52 Jahre wird es im Frühling her sein, seit die Toronto Maple Leafs zum letzten Mal den Stanley Cup in die Höhe stemmen durften. Eine ewig lange Zeit des Wartens für die Anhänger eines der populärsten Eishockey-Klubs der Welt. Zumal seither gerade mal ein einziger Division-Titel hinzukam und das ist auch schon ewig her, nämlich im Jahr 2000.
Wird 2019 alles anders werden? Die Maple Leafs begeistern und haben so viele Punkte wie kein anderes Team der Liga auf dem Konto. Das 5:3 gegen die Detroit Red Wings war der vierte Sieg im fünften Spiel. Die «Ahornblätter» sind heiss:
Die Fans der Maple Leafs bekommen wässrige Augen, wenn sie auf die NHL-Skorerliste blicken: Dort belegt das Quartett Matthews (21 Jahre), Rielly (24), Tavares (28) und Marner (21) geschlossen die ersten vier Plätze.
Zugegeben: Wenn einige Teams schon fünf Partien absolviert haben und andere wie Nico Hischiers New Jersey Devils erst zwei, dann sind statistische Vergleiche eigentlich nicht zulässig. Es macht deshalb auch keinen Sinn, sich aufgrund von 5 von 82 Qualifikationsspielen zu Playoff-Prognosen zu versteifen und ausgiebig PDO-, Corsi- und andere Werte zu analysieren.
Fakt ist: Derzeit ist Toronto eine Torfabrik. Zuletzt schossen die Leafs sieben, sieben und fünf Treffer. Die Offensive ist ein Trumpf – und dabei fehlt mit William Nylander ein Stürmer, der in der letzten Saison 61 Punkte in 82 Spielen sammelte.
Überragend ist die Ausbeute des einstigen ZSC-Stürmers Auston Matthews. Seine Abschlussquote ist derzeit geradezu absurd gut: 53 Prozent seiner Schüsse gehen rein. Mit seinen neun Toren in den ersten fünf Spielen ist er in einen exklusiven Zirkel vorgestossen. In der Neuzeit gelang dies in der NHL einzig Alexander Owetschkin, Patrick Marleau, Mario Lemieux und Mike Bossy. In der ruhmreichen Geschichte der Maple Leafs ist Matthews erst der dritte Spieler mit neun Toren in den fünf Startspielen – seine Vorgänger schafften es 1921 und 1944.
Der 21-Jährige aus dem sonnigen Bundesstaat Arizona ist mit nunmehr 144 Punkten in 149 NHL-Spielen auf dem Weg, einer der ganz Grossen seiner Zunft zu werden. «Dieser Matthews ist grösser, stärker, schneller, entschlossener und zuversichtlicher», schreibt die «Toronto Sun», «aber wir haben das Beste von ihm noch nicht gesehen.»
Die Maple Leafs hatten riesige Erwartungen, als sie Matthews 2016 als Nummer eins drafteten – und er übertrifft diese sogar noch. Der Kommentator schwärmt: «Auston Matthews ist erst am Anfang seines Weges. Für ihn gibt es keine Grenzen.»
Während es vorne also läuft wie geschmiert, hat die Verteidigung noch viel Luft nach oben. Die 25 geschossenen Tore von Matthews und Co. sind Liga-Bestwert – aber es hat auch noch kein anderes Team mehr als die 20 Gegentreffer von Toronto kassiert. Da das Verteidigen ganz vorne beginnt, sind die gelobten Stürmer nicht von einer Mitschuld freizusprechen. Die Balance zwischen Angriff und Abwehr muss stimmen, denn die fabelhafte Torproduktion wird früher oder später wohl sinken.
Auch Goalie Frederik Andersen muss noch zulegen, seine Fangquote liegt nach dem Saisonstart bei bescheidenen 89,3 Prozent. Zudem täuscht der jüngste 5:3-Sieg über die Red Wings über die Tatsache hinweg, dass die Maple Leafs im letzten Drittel unter die Räder kamen. 18:9 Schüsse für Detroit lautete die Statistik am Ende, Torontos Headcoach Mike Babcock war unzufrieden: «Wir trugen dem Puck keine Sorge mehr und haben den Fuss vom Gaspedal genommen. Das hat mir nicht gefallen.»
Zwei Routiniers kommt dabei die Aufgabe zu, die vielen jungen Spieler in dieser Hinsicht zu leiten. Der 39-jährige Patrick Marleau und der 37-jährige Ron Hainsey können mit ihrer reichen Erfahrung Gold wert sein. Marleau bestritt 20 Playoff-Kampagnen, Hainsey gewann 2017 als Verteidiger der Pittsburgh Penguins den Stanley Cup.
Es gibt also trotz einem begeisternden Saisonstart noch viel zu tun. Aber Auston Matthews, der «Hometown Boy» John Tavares und der Rest des Teams werden alles daran setzen, die grossen Träume von ganz Toronto kein weiteres Mal platzen zu lassen und sich zu den Helden von 1967 zu gesellen, den bislang letzten Meisterspielern der Maple Leafs.