«Als ich damals von den Edmonton Oilers via Skype gefeuert wurde, als ich gerade auf dem Bett meiner Tochter sass ...» Ralph Krueger beweist dieser Tage mal wieder, dass er die Kunst des Zusammenspiels mit den Medien wie kaum ein Zweiter versteht. In der Pressekonferenz nach dem Sieg der Europa-Auswahl gegen Schweden am World Cup of Hockey in Toronto stand der langjährige Schweizer Eishockey-Nationaltrainer (1997 bis 2010) im Mittelpunkt des medialen Interesses.
Als Europa-Headcoach hatte er das nicht für möglich gehaltene Kunststück geschafft und sich mit seiner Mannschaft für die morgen Mittwoch beginnende Finalserie (best-of-3) gegen den grossen Favoriten Kanada qualifiziert. Die Europäer gingen als krasser Aussenseiter in das Turnier, in welchem die besten Spieler der ganzen Welt versammelt sind.
Und jetzt fordert der grosse Underdog den Gastgeber, während die weitaus höher eingeschätzten Teams aus Schweden, Russland, Finnland und vor allem der USA bereits gescheitert sind.
Als Baumeister dieses Erfolgs gilt mit Ralph Krueger ausgerechnet ein Mann, der sich seit zwei Jahren eigentlich aus dem Eishockey-Business zurückgezogen hat. Seit Februar 2014 ist er Vorstandsvorsitzender des englischen Fussball-Premier-Ligisten FC Southampton und ist auch dort – wen wundert's – sehr erfolgreich. Die Schweizer Besitzerin des Traditionsklubs, Katharina Liebherr, sicherte sich die Dienste des smarten Deutsch-Kanadiers, den sie vorher im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos, wo Krueger als Mitorganisator und Redner in Erscheinung trat, kennen und schätzen gelernt hatte.
Dass Krueger im Winter 2014 überhaupt für ein solches Amt zur Verfügung stand, ist einer der grössten Fehleinschätzungen in der jüngeren Geschichte der NHL geschuldet. Womit wir wieder bei Kruegers oben erwähnter Aussage angelangt sind. Es war im Juni 2013, als Ralph Krueger, der seine erste Saison als NHL-Trainer hinter sich gebracht hatte, vom damaligen General Manager (GM) der Edmonton Oilers, Craig MacTavish, jenen berühmten Skype-Anruf erhielt.
Der Kanadier teilte ihm auf denkbar stillose Art und Weise mit, dass seine Dienste nicht länger erwünscht seien. McTavish installierte seinen Wunschkandidaten Dallas Eakins auf der Oilers-Trainerbank. Krueger, der Mann, der der notorisch erfolglosen Franchise dank seinem Wirken wenigstens einen Hauch von Erfolgshoffnung verliehen hatte, musste seinen Posten räumen. Nachfolger Eakins scheiterte nach allen Regeln der Kunst und musste bald wieder gehen. Später dann auch McTavish, der die Entwicklung der stolzen Organisation dank seines Wirkens um Jahre zurückgeworfen hatte. Vor allem deshalb, weil er Krueger aus nicht ersichtlichen Gründen in die Wüste schickte.
Die groteske Fehleinschätzung ihres ehemaligen GM wurde den Fans der Oilers dieser Tage wieder schmerzlich bewusst. Krueger, der zwölf Stunden (!) nach seiner Entlassung in Edmonton in den hochkarätig besetzten Trainerstaff der kanadischen Olympiaauswahl für Sotschi 2014 berufen wurde, feiert in Toronto eine triumphale Rückkehr auf der Eishockey-Bühne und ist spätestens jetzt wieder in aller Munde, wenn es darum geht, einen Trainerposten in der NHL zu besetzen.
Krueger betont, dass er mit seiner Aufgabe in Southampton glücklich ist und keine Ambitionen hegt, wieder ins Trainerbusiness zurückzukehren. «Aber man sollte niemals nie sagen», fügte er lächelnd an. Wissend, dass er beste Werbung in eigener Sache betrieben hat.
Ob er allerdings im Alter von 57 Jahren wirklich nochmals mit der Rückkehr an die Bande kokettiert? Seine Vermögensbildung hat Ralph Krueger längstens abgeschlossen. Finanzielle Anreize reichen bei ihm nicht mehr. Sollte er nun aber auch noch das Unmögliche schaffen und die übermächtigen Kanadier mit seinem Team Europa (Spieltage sind Dienstag, Donnerstag und ev. Samstag) in der Finalserie in die Knie zwingen, dann werden die NHL-Organisationen Schlange stehen bei ihm. Und das nicht per Skype.