Der künftige «Chief Sport Officer» – Google übersetzt diesen hochtrabenden Titel schlicht mit «Sportchef» – beantwortet alle Erkundigungen zum SC Bern gleich: «Ich bin noch nicht in Bern. Ich bin nach wie vor in Davos.» Lediglich in einer Sachfrage gibt Raëto Raffainer Auskunft: «Magnus Nygren ist kein Thema für den SCB». Es gibt Gerüchte, der 30-jährige HCD-Schwede werde nächste Saison beim SCB verteidigen.
Der Grund, warum Raffainer sein Büro in Bern noch nicht bezogen hat: SCB-Manager Marc Lüthi hat den Davosern den Sportchef hinterrücks abgeworben. Nun müssen die Konditionen für einen Übertritt vor Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist erst noch ausgehandelt werden.
HCD-Präsident Gaudenz Domenig sagt: «Im Grundsatz sind wir uns einig. Raëto Raffainer soll noch vor Saisonende seine Arbeit in Bern aufnehmen.» Aber Arbeitsbeginn und Ablöse - es geht um eine finanzielle Satisfaktion – stehen halt noch nicht fest. Mit einer zeitnahen Lösung ist zu rechnen. Wie diese Lösung aussehen wird, sagt der HCD-Obmann nicht: «Es gibt keinen Grund, Details in dieser Sache in die Öffentlichkeit zu tragen.» Lüthi wird sein Gesicht wahren können.
Der SCB löst hochbezahltes Führungspersonal bei der Konkurrenz aus einem laufenden Vertrag heraus. Was kostet. Und schickt zugleich teure Führungskräfte (Ex-Trainer Don Nachbaur) ohne Not aus einem laufenden Vertrag weg. Was noch viel mehr kostet. Das kann sich nur leisten, wer im Geld zu schwimmen scheint.
Bei der Verpflichtung einer zusätzlichen Führungskraft in der Sportabteilung gibt es eigentlich keinen Grund für unbernische Hast. Was die sportliche SCB-Führung auf dem Transfermarkt in den letzten Monaten versäumt hat, ist ohnehin nicht mehr wettzumachen. Es wäre möglich gewesen, die an und für sich richtige Anstellung von Raëto Raffainer unter Wahrung des Anstandes und der sechsmonatigen Kündigungsfrist ablösefrei über die Bühne zu bringen.
Bis zum Amtsantritt in Bern ist Raffainer eine «lame duck». So werden Führungskräfte oder Präsidenten bezeichnet, die für den Rest einer Amtszeit keinen Einfluss mehr auf künftige Entwicklungen nehmen. Nun wartet eine «lahme Ente» in Davos oben auf den Weiterflug nach Bern hinab.
Die Vertragsverlängerung mit seinem langjährigen Freund Christian Wohlwend – sozusagen eine Herzensangelegenheit – und die Besetzung der Ausländerpositionen handelt Raffainer nicht mehr aus. Er sagt: «Dafür ist die Sportkommission zuständig.» Sie führt bis zur Einstellung eines neuen Sportchefs die sportlichen HCD-Geschäfte und besteht aus Marc Gianola, René Müller und Urs Winkler.
Das Trio arbeitet Vorschläge aus, der Verwaltungsrat entscheidet. Einer Verlängerung mit Christian Wohlwend um ein drittes Jahr steht auch unter den neuen Voraussetzungen nichts im Wege. Die Bewährungsprobe für den HCD-Trainer folgt sowieso erst nächste Saison, wenn er sich dauerhaft ohne seinen Mentor Raffainer behaupten muss.
Wenn der neue Sportdirektor sein Büro in Bern bezogen hat, wird der SCB der erste Klub sein, der gleich viele Sportchefs wie ausländische Feldspieler löhnt. Nämlich drei. Den neuen Übersportchef Raëto Raffainer, die Untersportchefin Florence Schelling und den Nebensportchef Alex Chatelain. Das Trio verursacht Kosten von weit mehr als einer halben Million Franken.
Wer ein Faible für Historie und einen boshaften Charakter hat, kommt zum Schluss: Die Zustände in der sportlichen SCB-Administration mahnen an die Hofhaltung in Versailles unter König Louis XIV. Und für die kamen in erster Linie die kleinen Leute auf. Also darf sich auch Marc Lüthi, der König von Bern, seine byzantinische Hofhaltung von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und von den Saisonabo-Käuferinnen und Saisonabo-Käufern bezahlen lassen.
Ich empfehle jedem Fan dieses Vereins 100% der Abokosten zurückzuverlangen. Was Herr Lüthi mit seinem Verein und der ganzen Liga macht ist egoistisch und arrogant.