Wer ist gut? Wer ist wichtig? Wir können wochenlange Seminare veranstalten und doch finden wir in dieser Frage keine Einigkeit. Tore, Assists, Strafminuten und die Plus-/Minus-Statistik sagen zwar viel. Aber bei weitem nicht alles. Wäre die Beurteilung von Spielern so einfach, dann hätten die Sportchefs ein geruhsames Leben.
Die Statistiken sagen zum Beispiel nicht, welche Bedeutung ein Spieler in der Chemie einer Mannschaft hat. Welche Verdienste aus der Historie. Welche Ausstrahlung auf die Fans. Und erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur das Talent entscheidet. Die Persönlichkeit spielt eine fast so wichtige Rolle. Sportchefs holen Spieler, aber es kommen Menschen. Junge Männer, die dafür bezahlt werden, um zu spielen.
Wer mag also in einer so komplizierten Wissenschaft von einem Chronisten verlangen, keinem Irrtum zu unterliegen? Nicht berücksichtigt sind die Spieler, die nur als Gäste hier waren und bereits wieder in die NHL-Trainingscamps abgereist sind.
Wir zeigen die Top 50 der besten Spieler der ersten Qualifikationshälfte 2020/21 in einer fünfteiligen Serie. Hier der erste Teil:
Nach drei Lehrjahren in Schweden kehrte der 59-fache Junioren-Internationale (zwei WM-Turniere) im Sommer 2019 zu Gottéron zurück. Nun ist er in der zweiten Saison bereits Assistent von Captain Julien Sprunger. Wird er der nächste Julien Sprunger? Warum nicht? Eine Statistik als Spielerei: In seiner zweiten Saison kam Julien Sprunger in der ersten Mannschaft (2004/05) in der Qualifikation in 41 Spielen auf 16 Punkte. Sandro Schmid stand nach 20 Partien diese Saison bei 6 Punkten. Alles ist möglich ...
Eine grosse Nummer: Letzte Saison Topskorer der höchsten schwedischen Liga. Die flinke schwedische Zaubermaus (171 cm) bereichert mit genialen Zuckerpässen das nominell schwächste Angriffsspiel der Liga. Aber wo sind die Mitspieler, die auf seine Ideen eingehen? Es ist ein wenig, wie wenn einer wie der unvergessliche Yehudi Menuhin der Langnauer Dorfmusik etwas vorgeigen würde. Und unsere Liga ist eben so gut, dass auch ein Star aus der schwedischen Liga allein auf verlorenem Posten steht.
Lausanne holte ihn im Sommer aus Lugano, um ihn sogleich ohne einen einzigen Einsatz zu Fribourg zu transferieren. Hier ist der hochdotierte Junioren-Internationale (drei WM-Turniere, 73 Junioren-Länderspiele) zu einem der besten «unsung heros» der Liga geworden: Einst mit einer Bestleistung von 29 Punkten (2015/16 in Davos) vorwärts programmiert ist er nun der emsige Energielieferant in einer der besten Defensivlinien der Liga neben Matthias Rossi und Samuel Walser geworden.
Er war das grösste Talent des 1999er-Jahrgangs (fünf Junioren-WM-Teilnahmen, eine Saison in Nordamerika) und es war schon vom «nächsten Nino Niederreiter» die Rede. Aber im Männer-Eishockey fehlten ihm die Durchschlagskraft und Tempofestigkeit und vorübergehend schien sogar seine NL-Karriere in Gefahr. Bei den Lakers ist es ihm nun gelungen, in der höchsten Liga doch noch Fuss zu fassen und schon nach 20 Partien hatte er mehr Punkte (8) als je zuvor während einer ganzen Saison.
So stellt sich der EV Zug seine Pyramide vor: ein Eigengewächs erklimmt Stufe um Stufe, bis es ganz oben am grossen Rad dreht (2 Länderspiele). Nach 19 Partien hatte er als drittbester Schweizer Stürmer der Zuger schon gleich viele Punkte (11) gesammelt wie in den 50 Partien der letzten Saison. Gut ist er schon ganz oben angekommen. Gereift ist er nämlich im Farmteam EVZ Academy (53 Spiel/44 Punkte). Dieses Farmteam gibt es voraussichtlich nur noch diese und nächste Saison. Dann wird es aufgelöst.
Mit 17, als er von Ambri nach Langnau kam, war noch nicht einmal klar, ob es einmal für die höchste Liga reichen wird. Weil er nie in einer Junioren-Nationalmannschaft spielte, ist der «Spätzünder» auch für die U20-WM «vergessen» worden. Die Langnauer haben erst den Vertrag mit ihm bis 2023 verlängert und dann erst eingesetzt. Bereits in den zehn ersten Spielen sind ihm drei Treffer gelungen, zwei davon in spektakulären Direktschüssen im Powerplay. Der interessanteste «Rookie» der Saison.
Ist es Irrtum oder Bosheit, dass er so weit hinten aufgeführt wird? Nein. Nach den Schlagzeilen (seine Rückkehr in die Schweiz, wo er zuvor noch nie ein Meisterschaftsspiel bestritten hatte, war das grosse Sommer-Thema) ist Ruhe eingekehrt. Er «unterfliegt» das Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit und personifiziert die grösste Qualität der ZSC Lions: sie sind so ausgeglichen besetzt, dass selbst Sven Andrighetto in guter Form nicht mehr auffällt. Bleibt einer, der den Titelkampf entscheiden kann.
Nach fünf Jahren Davos hat er in Lausanne inzwischen einen Vertrag bis 2025 bekommen. Beeindruckte er bloss mit seiner NHL-Postur (193 cm, 95 kg). Nein, ganz offensichtlich steckt ihn ihm mehr als die beiden letzten Jahre in Davos mit Minus-Bilanzen (-5 und -14) vermuten liessen. Der «Abräumer» ist in Lausanne zu einem der verlässlichsten und zähesten Defensiv-Verteidiger der Liga gereift und kompensiert hölzerne Hände und Füsse mit smartem Stellungsspiel.
Schon nach 20 Partien hatte er mehr Punkte (8) auf dem Konto als je zuvor während einer ganzen Saison. Acht Jahre nach dem NL-Debüt mit den ZSC Lions und nach einem Umweg über Biel und Rapperswil-Jona scheint das ehemalige Supertalent (vier Junioren-WM-Turniere, 86 Junioren-Länderspiele, eine Ausbildungssaison in Schweden) in Ambri endlich am Ort seiner Bestimmung angelangt. Meister muss er ja nicht mehr werden. Er hat schon fünf Titel gefeiert: Vier als Junior, einer mit den ZSC Lions (2014).
Wahrscheinlich der furchtloseste Verteidiger der Liga. Keiner blockiert so viele Schüsse und er führt diese Statistik auch diese Saison an. Sich so ins feindliche Feuer zu begeben, hat seinen Preis: erst ein einziges Mal in seiner Profikarriere konnte er alle Spiele bestreiten (2011/12 in Zug), eine ganze Saison (2016/17) hat er wegen Verletzungen verloren. Im Herbst hat er bloss zwei Partien verpasst, schon 8 Punkte produziert und ist auf dem Weg dazu, seinen persönlichen Rekord (12 Punkte) bei weitem zu übertreffen.