Eine Szene im Kabinengang des Hockey-Tempels an der Ilfis lässt erahnen, dass wieder einmal eine samstägliche Hockey-Messe gelesen worden ist. Ein Gast aus dem Züribiet fragt gut eine halbe Stunde nach der Partie gegen Lugano vor dem Nachhausegehen fast ein wenig ungläubig: «War das tatsächlich ein Lächeln?»
Ja, er hatte sich nicht getäuscht. Ein Lächeln war über das Gesicht des gestrengen Bandengenerals Heinz Ehlers gehuscht. Aus gutem Grund. Zwar mochte er der Einschätzung nicht zustimmen, dass seine Langnauer soeben in Bern (3:4 n.V) und gegen Lugano (4:3 n.P) die zwei besten Partien seit seinem Amtsantritt am 3. Oktober 2015 gespielt haben.
Aber dann huscht ein Lächeln (das der Gast aus Zürich gesehen hatte) über sein Gesicht und er sagt: «Also für mich ist Harri Pesonen der MVP der Liga.»
Es braucht sehr, sehr, sehr viel, bis Heinz Ehlers lächelt. Harri Pesonen muss also Aussergewöhnliches geleistet haben. Er hat.
In Bern assistierte er zum ersten Treffer und erzielte das 2:3 und 3:3. Gegen Lugano war er am ersten und dritten Tor beteiligt und sicherte mit einem «Zauberpenalty» den Sieg. Der finnische Weltmeister war der Einzige, der im Penalty-Schiessen getroffen hat.
Auf der Tribüne sass Finnlands Nationaltrainer Jukka Jalonen (mit Berns Kari Jalonen befreundet, aber nicht verwandt) und sagte in drei Worten alles über Harri Pesonen: «He is hot». Nach dem Spiel überbrachte er ihm den Ring, der jedem aus seinem Weltmeisterteam zusteht.
Harri Pesonen ist wahrlich «heiss». Der Dynamo des Langnauer Spiels und der Artist, der mit einem Hauch von Magie dafür sorgt, dass die harte Arbeit des Teams doch belohnt wird.
Die Langnauer haben in 24 Stunden in Bern ein 0:2 und 1:3 aufgeholt und gegen Lugano ein 0:2 und 2:3. Punktgewinne obwohl der Puck lange Zeit nicht ihren Weg gehen wollte. Obwohl ihr Powerplay inzwischen das miserabelste der Liga ist. Obwohl noch nicht alle Leitwölfe ihre Magie gefunden haben. Obwohl sie gegen Lugano bereits nach dem ersten Drittel 0:2 zurücklagen und noch weniger Hoffnung bestand als nach dem 0:2 und dem 1:3 in Bern. Heinz Ehlers sagt, er habe in der Kabine einfach gesagt, er wolle nun die gleiche Entschlossenheit im Abschluss sehen wie beim Gegner. «Dann haben Schilt und Blaser geschossen wie Männer.» Die Mannschaft ist also dazu in der Lage, auch gegen einen starken Gegner zu reagieren.
Das sind ein paar Gründe, warum es die zwei besten Partien der an guten Darbietungen wahrhaftig nicht armen «Ära Ehlers» waren.
Chris DiDomenico, Langnaus zweiter ausländischer Leitwolf ist nämlich noch kein strahlender Held. Der Hauch der Magie, der Harri Pesonens Spiel umweht, ist vom Kanadier gewichen. Bei den Dramen in Bern und gegen Lugano bleibt er auf einem einzigen Assist sitzen, gegen Lugano scheitert er beim Penalty. Und doch ist er einer der Hauptdarsteller. Ja, er hätte in den letzten drei Spielen zur grossen Figur werden können.
Beim 0:1 n.V. gegen Davos und gegen den SCB bringt er bei Alleinvorstössen die Scheibe nicht am Torhüter vorbei. Es wäre zweimal der Siegestreffer gewesen. Und er scheitert gegen Lugano im Penalty-Schiessen.
Er hat es jetzt schwerer, weil er nicht mehr bei fast jedem Einsatz an der Seite von Harri Pesonen stürmen darf. Heinz Ehlers hat das letztjährige Traum-Duo der letzten Saison getrennt. Weil beide eigentlich zu dominant seien und es eigentlich zwei Pucks brauche, wenn sie gemeinsam stürmen. Wenn er seine zwei charismatischsten Einzelspieler nicht mehr in einer Linie zusammenfasst, ist die Mannschaft ausgeglichener und taktisch weniger leicht auszurechnen.
Der eigenwillige Kanadier hat erst ein Tor (aber immerhin 7 Assists) auf dem Konto. Aber er dominiert das Spiel, kommt zu Chancen, holt Scheiben zurück, gewinnt Zweikämpfe, bringt die gegnerische Verteidigung durcheinander und lässt sich nicht provozieren. Er kämpft mit einer Leidenschaft, die durch seinen verletzten Stolz (Heinz Ehlers hat ihn für eine Partie auf die Tribüne gesetzt) zusätzlich angefacht wird.
Chris DiDomenico gibt also nicht auf und rennt seiner Magie hartnäckig hinterher. Nach dem Ausfall von Aaron Gagnon leistet er gegen Lugano 28:01 Minuten Eiszeit. Was, wenn er endlich wieder trifft, wenn die Magie des erlösenden Torjubels zurückkehrt? Dann rücken die SCL Tigers in die erste Tabellenhälfte auf.
Gegen Lugano hat sich noch einer ins Rampenlicht gespielt. Ben Maxwell (31). Der Kanadier ist nach Langnau gekommen, obwohl er wusste, dass er seinen Platz nicht auf sicher haben würde. Weil pro Partie nur vier der fünf ausländischen Spieler eingesetzt werden können.
Immer mehr zeigt sich: Sobald er sich an unsere Lauf- und Tempoliga gewöhnt hat, wird er womöglich auf Augenhöhe mit Harri Pesonen und Chris DiDomenico stürmen. Der schlaue Zweiwegstürmer hat inzwischen mit 23:28 Minuten pro Spiel ligaweit am meisten Eiszeit aller Stürmer und hat bereits vier Tore erzielt.
Die SCL Tigers haben im Herbst eine Reifeprüfung bestanden, nach drei Niederlagen in Serie (Biel, Ambri, ZSC) viermal hintereinander gepunktet und den Sturz in den Tabellenkeller verhindert. Und in den letzten drei Partien vier Punkte geholt. Obwohl sie nie in Führung lagen.
Es hat schon seinen Grund, warum Heinz Ehlers gelächelt hat.
Müssten nicht auch einige Schweizer gerühmt werden? Die Verteidiger Sebastian Schilt und Yannick Blaser beispielsweise? Doch, müssten sie. Aber die SCL Tigers haben nach den Lakers die «billigsten» Schweizer Spieler. Sie sind in jeder Partie auf zwei überdurchschnittliche und zwei gute Ausländer angewiesen, wenn sie in die Playoffs kommen wollen. Sie können sich, anders als beispielsweise der SCB, beim ausländischen Personal nicht jede Saison teure Fehlbesetzungen leisten. Gute Ausländer sind auch in Langnau nicht alles – aber ohne gute Ausländer ist alles nichts.
P.S. Das Lächeln des gestrengen Generals war übrigens nur ganz kurz. Der Vollständigkeit halber sei rapportiert: Er hat seine Gesichtszüge sogleich wieder gestrafft und angemahnt, dass nach wie vor 40 Partien zu spielen seien. Es ist noch ein weiter, langer Weg bis in die Playoffs.