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Eismeister Zaugg

Ein grosser Präsident geht – und ein grosser Verteidiger bleibt noch

Die EVZ-Fans müssen sich noch gedulden: Noch kommt Raphael Diaz nicht in die Schweiz zurück.
Die EVZ-Fans müssen sich noch gedulden: Noch kommt Raphael Diaz nicht in die Schweiz zurück.
Bild: KEYSTONE
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Der EVZ und Raphael Diaz: Ein grosser Präsident geht – und ein grosser Verteidiger bleibt noch

Heute übergibt Roland Staerkle die Führung des EV Zug an Hans-Peter Strebel. Ein grosser Präsident geht – und der grosse Verteidiger Raphael Diaz kommt noch nicht.
05.10.2015, 10:5205.10.2015, 17:38
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Kennst du Roland Staerkle (54)? Wahrscheinlich nicht. Und gerade deshalb ist er einer der besten Präsidenten der neueren Hockeygeschichte. Roland Staerkle übergibt heute Montag nach der Generalversammlung sein Amt an Hans-Peter Strebel (68).

Auch wenn der neue Chef 14 Jahre älter ist als der abtretende, ist es doch eine Stabsübergabe ganz so, wie es uns einst der grosse Dichterfürst Jeremias Gotthelf gelehrt hat. Der alte Bauer übergibt seinem Nachfolger einen schuldenfreien, neuen Hof mit prächtigem Viehbestand. Er zieht sich ins Stöckli (in die VIP-Loge) zurück, redet nicht mehr in den Tagesablauf hinein, hat aber guten Rat parat, wenn danach gefragt wird. Und wenn sein Nachfolger einen guten Handel machen kann, dann kramt er diskret ein paar Nötli aus dem Gänterli hervor.

Roland Staerkle hat den EVZ zu dem gemacht, was er heute ist.
Roland Staerkle hat den EVZ zu dem gemacht, was er heute ist.
Bild: KEYSTONE

Roland Staerkle steht mit seinem diskreten Wesen und Wirken für die Rolle der Klubpräsidenten im Sportgeschäft des 21. Jahrhundert. Er kommt 1994 noch unter dem legendären Fredy Egli in die Führung und wird 2006 Präsident. Er macht aus einem Hockeyklub mit handgestrickten Strukturen und nicht einmal 10 Millionen Umsatz ein Sport-Imperium, bestehend aus fünf Aktiengesellschaften, das mit einer Nachwuchs-Akademie, mit NLA-Hockey und Gastronomie fast 25 Millionen umsetzt.

Der EV Zug steht heute erstmals in seiner Geschichte unternehmerisch auf Augenhöhe mit den Titanen der Liga, mit dem SC Bern und den ZSC Lions. Keine Skandale, keine Schulden, vorzügliche Strukturen, wohlhabende Verwaltungsräte und der unternehmerische Mut zum vernünftigen Risiko und zu sportlichen Ambitionen, die nun mal zum Sport-Business gehören.

Viel Spektakel und eine neue Arena

Der scheidende Patron hat sich bescheiden im Hintergrund gehalten. Sein Ehrgeiz war es, gute Arbeit zu leisten und nicht auf der Bühne der   Eitelkeiten zu tanzen. Ein Unternehmen, das ein so emotionales Spiel wie Eishockey als Geschäft betreibt, kann langfristig nur mit einem Chef erfolgreich sein, dessen Führungsstil durch Sachlichkeit, Zurückhaltung und Pragmatismus geprägt wird. Roland Staerkle redete nie in die Mannschaftsaufstellung hinein, er sass nie auf der Spielerbank (wie das in unserem Fussball Operetten-Präsidenten zu tun pflegen). Dafür orchestrierte er beharrlich den Bau eines neuen Stadions, gewann die Volksabstimmung und heute spielt der EV Zug in einer der modernsten Arenen Europas.

Die Zuger Bossard Arena von oben.
Die Zuger Bossard Arena von oben.
Bild: KEYSTONE

Der EV Zug ist in den neun Jahren unter Roland Staerkle zwar nie über die Playoff-Halbfinals hinausgekommen, hat aber auf dem Eis viel Spektakel geboten. Neben dem Eis ist das Unternehmen trotz vieler Feuerköpfe in der sportlichen Abteilung (wie Doug Shedden) von Erschütterungen verschont geblieben. Mit einem harten Kurs gegen Unruhestifter ist es auch gelungen, im neuen Stadion für jene Ruhe und Ordnung zu sorgen, die der zahlende Zuschauer schätzt.

Roland Staerkle ist mit seiner diskreten Amtsführung durchaus ein Trendsetter. Nur noch im Tessin, wo die lokalen Märkte zwei Hockeyunternehmen nicht alimentieren können, finden wir inzwischen noch den archaischen Führungsstil aus dem letzten Jahrhundert. Eine Präsidentin (Vicky Mantegazza in Lugano) und einen Präsidenten (Philippo Lombardi in Ambri), die bekannter sind als ihre Manager. Aber anders geht es nicht – entweder bezahlen sie aus der eigenen Tasche das Defizit (wie in Lugano) oder sie sind so charismatisch, dass es gelingt, eine Männerrunde dazu zu bringen, Jahr für Jahr das Minus auszugleichen (wie in Ambri).

Der EVZ bald Serienmeister?

Wenn der neue Präsident Hans-Peter Strebel bei seiner Amtsführung so viel Glück hat wie im Geschäftsleben, wird der EVZ nun Serien-Meister.

Die Geschichte geht so: Ein Kunde liess in seiner Klosterapotheke in Muri AG ein Pulver untersuchen. Die darin festgestellten Substanzen werden heute weltweit in Medikamenten gegen Multiple Sklerose (MS) verwendet. Das Patent auf diesem Pulver ist Millionen wert und schwemmt dem neuen Vorsitzenden Tag und Nacht ohne Unterlass Geld in die Kasse. Er hat mit einer Million bereits für die Anschubfinanzierung der Akademie gesorgt.

1998 wurde der EVZ zum ersten und bislang einzigen Mal Schweizer Meister.
1998 wurde der EVZ zum ersten und bislang einzigen Mal Schweizer Meister.
Bild: KEYSTONE

Gelingt es nun den Verwaltungsräten auch noch, ihn dazu zu überreden, vom monetären Pulver, das aus dem heilenden Pulver kommt, ab und zu etwas in die Transfer-Kriegskasse zu schütten, dann pulverisiert der EVZ die Konkurrenz und der zweite Titel nach 1998 ist nur eine Frage der Zeit. Schade ist nur, dass der Führungswechsel ein Jahr zu spät kommt. Das Schweizer Hockey hätte vor einem Jahr einen Mann wie Roland Staerkle fürs Präsidium des Verbandes gebraucht. Schon einmal hat mit Fredy Egli ein grosser EVZ-Präsident den Verband erfolgreich geführt (2003 bis 2009).

Diaz wartet noch einen Monat zu

Der Präsident, der ein Jahr zu spät geht – und der grosse Verteidiger, der ein Jahr zu spät kommt? Der Transfer von Rafael Diaz könnte das letzte Teilchen zum zweiten Zuger Meistermosaik seit 1998 sein. Die Titelchancen sind bei der Ausgeglichenheit der Liga und den Schwierigkeiten der Titanen diese Saison für Zug so gut wie vielleicht nie mehr seit 1998 – wenn Raphael Diaz kommt.

Der Nationalverteidiger beginnt die Saison nicht mit den New York Rangers in der NHL, sondern mit Hartford in der AHL. Er hat erklärt, in der AHL wolle er nicht spielen. Raphael Diaz hat seine Meinung nicht geändert, wartet nun aber mit der Bitte um Vertragsauflösung (und damit der Rückkehr nach Europa) noch einen Monat.

Raphael Diaz hat seinen NHL-Traum noch nicht ganz aufgegeben.
Raphael Diaz hat seinen NHL-Traum noch nicht ganz aufgegeben.
Bild: Kostas Lymperopoulos/freshfocus

Eine Chance auf eine Rückkehr zu den Rangers gibt es jeden Tag – und da er einen Einweg-Vertrag hat, bekommt er sein bescheidenes NHL- Salär (700 000 Dollar brutto) auch im Farmteam. Aber es kann auch sein, dass Rafael vergeblich wartet. Und so gilt auch für den EVZ: Eine Chance auf die Rückkehr von Rafael Diaz gibt es jeden Tag. Aber es kann auch sein, dass die Zuger vergeblich warten – auf den WM-Silberhelden von 2013 und den Meistertitel 2016.

Alle Schweizer Eishockey-Meister seit Einführung der Play-offs 1985/86

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quelle: keystone / salvatore di nolfi
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7 Kommentare
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Schreiberling
05.10.2015 11:02registriert Februar 2014
"Mit einem harten Kurs gegen Unruhestifter ist es auch gelungen, im neuen Stadion für jene Ruhe und Ordnung zu sorgen, die der zahlende Zuschauer schätzt."

So kann man das natürlich auch beschreiben. Fakt ist, dass der EVZ die Gästefans unterdrückt (teilweise Fahnenverbot und Ausweispflicht) und so provoziert. Aufgrund der Regelung werden diese Konflikte einfach ausserhalb des Stadions ausgetragen. Darunter leidet die Stimmung im Stadion, bis sich die Mannschaft - wie letzte Saison - beim eigenen Anhang beschwert. Profiteure sind die Cüplitrinker in der VIP-Loge.
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