Am Freitag ein 4:1 gegen Deutschland und am Samstag 0:5 gegen die Slowakei. Zwei Spiele wie Tag und Nacht. Gegen die Deutschen waren wir smarter, schneller, beweglicher und cooler und siegten verdient. Gegen die schnelleren, entschlosseneren, erfahreneren und deshalb auch taktisch besseren Slowaken (sie hatten gegen Deutschland ebenfalls 4:1 gewonnen) waren wir hingegen überfordert. Und es kann durchaus sein, dass nicht einer aus dieser Mannschaft bei der WM in Prag (1. Bis 17, Mai) dabei ist.
Nationaltrainer Glen Hanlon sagt, er habe einige Spieler gesehen, die in Rahmen der WM-Vorbereitung eine weitere Chance bekommen werden. Er wird das WM-Team in acht Vorbereitungspartien formen und gespielt wird bereits während die Playoffs noch laufen. Am 1. und 3. April gegen Finnland, am 8. und 10. April gegen Russland (alle Partien in der Schweiz) und dann auswärts am 16. und 18. April in Dänemark und am 24. Und 26. April in Frankreich. Das komplette WM-Team wird wohl erst am 26. April in Lyon gegen Frankreich zum ersten Mal spielen.
Glen Hanlon hat immerhin sechs Spieler explizit erwähnt, die ihm bei diesem Slowakei-Cup aufgefallen sind und die er wohl für die WM-Vorbereitung aufbieten wird. Torhüter Benjamin Conz, die Verteidiger Dean Kukan, Cédric Hächler und Joël Genazzi sowie die Stürmer Etienne Froidevaux, Gaetan Haas und Reto Schäppi. Auch Dominik Schlumpf und Juraj Simek zählen zu den WM-Kandidaten. Aber beim Slowakei-Cup eingesetzte bestandene NLA-Grössen wie Inti Pestoni, Gregory Hofmann und Tristan Scherwey eher nicht.
Der Nationaltrainer betont allerdings ausdrücklich, dass es keine festen Zusagen für die WM gibt. Das gilt auch für die Routiniers, die jetzt nicht für das Turnier in der Slowakei aufgeboten worden sind – und das gilt theoretisch auch für die Schweizer, die in der NHL spielen. Aber es ist klar, dass die NHL-Stammspieler, wenn sie denn zur Verfügung stehen und an der WM dabei sein wollen, ihren Platz im Team haben werden – halt auf Kosten jener Spieler, die im November, Dezember und Februar für die Schweiz spielen und auf eine WM-Chance hoffen.
Ralph Krueger (Herbst 1997 bis und mit Olympia-Turnier 2010) baute einst die WM-Mannschaft während der ganzen Saison auf und bot bei allen Länderspielen den «harten Kern» des Teams auf. Nur so war es möglich, die Schweiz in die Weltspitze zurückzuführen. Um die Jahrhundertwende hatten wir höchstens 30 Spieler, die für Länderspiele taugten und für die WM waren eigentlich nur 10 bis 15 gut genug.
Das fehlende Talent kompensierte Ralph Krueger durch die Spielorganisation. Er machte die Schweiz zur taktisch besten Nationalmannschaft – aber das war nur möglich, wenn der grösste Teil des WM-Teams während der ganzen Saison taktisch geschult werden konnte. So waren die Schweizer jahrelang als Mannschaft viel besser als es das Talent der einzelnen Spieler vermuten liesse. Die WM-Partien der Schweizer waren allerdings auch wegen der Defensivtaktik die langweiligsten überhaupt.
Erst Sean Simpson konnte ab der WM 2010 die taktische Perestroika wagen, das Spiel öffnen, offensiver spielen lassen und auf das Talent setzen. 2013 haben wir das WM-Finale erreicht. Inzwischen gibt es rund 70 Spieler, die in Länderspielen eingesetzt werden können und mindestens 30 sind talentiert genug für eine WM.
Die Partien im November, Dezember und Februar müssen nicht mehr zur Einschulung des Defensivsystems genützt werden. Der Nationaltrainer kann jetzt möglichst vielen Spielern internationale Erfahrungen ermöglichen – auch solchen, die vielleicht erst in zwei oder drei Jahren WM-tauglich sein werden.
Diese «zweite Kategorie», die Spieler, die noch nicht für die WM 2015, vielleicht aber für die WM-Turniere in zwei oder drei Jahren in Frage kommen, haben wir beim Slowakei Cup auch gesehen. Dazu zählen etwa Romain Loeffel, Christoph Bertschy, Gaetan Haas, Samuel Kreis, Mike Künzle, Nolan Diem, Lukas Sieber oder Tim Wolf. Wer jetzt international noch nicht erstklassig ist, kann es im Verlauf der nächsten Jahre durchaus werden.
So gesehen machen nominell zweit- oder gar drittklassige Nationalmannschaftsaufgebote durchaus Sinn. Dass wir uns inzwischen solche Test- und Experimentier-Aufgebote leisten können, zeigt auch die enormen Fortschritte, die unser Hockey in den letzten 20 Jahren gemacht hat.