Sport
Eismeister Zaugg

Eishockey: WEKO könnte im Modustheater eingeschalten werden

Ein Schild am Eingang zu den Bueros der Wettbewerbskommission WEKO, aufgenommen am 4. August 2010 in Bern. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
Hier könnte man sich bald einmal mit der Eishockey-Liga befassen: Die Wettbewerbskommission in Bern.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Das Hockey-Modustheater spitzt sich zu: Es droht das Einschreiten der WEKO

Die NLA-Klubs wollen eine unsinnige Modusänderung erzwingen und provozieren einen brandgefährlichen Rechtsstreit.
16.09.2016, 16:3116.09.2016, 20:23
Folge mir
Mehr «Sport»

Die Arroganz der NLA-Manager kann eine juristische Auseinandersetzung provozieren, die das gesamte juristische Konstrukt der Nationalliga in den Abgrund reisst. Es geht wieder einmal um die Auf-/Abstiegsregelung zwischen der NLA und der NLB. Weil eine Abschaffung des Auf-/Abstieges nicht machbar ist, basteln die NLA-Klubs an einer «Beinahe-Verunmöglichung» der Relegation und Promotion.

Die Nationalliga ist im juristischen Sinne eine Aktiengesellschaft. Die NLA-Klubs haben die Stimmenmehrheit und die ist nun durch die von ihren Mutterklubs abhängigen Farmteams noch grösser geworden. Bisher sorgte diese NLA-Mehrheit ab und zu für murren – etwa bei der Verwässerung durch die beiden neuen Farmteams (Zug und Ticino Rockets).

Zu einem erbitterten Konflikt ist es aber erst jetzt gekommen. Die NLA Klubs wollen ab der Saison 2017/18 (also ab übernächster Saison) die Liga-Qualifikation mit vier Ausländern spielen. Das bedeutet konkret, dass die NLB per Transferschluss Ende Januar 2018 von zwei auf vier Ausländer aufrüsten und die Playoffs mit vier Ausländern bestreiten muss.

Die Spieler von Ajoie feiern das 1-0 im vierten Playoff-Finalspiel der National League B zwischen den Rapperswil-Jona Lakers und dem HC Ajoie, am Samstag, 26. Maerz 2016, in Pruntrut. (KEYSTONE/Bist/R ...
Einen zusätzlichen Ausländer für die Aufstiegs-Playoffs zu engagieren, kommt B-Ligisten wie Ajoie sehr teuer zu stehen.Bild: KEYSTONE/BIST

Der Mehraufwand für konkurrenzfähiges ausländisches Personal wird zu diesem Zeitpunkt, wenn alle europäischen Klubs vor dem internationalen Transferschluss noch einmal nachrüsten und der Spielermarkt «ausgetrocknet» ist, zwischen 400'000 und 600'000 Franken pro Klub ausmachen. Für die NLB-Klubs eine untragbare finanzielle Belastung.

Die Mehrheiten sind klar

Zudem bringt der Beizug von zwei zusätzlich spielberechtigen Ausländern für die Schlussphase der Saison die Hierarchie im Team durcheinander. Ein Aufstieg wird so beinahe unmöglich. Die letzten Aufsteiger (Biel, Lausanne, Langnau) schafften die Promotion mit zwei Ausländern. Der NLA-Klub musste auf zwei Ausländer «abrüsten».

Die Initiative für diese unsinnige Modusänderung geht von den Klubs aus, die schon fast paranoid einen Abstieg befürchten: Lausanne, Biel, Ambri und Langnau. Dabei ist ein Abstieg für ein gut strukturiertes Sportunternehmen kein Unglück. Sondern die Chance zur Restrukturierung. Lausanne und Langnau, aber auch der FC Basel und YB (im Fussball) sind beste Beispiele dafür, wie ein Sportunternehmen nach Abstieg und Rückkehr in die höchste Liga besser dasteht als zuvor.

Ambris Janne Pesonen, Mitte, feiert das 1-2 Tor mit seinen Mitspielern, Mikko Maeenpaeae, links und Cory Emmerton, rechts, von links, beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen  ...
Ambri und die anderen üblichen Abstiegs-Verdächtigen streben die Modusänderungen an.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Eigentlich wollten die NLA-Klubs diese Modusänderung schon im Sommer durchdrücken. Aber sie brachten die für eine sofortige Modusänderung notwendige qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen nicht zustande. Deshalb wird nun eine Modusänderung für die Saison 2017/18 angestrebt. Dafür braucht es, wenn sie vor dem Ende dieser Saison beschlossen wird, nur eine einfache Mehrheit. Und die ist kein Problem.

Die NLB-Klubs haben nun bis November Zeit, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten. Dann folgt im nächsten Februar die Abstimmung an der Nationalliga-Versammlung. Die Mehrheiten sind so klar, dass die «Kern-NLB-Klubs» (Ajoie, La Chaux-de-Fonds, Langenthal, Visp, Olten, Martigny und Thurgau), die diesen neuen Modus bekämpfen, auf verlorenem Posten stehen. Ein Alternativvorschlag ist ebenfalls chancenlos.

Anruf an die Hallwylstrasse 4

Noch versuchen Diplomaten wie Gian Kämpf, der Manager des SC Langenthal, mit guten Argumenten die NLA-Klubs von dieser Modusänderung abzubringen. Es ist vergebliche Liebesmühe. Zu gross ist inzwischen die Arroganz der NLA-Klubs gegenüber allen Wünschen der NLB.

Deshalb wird von Juristen im stillen Kämmerlein bereits ein massiver Gegenschlag zur Verhinderung der Modusänderung vorbereitet – nach dem «Dissuasions-Prinzip», der Grundphilosophie unserer Armee. «Dissuasion» steht als Fachausdruck für militärische Abschreckung. Der Preis für einen Angriff muss so hoch sein, dass auf einen Angriff verzichtet wird. Es ist die Androhung von Massnahmen mit dem Ziel, eine andere Person oder Gruppe von bestimmten nicht erwünschten Handlungen abzuhalten.

Wenn die NLA-Klubs auf der Modus-Änderung beharren, werden mehrere NLB-Klubs (die sich noch nicht aus der Deckung wagen und deren Vertreter sich deshalb noch nicht zitieren lassen, um nicht schon jetzt Druckversuche der NLA-Vertreter zu provozieren) die Hallwylstrasse 4 in Bern anrufen. Dort logiert die Wettbewerbskommission (WEKO). Sie ist die Hüterin des freien Wettbewerbs und ihr blitzendes juristisches Schwert ist das Kartellgesetz.

So sieht's an der Hallwylstrasse 4 aus.

Eine Klage bei der WEKO wäre für die Hockey-Nationalliga brandgefährlich. Denn der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch NLA-Klubs gegenüber den NLB-Unternehmen im gleichen freien Markt ist inzwischen in mehreren Bereichen so offensichtlich, dass selbst ein gescheiterter Jus-Student diese Klage aufsetzen könnte.

Modustechnisches Eigentor

Was die Sache so gefährlich, macht: Wenn die WEKO sich erst einmal intensiv mit den Strukturen der Nationalliga auseinandersetzen sollte, dann kann das gesamte juristische Konstrukt zusammenbrechen wie ein Kartenhaus. Denn es basiert in vielen zentralen Bereichen (wie dem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes, der Ausländerbeschränkung und dem Verzicht, im Rechtsstreit ein staatliches Gericht anzurufen) auf gesetzeswidrigen sogenannten Gentlemen-Agreements. Die funktionieren nur, weil es bisher keinen Kläger gegeben hat. Wo kein Kläger, da ist auch kein Richter und keine WEKO.

Bereits im Frühjahr 2007 konnte der wiederholt im Aufstiegskampf gescheiterte EHC Biel nur mit viel diplomatischem und juristischem Geschick von einer ähnlich gelagerten Klage und einem Gang vor ein staatliches Gericht abgehalten werden. Im Frühjahr 2008 stiegen die Bieler dann in die NLA auf und die Gefahr war gebannt. Es ist eine Ironie der Hockeygeschichte, dass die Bieler, die einst das «Kartell NLA» so heftig bekämpft haben, inzwischen auf die Seite jener gewechselt haben, die alles daransetzen, mit dem «Kartell NLA» den Auf-/Abstieg zu erschweren.

Die Bieler Spieler bedanken sich bei ihrem Goalie Jonas Hiller nach dem 6:2 Erfolg im Eishockey National League A Spiel zwischen dem EHC Biel und dem HC Davos, am Dienstag, 13. September 2016 in der T ...
Die Bieler haben in der Auf-/Abstiegsdiskussion die Seiten gewechselt.Bild: KEYSTONE

Das ganze absurde Modus-Theater birgt noch eine Gefahr in sich: Die SCL Tigers, ebenfalls eifrige Befürworter der Modus-Änderung, sind so schwach, dass ein Abstieg Ende Saison nach wie vor nicht ganz auszuschliessen ist. Das wäre die bitterste aller Ironien, wenn die Langnauer absteigen und zuvor geholfen haben, einen Wiederaufstieg in der Saison 2017/18 praktisch zu verunmöglichen. Es wäre sozusagen modustechnisches ein Eigentor.

Das wird alles neu in der National League A 2016/17

Unvergessene Eishockey-Geschichten

Alle Storys anzeigen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
38 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
N. Y. P. D.
16.09.2016 16:56registriert Oktober 2015
Wichtig ist,
dass ihr NLB-Clubs euch wehrt.
Die NLA-Clubs wollen euch mit dem Kniff der 4 Ausländer-Regel nur künstlich unten halten.
Und der Abstiegskampf in der NLA war bisher immer hochspannend, im Wissen, dass es eben tatsächlich um den Abstieg geht..
Falls nötig, schaltet die WEKO ein. Ich will keinen Abstiegskampf sehen, wo nur pro Forma um den Abstieg gekämpft wird.
782
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schreiberling
16.09.2016 17:09registriert Februar 2014
Richtig so NLB-Clubs. Auch als Supporter eines NLA-Teams finde ich, ihr habt recht. In der Ligaquali MUSS mit gleich langen Spiessen gekämpft werden.
731
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tom Garret
16.09.2016 17:52registriert Juli 2014
Mich ärgert es gewaltig das man immer mehr eine geschlossene Liga will. Die NLB ist attraktiv und hätte eigentlich einige gute Mannschaften. Dass man nun so viele Farmteams parkiert finde ich daneben. Generell ist der Schweizer Hockey Modus zum weinen. 50 Spiele bei 12 Teams? Abstiegt praktisch unmöglich (schon jetzt), das ist doch Blödsinn... Als mehr oder weniger neutraler Zuschauer sähe ich gerne mal Olten oder Ajoie wieder in der NLA. Wenn man versuchen würde die NLB noch attraktiver zu machen wäre auch ein Abstieg weniger schlimm da man Chancen hat wieder aufzusteigen...
722
Melden
Zum Kommentar
38
Vettel denkt «natürlich» über Comeback nach und «liebäugelt» mit Formel-1-Rückkehr
Sebastian Vettel denkt an einen Rücktritt vom Rücktritt. Doch es gibt gleich mehrere Gründe, die für ihn gegen das Leben als Formel-1-Fahrer sprechen.

Der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel schliesst ein Comeback in der Königsklasse nicht kategorisch aus. «Ich glaube, dass ich damals gesagt habe, dass ich nicht weiss, ob ich einen Punkt erreichen werde, wo ich sage: Ich will zurück. Im Moment ist er auch nicht erreicht», sagte der 36-Jährige im Interview mit RTL/ntv: «Ich kann ihn aber weiterhin nicht ausschliessen. Wer weiss, was die Zukunft bringt.»

Zur Story