Wechselt Niklas Schlegel von den ZSC Lions zum EHC Kloten, um dort Luca Boltshauser (künftig Lausanne) zu ersetzen? Sein Agent André Rufener bestätigt auf Anfrage erstmals, dass ganz konkrete Verhandlungen in dieser Sache laufen. Wie weit sind die Gespräche schon? «Na ja, wir sind auf halbem Weg von Zürich nach Kloten. Ein Entscheid kann noch in diesem Jahr fallen.» Das will etwas heissen.
Nicht oft kehrt einer um, wenn er den halben Transferweg schon gegangen ist. Will ZSC-Sportchef Sven Leuenberger seinen Torhüter zurückhalten, muss er ihm wohl den Lohn verdreifachen. Nicht um Klotens Angebot zu überbieten. Sondern um bei einem Verbleib in Zürich eine nicht auszuschliessende sportliche Stagnation finanziell abzugelten.
Aber warum wird überhaupt an diesem Wechsel gearbeitet? Weil André Rufener über den Tag hinaus denkt. Er ist der beste «Karrieren-Architekt» unseres Hockeys. Unter viel schwierigeren Umständen hat er in der NHL (!) durch Wechsel im richtigen Augenblick – die zu orchestrieren ist eine der grössten sportdiplomatischen Leistungen unseres Hockeys – unter anderem Nino Niederreiter und Sven Bärtschi, die kurz vor dem Scheitern standen, zu Dollar-Millionären gemacht.
Niklas Schlegel (23) kann hexen, wie er will – an Lukas Flüeler (29) kommt er aus politischen und wirtschaftlichen Gründen einfach nicht vorbei: Lukas Flüeler hat einen Vertrag bis 2020. Er kommt zurzeit nur zum Einsatz, weil Lukas Flüeler wieder einmal verletzt ist. Inzwischen riskiert der ZSC-Meistergoalie von 2012 und 2014 bald bei jeder aussergewöhnlichen Parade eine Blessur. Er ist ein zerbrechlicher Titan geworden.
Hat Niklas Schlegel erst einmal den Schwefelgeruch einer ewigen Nummer 2, ist seine Karriere geknickt, bevor sie richtig begonnen hat. Dabei spielt er längst wie eine Nummer 1 – bei der 1:2-Niederlage in Langnau wehrte er hinter einer taktisch verwahrlosten Abwehr sagenhafte 94,87 Prozent der Schüsse ab.
Schweizer Goalies werden rar. Jonas Hiller ist 35, Tobias Stephan 34, Leonardo Genoni und Reto Berra sind 30 Jahre alt. Luganos Elvis Merzlikins und Langnaus Ivars Punnenovs (beide 23) sind zwar künftige Meistertorüter – aber die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sie in die KHL oder die NHL wechseln. Joren van Pottelberghe (20) und Gilles Senn (21) stecken mit Verträgen bis 2019 noch in der Ausbildung beim HC Davos. Und der nächste grosse Schweizer Schlussmann (Langnaus Akira Schmid) ist erst 17.
Die Rechnung ist einfach: Niklas Schlegel wechselt auf nächste Saison für drei Jahre mit Ausstiegsoption nach Kloten, wird zur unumstrittenen Nummer 1 (und dadurch auch mindestens die Nummer 2 im Nationalteam) – und dann kann er im Frühjahr 2019 oder 2020 in Bern, Lugano oder Zug Millionär werden.
Als ewige Nummer 2 bei den ZSC Lions hat er hingegen diese Option nicht. Bleibt er unter den aktuellen Voraussetzungen im Hallenstadion, ist er eher der nächste Daniel Manzato als der nächste Leonardo Genoni. Er riskiert mit einem Kloten-Transfer so oder so nichts – steigt Kloten im Frühjahr ab, dann wird er halt beim Aufsteiger – den Lakers oder Olten – die Nummer 1. Entscheidend ist für seine Karriere, dass er nächste Saison in der NLA eine Nummer 1 wird.
Die ZSC Lions haben in ihrer Nachwuchsorganisation keinen spielfähigen NLA-Torhüter, um im Falle eines Falles Niklas Schlegel zu ersetzen. Das muss kein Problem sein. Sportchef Sven Leuenberger kann Melvin Nyffeler (23) von den Lakers umwerben. Und seine Mannschaft ist in der Verteidigung und im Sturm bis in die vierte Linie hinein mit helvetischen Nationalspielern besetzt. Es ist so oder so Zeit für einen ausländischen Weltklasse-Torhüter. Zeit für den nächsten Ari Sulander.
Heimlich still und leise hat auch das Werben um einen Verteidiger im besten Alter eingesetzt, der in jeder Mannschaft eine führende Rolle im Verteidigungs-Ministerium einnehmen kann: Dean Kukan (24), zurzeit im Farmteam der Columbus Blue Jackets beschäftigt. Ohne gute Aussichten auf eine NHL-Zukunft und mit auslaufendem Vertrag. Sein Agent André Rufener bestätigt auf Anfrage, dass es wohl seine Aufgabe sei, sich mit einer möglichen Rückkehr seines Klienten zu befassen.
Biels Sportchef Martin Steinegger war beispielsweise sehr interessiert, winkt aber inzwischen desillusioniert ab: «Das Bieten beginnt bei mindestens 500'000 Franken. Da können wir nicht mithalten. Der Kukan ist einer für die Grossen.»
Dean Kukan hat keine realistischen Aussichten, in Nordamerika Millionär zu werden. Es wird Zeit, dass er sein enormes Talent im heimischen Markt kapitalisiert. Er würde perfekt zu Lugano passen.