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Hat der SC Bern ein Torhüterproblem?

Marco Bührer geschlagen, der Puck hinter ihm im Tor.
Marco Bührer geschlagen, der Puck hinter ihm im Tor.Bild: KEYSTONE
Ist Marco Bührers Zeit vorbei?

Hat der SC Bern ein Torhüterproblem?

Stell Dir vor, ein Torhüter wird kritisiert und merkt es nicht. So ist es bei SCB-Goalie Marco Bührer (34). Der SC Bern hat möglicherweise erstmals seit 1987 ein Goalieproblem – und keiner wagt es zu thematisieren.
12.09.2014, 06:5612.09.2014, 08:27
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SCB-Sportchef Sven Leuenberger hat das gescheiterte Meisterteam von 2013 umgebaut und auf dem Transfermarkt alles Menschenmögliche unternommen. Der SC Bern ist mit fünf kanadischen Ausländern zu seinen nordamerikanischen Wurzeln zurückgekehrt. Aber um Marco Bührer, den wichtigsten Einzelspieler, ist es merkwürdigerweise windstill geblieben. Dabei war der Zürcher mit einer Formschwäche im letzten Herbst einer der Architekten des SCB-Untergangs.

Obwohl Marco Bührers Fangquote auch letzte Saison nicht unter die 90 Prozent-Marke rutschte, wird im Umfeld des grössten Hockeyunternehmens seit gut einem Jahr immer wieder über die Torhüterleistung gemurrt. Aber ein Goalieproblem kann sich der SCB nicht leisten. Die neuen Ausländer können skoren wie sie wollen, Eric Blum mag an der blauen Linie tanzen wie er will – nur wenn Bührer sein bestes Hockey spielt, kann der SCB in die Spitzengruppe zurückkehren. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wagt in Bern niemand, den Torhüter zu thematisieren.

Bührer kümmert es nicht, was über ihn gesagt oder geschrieben wird.
Bührer kümmert es nicht, was über ihn gesagt oder geschrieben wird.Bild: Urs Lindt/freshfocus

«Ich lese nie etwas über den SCB und bin weder auf Facebook noch auf Twitter»

Die Frage geht also an Marco Bührer, wie er denn mit dieser leisen, aber unüberhörbaren Kritik aus dem Umfeld und in den Medien umgehe. «Kritik? Davon weiss ich nichts …» Er sagt es mit ehrlicher Verwunderung. Bührer ist kein Ignorant und schon gar kein seltsamer Kauz. Sondern ein freundlicher und kommunikativer 34-jähriger Familienvater. Er scheint die Verwunderung des Fragestellers zu spüren und liefert die Erklärung nach. «Ich lese im Sportteil der Zeitungen oder in Online-Medien bewusst nie etwas über den SC Bern oder über mich. Ich schaue auch nie in Online-Foren rein. Ich bin auch nicht im Facebook oder auf Twitter zu finden.»

Alles zur neuen Saison

Diese «Medien-Abstinenz» habe er sich sozusagen antrainiert: «Ich habe schon bald nach meiner Ankunft in Bern (2001 als Nachfolger von Renato Tosio, Anmerkung der Redaktion) mit Hilfe unseres Sportpsychologen Jörg Wetzel nach und nach gelernt, mich durch äussere Einflüsse und die Vergangenheit nicht ablenken zu lassen und nur vorwärts zu schauen. Was soll ich einen Matchbericht lesen? Ich habe ja selber gespielt und mit dem Coach meine Leistung analysiert.» Für ihn zähle bei der Beurteilung ausschliesslich die interne Analyse: «Der Coach, der Goalietrainer und der Sportchef sind schliesslich Fachleute.»

«Bin gerne bereit, zurückzustehen»

Kritische Fragen stören ihn noch aus einem Grund nicht. Er ist eines der ganz raren Goalie-Alphatiere, die mit ihrer Nummer 2 in echter Harmonie und Frieden leben. Seit Jahren kommt beim SC Bern auch die Nummer 2 regelmässig zu Einsätzen. Das war mal anders. Renato Tosio gönnte in 14 Jahren seinem Ersatztorhüter nicht einen einzigen Einsatz. Marco Bührer ist da ganz locker und sagt, es sei wichtig, dass ein Goalie Spielpraxis bekomme. Er unterstütze Matthias Mischler, wo er nur könne.

In der Champions League hat Bührer in dieser Saison bereits Ernsteinsätze hinter sich.
In der Champions League hat Bührer in dieser Saison bereits Ernsteinsätze hinter sich.Bild: EPA/KEYSTONE

Marco Bührer steht vor der 14. Saison mit dem SCB. Der Vertrag läuft noch bis Ende Saison 2015/16 und seine Zukunft sieht er «goalie-untypisch» entspannt: «Sollte der SCB auf einen jungen, vielversprechenden Torhüter setzen, dann bin ich gerne bereit, ihm zu helfen und zurückzustehen.» Sollte ein anderer die Nummer 1 werden – es wäre für Marco Bührer wahrscheinlich kein Problem.

Mit ein bisschen Boshaftigkeit können wir noch einen Grund für Marco Bührers Gelassenheit finden. Wenn es denn tatsächlich so sein sollte, dass der SC Bern ein Torhüterproblem hat, dann wird daraus sehr schnell ein Trainerproblem. Nicht Marco Bührer wird dann gefeuert. Sondern Trainer Guy Boucher.

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