiden fiel es schwer zu verbergen, dass sie auf dieses Spiel zu diesem Zeitpunkt, eineinhalb Wochen vor Beginn der neuen Bundesligasaison, eigentlich hätten verzichten können. «Wir sind hierher gefahren und wussten, dass wir nicht in Top-Form sind», sagte Guardiola.
Seine Mannschaft habe Probleme mit der Spielkontrolle gehabt, einige taktische und auch individuelle Fehler gemacht, räumte er ein. Doch all das sei nicht so schlimm, daran liesse sich arbeiten. «Schwieriger ist es aber mit dem Körperlichen, das wird länger dauern», sagte er. «Ich bin mir sicher, dass wir bis zur Winterpause Probleme haben werden.»