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Eishockey: Klaus Zaugg zum Abgang von Liga-Direktor Ueli Schwarz

Trat von seinem Amt zurück: Ligadirektor Schwarz.
Trat von seinem Amt zurück: Ligadirektor Schwarz.
Bild: Urs Lindt/freshfocus
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Der Abgang von Ligadirektor Ueli Schwarz ist der folgenreichste Personalwechsel der Neuzeit

Die gute alte Zeit ist zu Ende gegangen. Ueli Schwarz geht. Seine Nachfolgeregelung ist wichtiger als die Besetzung jedes anderen Verbandpostens, sogar wichtiger als jene des Nationaltrainers.
18.04.2016, 13:0218.04.2016, 13:40
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Wenn wir die Bedeutung des Abgangs von Ueli Schwarz für unser Hockey illustrieren wollen, dann gibt es dazu ein gutes Beispiel aus der Geschichte: Die Absetzung des ersten Deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck durch den forschen neuen Kaiser Wilhelm II.

«Der Lotse geht von Bord», hiess es damals. Otto von Bismarck stand für den diplomatischen Ausgleich, für die alte Welt, für die 1815 beim Wiener Kongress geschaffene Ordnung Europas. Er war nicht der Mann des heraufziehenden dynamischen Zeitalters, der Moderne, die der neue Kaiser verkörperte.

Vor 200 Jahren in der gleichen Lage wie Ueli Schwarz: Otto von Bismarck.
Vor 200 Jahren in der gleichen Lage wie Ueli Schwarz: Otto von Bismarck.
Bild: Getty Images Europe

Schwarz wusste, dass seine Zeit um ist

Ueli Schwarz ist ein «Mann des Hockeys» im besten Wortsinne. Keiner im Verband weiss so viel über Eishockey und keiner war so sehr darauf bedacht, zu dieser Hockeykultur Sorge zu tragen. Schwarz war in der höchsten Spielklasse Trainer und Sportchef, er führte die U20-Nationalmannschaft und arbeitete bei der Organisation der WM 2009 an vorderster Front. Er ist international exzellent vernetzt.

Warum geht er? Weil er sonst hätte gehen müssen. Das ist der einzige Unterschied zu Otto von Bismarck. Der Reichskanzler wurde abgesetzt, Ueli Schwarz geht freiwillig. So, wie es seine Art ist. Er hat schon 1998 sein Amt als Trainer des SC Bern freiwillig niedergelegt. Weil er wusste, dass seine Zeit um ist.

Schwarz ging, bevor er gegangen wurde.
Schwarz ging, bevor er gegangen wurde.Bild: KEYSTONE

Das Geld regiert und nicht mehr der Sport

So ist es auch jetzt. Er spürt, er weiss, dass seine Zeit abgelaufen ist. Der neue, forsche Verbandsdirektor Florian Kohler ist kein Mann des Eishockeys und spielt sehr wohl eine ähnliche Rolle wie damals Kaiser Wilhelm II. Mit Kohler ist die neue Zeit angebrochen. Die Zeit der Manager, eine Zeit, in der das Geld das Primat über den Sport hat – und nicht umgekehrt wie in der Welt des Ueli Schwarz.

Florian Kohler und Ueli Schwarz sind zwei Männer aus einer völlig unterschiedlichen Kultur und der Eklat war programmiert. Es geht nicht darum, welche Kultur die bessere ist. Die gute alte von Ueli Schwarz oder die moderne, kapitalistische von Florian Kohler. Es geht darum, dass es ist, wie es ist: Die neue Zeit ist angebrochen.

Der Nachfolger muss ein «Anti-Kohler» sein

Der Anfang vom Ende der guten alten Zeit war die Bemerkung eines Chronisten in der Sendung «The Hockeyweek» über die Einmischung von Schwarz in die Arbeit von Einzelrichter Reto Steinmann. Daraus ist ein von SCB-General Marc Lüthi eingeleitetes Verfahren gegen Schwarz geworden. Ein Verfahren nicht gegen seine Person. Aber ein Verfahren, das die Unabhängigkeit der Hockey-Justiz zu untersuchen hat. Das Resultat wird sein, dass sich Ueli Schwarz tatsächlich eingemischt hat – im guten Sinne. Aber eben: Gut gemeint ist in diesem Fall das Gegenteil von gut.

Leider kommt der ehemalige SCB-Sportchef Sven Leuenberger für das Amt eines Ligadirektors nicht in Frage. Er steht nach wie vor im Solde des SC Bern und politisch ist ein Jünger von Marc Lüthi in der Liga- Chefposition nicht machbar.

Für unser Hockey ist es von schicksalsschwerer Bedeutung, dass der neue Ligadirektor ein «Anti-Kohler» sein wird. Also nicht ein Anhänger des rassigen Kapitalisten Florian Kohler. Der Ligadirektor muss ein Mann des Sportes sein. Ein Mann, der für die sportlichen Belange (wie Nachwuchsnationalteams, Belange der Nationalmannschaften) kämpft wie ein Löwe und dabei den Widerspruch, die Auseinandersetzung mit seinem Chef nicht scheut.

Verbandsdirektor Kohler, der Gatte von SRF-Eishockey-Frau Steffi Buchli.
Verbandsdirektor Kohler, der Gatte von SRF-Eishockey-Frau Steffi Buchli.Bild: freshfocus

Schwarz wird dem Schweizer Eishockey erhalten bleiben

Um Kohler die Stange halten und eine fruchtbare Auseinandersetzung führen zu können, braucht es eine starke, im Denken unabhängige Persönlichkeit. Im Idealfall finden wir einen Ligadirektor mit der Leidenschaft fürs Hockey wie sie Ueli Schwarz hatte – aber mit der streitbaren Persönlichkeit wie sie Marc Lüthi eigen ist und mit dem Charisma des ehemaligen Nationaltrainers Ralph Krueger. Die sportliche Gestaltungskraft des neuen Ligadirektors ist noch grösser als jene des Nationaltrainers. Deshalb ist die Besetzung der Position des Ligadirektors wichtiger als die Wahl des Nationaltrainers.

Wichtig ist auch, dass es nicht bei der Neuwahl eines Ligadirektors bleibt. Missstände im Inneren des Verbandsfuchsbaus sind ebenfalls aufzuarbeiten. Die sofortige Absetzung des unseligen TV-Chefanklägers Stephane Auger ist vordringlich. Auch die Nachfolgeregelung von Einzelrichter Steinmann ist ein heikles Geschäft. Wie Schwarz ist auch Steinmann ein Mann der guten alten Zeit des Eishockeys.

Wir können es auch so sagen: Mit Ueli Schwarz und Reto Steinmann gehen die letzten Aufrechten und Gerechten des Eishockeys, wie wir es lieben und wie wir es erhalten und bewahren sollten. Der Abgang von Ueli Schwarz ist zu bedauern. Aber ich bin sicher, dass er dem Eishockey nicht verloren gehen wird. Jede Wette, dass er bald eine zentrale Position bei der Organisation der WM 2020 in Zürich und Lausanne übernehmen wird.

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15 Kommentare
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welefant
18.04.2016 11:58registriert März 2015
& jetzt geht hoffentlich noch buchelis toyboy!
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subreena
18.04.2016 13:20registriert Oktober 2014
@Watson

M. Lüthi hat Ueli Schwarz nicht vorgeworfen, er habe sich in die Ligajustiz eingemischt. Der Vorwurf kam vom Klaus Zaugg in seiner The Hockeyweek Sendung auf einem Eishockey Portal. Marc Lüthi hat "nur" eine Untersuchung beantragt, ob an den Vorwürfen von K. Zaugg etwas dran ist.
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deed
18.04.2016 11:53registriert Januar 2014
Ob er freiwillig geht oder rausgemobbt wurde, ist aus dem Communiqué nicht zu ersehen. Wenigstens muss er sich jetzt keine Sesselkleberei mehr vorwerfen lassen.
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