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Wieso der Wechsel nach Vancouver für Sven Bärtschi nicht nur die zweite Chance in der NHL ist – sondern auch seine letzte

Bärtschi (rechts) im Dress seines alten Klubs Calgary.
Bärtschi (rechts) im Dress seines alten Klubs Calgary.Bild: AP
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Wieso der Wechsel nach Vancouver für Sven Bärtschi nicht nur die zweite Chance in der NHL ist – sondern auch seine letzte

Sven Bärtschi (22) beginnt auch in Vancouver im Farmteam und er wird vorerst noch nicht Millionär. Aber er bekommt seine letzte Chance – wenn es Bärtschi in Vancouver nicht schafft, dann ist seine NHL-Karriere zu Ende.
04.03.2015, 09:1404.03.2015, 11:28
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Wie kommt Calgary dazu, seinen Erstrundendraft Sven Bärtschi für ein Linsengericht (ein Zweitrunden-Draftrecht) ausgerechnet zum Erzrivalen Vancouver zu transferieren? Schafft es Sven Bärtschi bei Vancouver, wird der Zorn der Fans in Calgary gross sein. Der Schweizer, Spitzname «Svensational», ist in Calgary nach wie vor populär.

Und wie kommt ausgerechnet Vancouver dazu, fünf Minuten vor Transferschluss einen Spieler zu holen, von dem niemand weiss, ob er es je in die NHL schaffen kann? Die Hintergründe dieses Tauschgeschäftes sind sehr lehrreich.

Bärtschis «Entdecker» sorgt für die Wiedervereinigung

Die Nordamerikaner sagen, man solle niemals Brücken hinter sich abbrechen und man begegne sich immer mehrmals im Leben. Wie uns der «Fall Bärtschi» zeigt, gilt das erst recht auf dem Planeten Hockey. Es geht um Eitelkeiten, gute Beziehungen und einen durchaus talentierten Spieler.

John Weisbrod hat in Calgarys Management den Draft von Sven Bärtschi zu verantworten. Er war als stellvertretender General Manager für die Sportabteilung verantwortlich. Hat er sich getäuscht? Jedenfalls ist er in Calgary letzte Saison gefeuert worden.

John Weisbrod, der den Deal eingefädelt hat.
John Weisbrod, der den Deal eingefädelt hat.Bild: Getty

Heute arbeitet John Weisbrod in der gleichen Position bei Vancouver. Er steht hinter dem Transfer von Sven Bärtschi. Schafft es der Schweizer, dann kann Weisbrod Calgary beweisen, dass er doch recht hatte, und darüber hinaus ist Vancouver zu einem Spottpreis zu einem erstklassigen Spieler gekommen. Weisbrods Name wird nicht mehr im Zusammenhang mit einem miserablen Erstrundendraft genannt. Sondern im Zusammenhang mit einem guten Draft und einem schlauen Transfer. Sein Ego ist dann wieder auf Hochglanz poliert. Er hat ein fundamentales Interesse daran, Sven Bärtschi zu fördern. Vancouver wird, wenn nötig, mit dem Schweizer viel, viel Geduld haben.

Bessere Voraussetzungen für einen Neustart sind nicht denkbar

Vancouvers Pläne mit Sven Bärtschi sind langfristig. Er wird jetzt im Farmteam sorgfältig aufgebaut – und dort arbeitet Travis Green als Cheftrainer. Er war Sven Bärtschis Juniorentrainer in Portland und ist einer der grössten Förderer und Fans des ehemaligen Langenthaler Juniors. In Vancouver finden wir also die zwei wichtigsten Männer in Sven Bärtschis Nordamerika-Karriere: den Trainer seines Juniorenteams und den Manager, der seinen Draft in Calgary orchestriert hat. Bessere Voraussetzungen für einen Neustart sind nicht denkbar.

Sven Bärtschis Agent André Rufener hat in den letzten Tagen viel Zeit und Telefonspesen investiert, um diesen Transfer möglich zu machen. Es gab auch ein gewisses Interesse in Carolina, Arizona und Pittsburgh – doch optimale Voraussetzungen gibt es eben nur in Vancouver. Dem Wechsel nach Vancouver hat Calgary schliesslich ziemlich exakt fünf Minuten vor Transferschluss doch noch zugestimmt.

Das Management hatte zuvor entschieden, den Vertrag mit Sven Bärtschi im Sommer auf keinen Fall mehr zu verlängern – also besser, man gibt ihn jetzt weg und beendet das ständige Theater um einen talentierten Spieler, der beim Coach doch keine Gnade findet. Wegen dieses «Bärtschi-Handels» verliert inzwischen in Calgary intern niemand mehr die Ehre.

Bärtschi muss sich bei den Canucks erst im Farmteam beweisen, ehe er in die NHL berufen wird.
Bärtschi muss sich bei den Canucks erst im Farmteam beweisen, ehe er in die NHL berufen wird.Bild: Chris O'Meara/AP/KEYSTONE

Das «Vorbild» Niederreiter

Der Churer Nino Niederreiter konnte nach seinem Transfer von den Islanders zu Minnesota seine NHL-Tauglichkeit sofort unter Beweis stellen und nach beeindruckenden Leistungen in den Playoffs hat er einen neuen Dreijahresvertrag im Wert von acht Millionen Dollar bekommen.

So wird es bei Sven Bärtschi nicht laufen. Zuerst einmal muss sein Selbstvertrauen im Farmteam wieder aufgebaut werden. Er wird diese Saison in der NHL nur noch zum Zuge kommen, wenn es in Vancouver verletzungsbedingte Ausfälle gibt. Er wird im Sommer bei den Vertragsverhandlungen also eine viel schwächere Position als Niederreiter haben.

Bärtschis zweite und letzte Chance

Vancouver braucht mehr offensive Feuerkraft im zweiten Block – und die soll Sven Bärtschi nächste Saison bringen. Er wird deshalb in Vancouver im Sommer einen neuen Vertrag bekommen. Aber er wird mit diesem Vertrag noch nicht Dollar-Millionär – oder wenn, dann wird das Salär nur knapp mehr als eine Million betragen. Entscheidend ist noch nicht das Geld. Sondern die Chance, doch noch ein NHL-Stammspieler zu werden. Das grosse Geld kommt erst dann, wenn er sich in der NHL durchgesetzt hat.

Sven Bärtschi ist erst 22 Jahre alt. Er hat mehr als genug Zeit, um Millionär zu werden. Aber er muss es in Vancouver schaffen. Er wird keine NHL-Organisation für eine dritte Chance finden.

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