In der dritten Runde des Sinquefield Cup in St. Louis (USA) unterlag Magnus Carlsen, seines Zeichens seit 2013 ununterbrochener Schachweltmeister, dem erst 19-jährigen Hans Niemann. Eine Niederlage mit Folgen: Carlsen zieht sich erstmals überhaupt in seiner Karriere von einem Turnier zurück.
Der Rückzug des besten Schachspielers der Welt sorgt für Aufsehen in der Schachwelt. Carlsens Tweet, mit welchem er seinen Rückzug vom Turnier bekannt gab, hängte er eine Interviewsequenz von Fussball-Trainer José Mourinho an. In dieser sagte der Portugiese Folgendes: «Ich ziehe es vor, nicht zu sprechen. Wenn ich spreche, habe ich grosse Probleme. Und ich möchte keine grossen Probleme haben.»
I've withdrawn from the tournament. I've always enjoyed playing in the @STLChessClub, and hope to be back in the future https://t.co/YFSpl8er3u
— Magnus Carlsen (@MagnusCarlsen) September 5, 2022
Mit diesem Statement lässt Carlsen viel Raum für Spekulationen. Viele Schach-Fans sehen die Aussage Carlsens als Betrugsvorwurf gegenüber Niemanns. Auch Schach-Grossmeister Hikaru Nakamura sieht durchaus Anzeichen dafür, dass Carlsen in seiner Partie betrogen worden sei. Das geht unter anderen, indem man von einem versteckten Schachcomputer, der die Züge des Gegners in Echtzeit analysiert, Hinweise erhält, welche eigenen Züge die besten Optionen sind.
Auffällig für Nakamura ist besonders, dass Niemann sich laut eigener Aussage besonders auf bestimmte Züge Carlsens aus der Vergangenheit vorbereitete. Die Schach-Datenbanken zeigen aber, dass Carlsen die besagten Züge noch nie zuvor gespielt hat. Dies erhärtet nicht unbedingt den Betrugsverdacht gegenüber Niemann, lässt allerdings Raum für Spekulationen offen.
Besonders, da Niemann kein unbescholtenes Blatt in puncto Betrug ist. Der junge US-Amerikaner gestand bereits früher bei Online-Schachturnieren betrogen zu haben. «Ich habe bei zufälligen Partien auf Chess.com betrogen. Ich wurde damit konfrontiert. Ich habe gestanden. Und das war der grösste Fehler meines Lebens.»
Doch ob Niemann in alte Muster zurückgefallen ist oder ob er einfach eine gute Partie gespielt hat, daran scheiden sich die Geister in der Welt des Schachs weiterhin. Auf Social Media sieht sich der Amerikaner mit dänischen Wurzeln teils heftiger Kritik ausgesetzt. Jedoch sind sich die meisten Schach-Experten, welche die Partie gesehen und analysiert haben, einig, dass Niemann einfach eine gute Partie gespielt hat.
Entscheidend dürfte nun sein, wann Magnus Carlsen sich das nächste Mal zu Wort meldet. Denn ohne den Tweet und den Rückzug vom Turnier des Norwegers wäre der ganze Trubel um die Partie wohl nie entstanden und er dürfte auch der Einzige sein, der diesen beenden könnte. Indem er aufklärt, was er mit seinem Statement konkret aussagen wollte.
Nun hat Carlsen eine Hexenjagt gestartet: Niemann wird von den Mächtigen (Nakamura; Chess.com) unter Druck gesetzt und vorverurteilt.
Der Rückzug und ein Tweet mit dieser Tragweite ohne weitere Informationen ist unsportliches Verhalten!