«Wir haben die Scheisse im Moment bis da», sagte Lehmann.Bild: KEYSTONE
Am Tag nach dem Abstieg aus der National League nach 56 Jahren sprach der EHC Kloten über seine Zukunftspläne. Das Budget wird auf 6 bis 6,5 Mio. Fr. reduziert. André Rötheli soll Trainer bleiben, Fige Hollenstein wird Sportchef.
26.04.2018, 15:0726.04.2018, 16:40
15 Stunden nach dem Abstieg versprach Präsident Hans-Ulrich Lehmann: «Kloten kehrt zurück!» Vorerst aber muss das, was undenkbar war, verarbeitet werden: Der erste Abstieg aus der höchsten Liga seit 1962. Als der Abstieg feststand, machte sich der Präsident auf den Weg in die Kabine. «Ich habe die Spieler umarmt, getröstet. Zehn Minuten lang fiel kein Wort. Und noch jetzt, einen halben Tag später, fühlt sich alles leer an», so Hans-Ulrich Lehmann.
Der Verwaltungsrats-Vorsitzende gilt gemeinhin als Sündenbock. Lehmann habe mit seiner Ignoranz, vielen Fehlern und der forschen Art, die viele brüskierte, den EHC Kloten in die Wand gefahren. Lehmann habe alle Ratschläge der Spezialisten in den Wind geschlagen und stattdessen mit Alleingängen das Umfeld und die Mannschaft verunsichert. «Ja, mir unterliefen Fehler», so Lehmann. «Aber ich bin auch derjenige, der für diese Fehler bezahlt. Und Schuldzuweisungen helfen im Moment nichts.»
Das Ziel, 3000 bis 4000 Saisonkarten zu verkaufen
Den EHC habe es am späten Mittwochabend «uf d'Schnurre gleit», so Lehmann. «Aber er wird dort nicht liegen bleiben.» Der EHC Kloten werde in die National League zurückkehren. So lautete die «Message» einen halben Tag nach dem Abstieg. Bei den Sponsoren wurde vorsondiert. Es sei mit praktisch keinem Ausstieg zu rechnen. Ein «Wir-Gefühl» soll entfacht werden, so dass für die erste Saison in der Swiss League 3000 bis 4000 Saisonkarten verkauft werden können.
Vorerst aber muss ein Team neu zusammengestellt werden. Per 1. Mai steht Kloten ohne Mannschaft da. Alle Verträge waren für die National League gemacht; nach dem Abstieg sind sie nichtig. Auch mit den neu verpflichteten Akteuren wie Timo Helbling, Benoit Jecker und Nicholas Steiner muss neu verhandelt werden. Lehmann: «Wir haben ab Mai zwar keine Lohnkosten mehr, aber verfügen auch über kein Team mehr.» Auch der Vertrag mit dem entlassenen Kevin Schläpfer, der bis 2020 gelaufen wäre, habe sich mit dem Abstieg aufgelöst.
Dreijahresplan zur Rückkehr
Der Verantwortung, das neue Team zusammenzustellen, übernahm Felix Hollenstein (53). Das Klotener Urgestein übernahm am Tag nach dem Abstieg den Job des Sportchefs. In den nächsten 14 Tagen will er mit den wichtigsten verbliebenen Spielern Verträge ausarbeiten. Trainer soll André Rötheli bleiben, der vor der Ligaqualifikation Kevin Schläpfer ersetzte. Auch Rötheli äusserte die Absicht, weitermachen zu wollen. Und auch die ersten Signale von den Spielern seien positiv gewesen. Hollenstein, der bislang die Junioren trainierte, traut sieben Kloten-Junioren zu, nächste Saison in der Swiss League bestehen zu können.
Der exemplarisch gute Klotener Nachwuchs bildet das Fundament, mit welchem Hollenstein hofft, bis in drei Jahren in die höchste Liga zurückzukehren. Hollenstein skizzierte vorerst im Kopf einen Dreijahresplan. «Und wenn wir schon im zweiten Jahr wieder aufsteigen können, umso besser». Eines hoffen in Kloten alle: Anders als Ajoie, Arosa, Basel, Chur, La Chaux-de-Fonds, Herisau, Olten und Sierre – andere Absteiger der letzten gut 30 Jahre – soll Kloten ins Oberhaus zurückkehren. (ram/sda)
Das war die Medienkonferenz:
«Es ist keine Beerdigung! Wir sind guten Mutes, dass wir mit dem EHC Kloten runter gehen, um zu wenden. Wir glauben daran, dass wir es schaffen können. Gebt uns diesen Kredit. Vielen Dank.»
Lehmann: «Wir haben relativ wenig geschlafen und zuerst reden wir mit den Spielern. Fige Hollenstein hat noch keinen Vertrag, aber wir sind uns einig.»
«Ich ging in die Kabine und nahm jeden Spieler in den Arm. Zehn Minuten lang fiel kein einziges Wort. Da war einfach nichts mehr da, die komplette Leere. Da brachen Welten zusammen. Wir haben deshalb heute noch nicht die fertige Lösung parat. Wir bemühen uns auf allen Stufen. Gebt uns Zeit. Wir kommen wieder, wir packen das!»
Felix Hollenstein geht davon aus, dass André Rötheli das Angebot annehmen und in der neuen Saison der Trainer sein wird.
Hollenstein: «Es gab schon in der Nacht das eine oder andere Gespräch. Es sieht schon ziemlich gut aus. Aber konkret wurden wir nicht. Zunächst ist nun eine Leere da.»
Zwischen 6 und 6,5 Millionen Franken soll es gemäss Lehmann betragen. Das ist noch ein Drittel der Summe in dieser Saison.
Lehmann: «Stand heute: Kein Spieler hat ab dem 1. Mai einen Vertrag. Aber wir haben auch keine Spieler mehr. Wir haben keine Kosten, aber auch keine Mannschaft.»
«Wir wollen so rasch wie möglich eine konkurrenzfähige Mannschaft beisammen haben», sagt Lehmann. Aber nun, keine 24 Stunden nach dem Abstieg, könne man noch nicht viel sagen.
Pascal Signer, der neue CEO sagt: «Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich habe mich nicht für eine Liga commited, sondern für den Klub, für das Projekt, für den EHC Kloten. Wir wollen in Kloten wieder ein Wir-Gefühl entfachen. Wir alle miteinander wollen unsere Kraft investieren, dass dieser Klub dorthin kommt, wo er hingehört: in die oberste Liga.»
«Ein Abstieg kann auch eine Chance sein. Wir wollen sie nutzen und eine gute Rolle spielen. Es ist das Ziel von uns allen, dass wir so schnell wie möglich wieder in der obersten Liga spielen können.»
«Das Ziel ist es, zwischen 3000 und 4000 Saisonkarten zu verkaufen», sagt Mike Schälchli, Klotens Leiter Kommerz.
Hollenstein sagt, dass es das Ziel sei, André Rötheli als Trainer zu behalten. Als Interimscoach konnte der ehemalige Stürmer nach der Entlassung von Kevin Schläpfer das Team nicht mehr vor dem Abstieg retten.
«Wir haben die Scheisse im Moment bis da», sagt Lehmann und zeigt an den Hals.
Fige Hollenstein wird Sportchef. Lehmann: «Solange sein Junior eine tragende Rolle hat in der 1. Mannschaft, wird er nicht als Sportchef amten. Das haben wir so abgemacht. Aber jetzt ist Fige bereit dazu, ich schätze das extrem.»
«Ich werde dem Klub sicher weiter zur Seite stehen, nicht davon schleichen und sagen, das geht mich nichts an. Ich mache sicher noch ein Jahr weiter. Das wird das schwierigste Jahr jetzt.»
«Ich habe Verantwortung übernommen und Rechnungen bezahlt. Alles andere ist einfach nur Gefasel.»
Lehmann: «Der erste Schuldige ist immer der Chef. Der hat sicher nicht alles richtig gemacht. Aber es braucht immer eine gewisse Anzahl Fehler, bis so eine 56 Jahre lange Geschichte zu Ende geht.
Unendlich leid tun mir die treuen Fans. Ich habe extrem viele Botschaften erhalten, dass sie weiterhin hinter dem EHC Kloten stehen und uns auch in der Swiss League treu bleiben. Das ist ein Aufsteller. Dass in schwierigen Zeiten echte Fans einen nicht alleine lassne.
Wir sind gestern zwar «uf d'Schnurre gheit», aber wir stehen wieder auf. Es geht weiter!»
Lehmann eröffnet die Medienkonferenz zwei Minuten zu früh. Neben ihm sitzt die Klub-Ikone Felix «Fige» Hollenstein.
Eine von A bis Z fürchterliche Saison endet für den EHC Kloten mit dem Abstieg in die Swiss League. Dieser wurde Tatsache nach einer 1:2-Niederlage in der Verlängerung von Spiel 7 gegen die SC Rapperswil-Jona Lakers.
Wie geht es nun weiter? Viele Spielerverträge sind nicht mehr gültig, Leistungsträger wie Denis Hollenstein oder Vincent Praplan hatten ihre Zukunft ohnehin schon andernorts geregelt.
Klotens Präsident Hans-Ueli Lehmann kündigte in einer ersten Reaktion an, dass man den Wiederaufstieg anpeile: «Wir gehen runter, drehen um und kommen wieder!» Nun wird er ausführlicher zu den Plänen Stellung nehmen.
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