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Das gleiche Drehbuch, die gleiche Sportart, das gleiche Resultat – und doch ist am Schluss alles anders. Gegen Lugano liegt Kloten nach dem ersten Drittel 0:3 zurück, wechselt den Goalie und gewinnt am Ende 8:3. Gegen die ZSC Lions liegt Kloten drei Tage später nach dem ersten Drittel 0:3 zurück, wechselt den Goalie – und verliert am Ende 2:4.
Warum war für die Klotener nach dem Startdrittel auf einmal alles anders? Weil sie vom Surfbrett aufs Ruderboot umsteigen mussten. Gegen die Tessiner, diese zerstrittenen «Harlem Globetrotters» des Hockeys, eine Mannschaft, die sich in einem dramatisch-dynamischen Auflösungsprozess befindet, war es eine Surfpartie. Als die Zürcher einmal die richtige Welle erwischt hatten, sausten und brausten sie dem Sieg entgegen.
Die ZSC Lions sind aus anderem, härterem Holz geschnitzt. Um gegen diesen Gegner im Hallenstadion ein 0:3 aufzuholen, hätten die Klotener ins Ruderboot umsteigen und den Rückstand in mühseliger Arbeit abtragen müssen. Sie hätten sich gewaltig am Riemen reissen müssen. Sie versuchten es ab dem zweiten Drittel. Sie probierten alles. Aber es reichte nicht. Bei weitem nicht.
Denn die ZSC Lions traten gestern nicht nur im spielerischen Sonntagsgewand auf (bis zum 3:0), spielten das schnellste, beste Startdrittel der Saison (mit 21:3 Torschüssen). Sie machten auch im Überkleid der taktischen Monteure gute Figur und arbeiteten im Maschinenraum des Spielsystems hart und diszipliniert. «Wir waren im ersten Drittel so passiv, dass wir uns fast schämen müssen» sagte Klotens Romano Lemm selbstkritisch. «Dann haben wir in den Spiegel geschaut und die härtere Gangart angenommen.» Aber eben: Es war zu spät.
Nach zwei Derby-Niederlagen im eigenen Stadion waren die ZSC Lions bestrebt, ein Zeichen zu setzen und sorgten dafür, dass es eines der intensivsten Derbys der letzten Jahre wurde. Wenn es ihnen gelingt, ganze Spiele so aufzutreten wie im ersten Drittel dieses Derbys, dann werden sie Meister.
Die kleinen Gehässigkeiten, die im Laufe des Mitteldrittels aufkamen, bescherten den ZSC Lions schliesslich die definitive Entscheidung. Tommi Santala wird nach einem Wort-, Faust- und Stockgefecht mit Verletzungsfolge gegen Patrick Thoresen in die Kabine geschickt (53.). Der Norweger verliert zwei Zähne, verlässt kurz das Eis, kehrt bereits fürs Powerplay wieder und spielt die Partie zu Ende. Er sagte hinterher, er wisse nicht, was in Tommi Santala gefahren sei.
Der Sünder verliess beinahe wortlos das Hallenstadion. Er strebte mit den Worten, er habe keine Lust, über die Sache zu reden, knurrig an den Chronisten vorbei dem Ausgang zu. Er ist eben mit ziemlicher Sicherheit der böseste, wuchtigste und hitzigste finnische Stürmer, der je auf Schweizer Eis gespielt hat. Schon immer im Wesen und Wirken ein wenig wie Esa Tikkanen und weniger wie Jari Kurri.
Letztlich ein logischer, hochverdienter Sieg (50:15 Torschüsse) der physisch stärkeren, erfahreneren und talentierteren Mannschaft. Patrick Geerings Treffer zum 4:2 ist ein gelungener Schlusspunkt. Auf der Tribüne sitzt nämlich wieder einmal Erich Wüthrich (72). Eine Legende unseres Hockeys (u. a. Verbandsdirektor, Manager in Davos und Kloten) und jetzt, im wohlverdienten Ruhestand noch ein wenig Spielerberater («Agent Silberpfeil») für erlesene Kundschaft. Er hat auch den Wechsel von Leonardo Genoni von Davos nach Bern orchestriert.
Erich Wüthrich vertritt die Interessen von Patrick Geering. «Spieler wie Patrick Geering sollten nicht abgeworben werden», sagt ZSC-Manager Peter Zahner. «Weil sie einen Klub verkörpern.» Der robuste, verlässliche Verteidiger mit der besten Plus/Minus-Bilanz der gesamten Liga (+15) gehört zur DNA der ZSC Lions und hat ausser für die Nationalmannschaft nie für eine andere Organisation als die ZSC Lions gespielt. Er ist aussichtsreicher Kandidat, um einmal das Amt des Captains von Mathias Seger (38) zu übernehmen. Sportchef Edgar Salis kann sich den Wegzug von Patrick Geering gar nicht leisten.
Der Jahres-Salär-Marktwert eines Zweiweg-Verteidigers mit den Qualitäten von Patrick Geering liegt meilenweit jenseits der «Schallmauer» von 400'000 Franken. Aber bei so treuen Spielern, die nie den Klub gewechselt haben, ist es für den Agenten nicht leicht, bei der Vertragsverlängerung ein höheres Salär herauszuholen. Und das Publikum neigt dazu, diesen «Ur-Zürcher» zu unterschätzen. Weil er seit dem Aufrücken in die Mannschaft (2008) nie ganz aus dem medialen Windschatten der Titanen (Beat Forster, Mathias Seger, Severin Blindenbacher) herausgekommen ist.
Frage an Erich Wüthrich: Werden Sie bei den anstehenden Verhandlungen mit Edgar Salis mindestens 400'000 Franken fordern? Er sagt schlau: «Dann wäre ich ein schlechter Agent.» Aber er sagt nicht, ob er mit «schlecht» unverschämt meint (und daher weniger fordern wird) oder ob er mit «schlecht» an zu grosse Bescheidenheit denkt und mehr als 500'000 Franken herauszuholen versucht.
Mehr als eine halbe Million Jahreslohn für Patrick Geering? Ja, das muss das Ziel von Erich Wüthrich sein. Unabhängig von der Dauer des neuen Vertrages. Sportchef Edgar Salis muss für eine kräftige Lohnerhöhung ja nicht einmal das Salär-Budget überziehen. Er kann es umschichten, wenn er Schillerfalter Luca Cunti (27) keinen neuen Vertrag mehr gibt. Was inzwischen intern mehr oder weniger beschlossene Sache ist.
Der ZSC muss ihn um jeden Preis halten, bei ihm gibt es keine Schmerzgrenze.