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Hillers Wechsel zum EHC Biel – ein nicht ganz ungefährliches «Millionenlos» für Kevin Schläpfer

Jonas Hiller hat eine rabenschwarze Saison hinter sich.
Jonas Hiller hat eine rabenschwarze Saison hinter sich.
Bild: Nam Y. Huh/AP/KEYSTONE
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Hillers Wechsel zum EHC Biel – ein nicht ganz ungefährliches «Millionenlos» für Kevin Schläpfer

Jonas Hiller (34) wechselt für drei Jahre zum EHC Biel – das ist der wichtigste Transfer der letzten Jahre. Trainer Kevin Schläpfer muss nun mit einem zweiten «Hockeygott» leben lernen.
19.04.2016, 12:5819.04.2016, 15:41
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Es gibt nur wenige Transfers, die das Leistungsvermögen einer Mannschaft verändern. Zu dieser Kategorie gehört etwa der Transfer von Martin Plüss im Sommer 2008 von Frölunda zum SC Bern. Und nun zügelt Jonas Hiller, einer der besten Schweizer Torhüter aller Zeiten, von Calgary nach Biel. Es ist der wichtigste NLA-Transfer seit dem Wechsel von Plüss zum SCB.

Der ehemalige HCD-Goalie verwandelt den Tabellenletzten, der diese Saison zeitweise um den Klassenerhalt bangen musste in einen sicheren Playoff-Kandidaten. Oder wird Jonas Hiller überschätzt? Sollte uns die Geschichte eine Warnung sein? Im Laufe der Saison 2007/08 holte Lugano mit David Aebischer ebenfalls einen NHL-Goalie zurück. Der ehemalige Stanley-Cup-Sieger war damals erst 29, fünf Jahre jünger als jetzt Jonas Hiller. Aber er vermochte die hohen Erwartungen weder in Lugano noch später bei den Lakers zu erfüllen.

Hillers Fangquoten in der NHL

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Aber Jonas Hiller ist nicht David Aebischer. Er ist eine Nummer grösser. David Aebischer war der Pionier. Er ebnete den Schweizern den Weg in die wichtigste Liga der Welt – aber ein Star wurde er dort nicht und nur eine Saison lang (2003/04) war er in der NHL (bei Colorado) unbestritten die Nummer 1.

Jonas Hiller hat eine ganz andere NHL-Karriere hinter sich. Er war nicht nur in Davos ein Meistergoalie. Er war in Anaheim und zumindest in der ersten Saison in Calgary die Nummer 1, wurde für das All-Star-Game aufgeboten und mit einem Jahressalär von 4,5 Millionen Dollar verdiente er letzte Saison fast doppelt so viel wie David Aebischer in seiner besten Zeit.

Ruhiger Blocker mit starkem Stellungsspiel

Jonas Hiller und David Aebischer unterscheiden sich auf von ihrer Spielweise her. Ja, es gibt kaum gegensätzlichere Stilisten. Hiller ist ein schon fast provozierend ruhiger Blocker mit einem ausgeklügelten Stellungsspiel und ist in der «unteren Etage» (also in der unteren Torhälfte) fast nicht zu überwinden. Er wirkt optisch so, als ziehe er die Pucks wie ein Magnet an. Aebischer war hingegen ein schon fast wilder Spektakel-Goalie, der die Stürmer herausforderte und dabei Gefahr lief, überlistet zu werden.

Hiller Griff zuletzt öfter mal daneben.
Hiller Griff zuletzt öfter mal daneben.
Bild: AP/The Canadian Press

Ein Vergleich mit Martin Gerber, dem dritten grossen Schweizer Torhüter in der NHL, ist nicht möglich. Der Emmentaler kam erst 2013 nach Kloten und zu diesem Zeitpunkt lag seine grosse Zeit in der NHL schon drei Jahre zurück und er hatte zuletzt in der KHL, in Finnland und in Schweden gespielt. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits 39 Jahre alt.

Aber er war immer noch gut genug, um Kloten 2014 bis in den Playoff-Final gegen die ZSC Lions zu hexen. Wir wir heute wissen, das wohl letzte «Hurra» der Klotener. Jonas Hiller ist nun bei der Rückkehr in die Heimat nicht nur fünf Jahre jünger als Martin Gerber beim Transfer von Rögle nach Kloten – er wechselt auch direkt aus der NHL in die NLA.

Teuerster Biel-Spieler aller Zeiten

Wir sehen also: Jonas Hiller wird nicht der neue David Aebischer und auch besser als Martin Gerber sein. Er wird Biel zu einem sicheren Playoff-Anwärter machen – oder die Trainerkarriere von Kevin Schläpfer in Biel geht zu Ende. Jonas Hiller ist ein «Millionenlos» für Trainer Kevin Schläpfer. Aber kein ungefährliches. Die Erwartungen sind hoch. Biel hat durch den Transfer dieses grossen Torhüters erstmals seit dem Wiederaufstieg von 2008 die Unschuld des Aussenseiters verloren.

Scheitert Biel, dann wird es das Scheitern des Trainers sein. Denn mit Jonas Hiller hat Biel nun neben seinem Trainer einen zweiten «Hockeygott». Diese Saison waren die Probleme mit den Goalies eine wohlfeile Ausrede für das Abrutschen auf den letzten Platz. Die gibt es nicht mehr.

Als HCD-Goalie: Jonas Hiller im April 2007 mit dem Meisterpokal.
Als HCD-Goalie: Jonas Hiller im April 2007 mit dem Meisterpokal.
Bild: KEYSTONE

Es wird aus finanziellen, politischen und sportlichen Gründen unmöglich sein, Jonas Hiller in einer Krise zum Sündenbock zu machen. Wenn es nicht läuft, dann wird der Zorn des Hockeyvolkes in Biel den Trainer treffen. Und wenn es läuft, dann wird Jonas Hiller als neuer «Hockeygott» gefeiert – und nicht mehr nur Kevin Schläpfer.

Biels Manager Daniel Villard sagt, er könne Jonas Hiller über das ordentliche Budget finanzieren. «Wir erhöhen das Budget leicht und werden bei den Ausländern etwas weniger Geld ausgeben.» Aber er räumt ein: «Wir haben jetzt erstmals einen Spieler im Kader, der mehr als 300'000 Franken verdient». Jonas Hiller ist also der teuerste Spieler in der Geschichte des EHC Biel. Der Appenzeller wird in den drei Jahren in Biel etwas mehr als eine Million Franken verdienen. Es ist sehr gut investiertes Geld. Jonas Hiller ist nicht nur für Biel, sondern für die ganze Liga ein Gewinn.

Gekommen, um zu bleiben

Trainer Kevin Schläpfer reagiert etwas unwirsch auf die Bemerkung, er habe mit Jonas Hiller sozusagen ein «Millionenlos» gezogen. «Ich breche wegen dieses Transfers nicht in Euphorie aus. Es ist wichtig, dass wir auf dem Boden bleiben.» Er ahnt: Wenn seine Jungs im Wissen, dass auch im Tor und nicht mehr nur an der Bande ein «Hockeygott» steht, in defensive Sorglosigkeit verfallen, dann wird es nichts mit Playoffs im Frühjahr 2017.

Jonas Hiller ist eine charismatische Persönlichkeit, die in Biel die Kabine «füllen» wird. Ein Problem sollte das für Kevin Schläpfer nicht sein. Er ist in der Lockout-Saison ja auch mit den NHL-Stars Tyler Seguin und Patrick Kane klar gekommen. Aber es gibt schon einen Unterschied: Jeder wusste, dass Seguin und Kane nur Gäste sind. Jonas Hiller aber ist gekommen, um zu bleiben. Kevin Schläpfer muss erstmals mit einem zweiten «Hockeygott» an seiner Seite leben lernen. Biels charismatischer Trainer steht vor seiner aufregendsten, aber auch vor seiner schwierigsten Saison.

Die ersten Worte von Jonas Hiller über seinen neuen Arbeitgeber.
Die ersten Worte von Jonas Hiller über seinen neuen Arbeitgeber.
bild: facebook/ehcb

Jonas Hiller sagt zu seiner neuen Herausforderung: «Nach neun Jahren in der NHL freue ich mich wieder in die Schweiz zurück zu kehren. Es wird eine neue Herausforderung und der Druck sowie die Erwartungen sind hoch, das bin ich mir bewusst. Biel hat ein junges Team mit viel Potenzial und ich hoffe, dass ich mit meiner langjährigen Erfahrung diese Mannschaft weiterbringen kann.» Er freue sich riesig auf die Zeit in Biel. «Biel ist natürlich auch geografisch für meine Familie und mich perfekt. Wir besitzen ausserhalb von Bern ein Haus.»

Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga

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Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
Saison 2017/18: EHC Kloten (Aufsteiger: Rapperswil-Jona Lakers)
quelle: keystone / gian ehrenzeller
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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MacB
19.04.2016 13:25registriert Oktober 2015
Wow, ein Hammertransfer. Ich hätte ihn gern auch wieder in Davos gesehen. Aber ist wohl schon gut so, Davos soll weiterhin junge Torhüter aufbauen, das können sie.

Freue mich, Hiller wieder zu sehen.
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Robert E. Lee
19.04.2016 13:15registriert Dezember 2014
Jetzt benötigen wir "nur" noch einen Verteidigungsminister à la Daniel Poulin, sowie einen Skorer à la Normand Dupont. Erst dann wage ich von den Playoffs zu träumen....
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Bruno Wüthrich
19.04.2016 14:48registriert August 2014
Es ist wirklich ein Hammertransfer, der den EHC Biel gehörig nach vorne bringen kann. Doch aufgepasst!

Bleibt die Spielausrichtung des EHCB gleich wie bisher, steht Jonas Hiller erstmals in seiner Karriere hinter einer Lotterabwehr. Wird er seine Abwehr stabilisieren, oder wird ihn seine Abwehr destabilisieren? Zwar ist Ersteres zu vermuten, doch das Zweite nicht auszuschliessen.

Nur wenn Kevin Schläpfer dem EHCB ein defensives Konzept verpasst (wie Lausanne unter Ehlers mit Huet), ist einigermassen sicher, dass in Biel erfolgreicher (aber unspektakulärer) Eishockey gespielt werden kann.
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Wir wünschen euch einen so guten Tag, wie ihn Pep damals beim Training hatte
Du hast schlechte Laune? Führ' dir mal dieses Video von Manchester-City-Coach Pep Guardiola zu Gemüte. Es geht dir dann besser, versprochen.

(Und Pep selbst sollte es vielleicht auch gleich schauen, nachdem er gestern Abend auf ziemlich bittere Art und Weise aus der Champions League ausgeschieden ist und sich emotional gerade in weniger berauschenden Dimensionen bewegen dürfte ...)

Liebe Community,
aktuell kann einem vieles auf die Stimmung schlagen (was soll dieser erneute Wintereinbruch, gopf?! Schnee??? Ernsthaft?
🤬). Aber jetzt bloss nicht den Kopf hängen lassen. Wir haben hier eventuell genau die Dopamin-Spritze, die ihr braucht. Toggi meinte jedenfalls, ihm sei es nach dem Video direkt wieder besser gegangen. «So fühl ich mich amis, und so rede ich zu den Kindern, wenn die mal selber das Zimmer aufgeräumt haben», gab er zu Protokoll.

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