Ein erfolgreiches Geschäftsmodell, erklärt an einem Spieler: Justin Sigrist (25) steht als Beispiel für eine kluge Millionen-Investition der ZSC Lions. Die Zürcher und die Zuger sind die Dominatoren der letzten fünf Jahre im Deutschschweizer Hockey. In den nächsten Jahren könnten die von den ZSC Lions anders investierten drei Millionen die Vormachtstellung sichern.
Die ZSC Lions leisten sich als einziges Hockey-Unternehmen ein echtes Farmteam. Das hat auch historische Gründe: Im Frühjahr 1997 werden aus GC und dem Zürcher SC – kurz ZSC – die ZSC Lions. Dabei wird in weiser Voraussicht darauf geachtet, dass der Traditionsclub GC – 1932 gegründet und 1966 Meister – bestehen bleibt. Von nun an eben als Farmteam in der Organisation der ZSC Lions. In die höchste Liga aufsteigen dürfen die GCK Lions nicht.
Die Kosten für das Farmteam dürften, alles eingerechnet, rund drei Millionen pro Saison betragen. Es ist gut investiertes Geld. Wie sich in diesen Tagen erneut zeigt. Die Rolle des Farmteams ist die Weiterbildung talentierter eigener Junioren: Die ZSC Lions betreiben auch die grösste Nachwuchsorganisation in unserem Hockey. Aber Dominanz in der höchsten Juniorenliga bringt einen talentierten Spieler nicht weiter. Weil ein Junior ab einem bestimmten Alter nur besser wird, wenn er sich gegen Widerstand durchsetzen muss. Konkret: Wenn ein Junior gegen Erwachsene gefordert wird. Im Idealfall in der Swiss League.
Justin Sigrist, der Held der dritten Finalpartie, (erzielte das erlösende 4:2) ist ein Produkt des Ausbildungssystems der ZSC Lions. Sozusagen die sportliche Dividende für die investierten Millionen. Er wird bei den ZSC/GC-Junioren ausgebildet, verbringt ein Weiterbildungsjahr auf höchster nordamerikanischer Juniorenstufe und sammelt nach seiner Rückkehr zwei Jahre lang Spielpraxis im Farmteam, ehe er 2020 definitiv Stammspieler der ZSC Lions wird.
Auf Spielpraxis in über 50 Partien bei den GCK Lions auf dem Weg ganz nach oben bis in die NHL können unter anderem auch Sven Andrighetto und Denis Malgin zurückblicken. Sigrist, Malgin und Andrighetto sind aktuell die drei produktivsten Schweizer Stürmer der ZSC Lions im Final.
Das Farmteam gibt den Zürchern eine stabile sportliche Basis mit rund 50 Spielern. Eine Garantie für Meistertitel ist das nicht, auch nicht 2024. Aber ein Fundament, auf dem Meistertitel gebaut werden können und das über Jahrzehnte ein Spitzenteam trägt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Strategie des grossen Herausforderers der Zürcher in der Deutschschweiz: Der EV Zug gründet 2016 mit der EVZ Academy auch ein echtes Farmteam für die Swiss League.
Im Frühjahr 2022 wird diese Organisation wieder aufgelöst. Obwohl in Zugs Meisterteam von 2022 mehrere Spieler stehen, die im eigenen Farmteam den letzten Schliff erhalten haben (Livio Stadler, Nico Gross, Sven Leuenberger, Yannick Zehnder, Dario Allenspach, Luca Di Nicsco).
Seither gehen die Zuger einen anderen Weg: Sie überweisen jede Saison drei Millionen an das Hochleistungs-Sportzentrum OYM für die Betreuung der Spieler. Das OYM gehört EVZ-Obmann Hans-Peter Strebel. Die Strategie: Die besten Junioren bei den Junioren und nicht im Erwachsenenhockey einsetzen und mit der NL-Mannschaft trainieren lassen. Und notfalls irgendwohin in die Swiss League ausleihen. Kritiker haben die Auflösung des Farmteams als Torheit bezeichnet. Ob das tatsächlich so ist, werden wir in naher Zukunft wissen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Zuger soeben gegen die ZSC Lions im Halbfinal schmählich mit vier Niederlagen hintereinander gescheitert sind und zum ersten Mal überhaupt in einer Playoff-Serie auf eigenem Eis kein Tor erzielt haben. Eine wichtige Ursache für das Debakel war das Fehlen von Energie, Wucht und Widerstandskraft. Eigenschaften, die eigentlich im OYM geschärft werden sollten. Die Investition von jährlich drei OYM-Millionen in die Betreuung der Spieler nach neusten sportwissenschaftlichen Erkenntnissen zeigt vorerst wenig Wirkung. Die Zürcher waren kräftiger, schneller und härter. Vielleicht ist das ja nur Pech und nächste Saison wird alles besser sein. Vielleicht aber auch nicht.
So oder so: Das Zürcher Farmteam-Modell erweist sich über die Jahre als robust und ist einer der Gründe für eine anhaltende Spitzenposition der ZSC Lions in diesem Jahrhundert. Seit ihrer Gründung 1997 haben sie sechs Titel (2000, 2001, 2008, 2012, 2014 und 2018) geholt, auch 2002, 2005, 2015, 2022 und 2024 den Final erreicht, 2003, 2014, 2015, 2016, 2020 und 2024 die Qualifikation sowie 2016 den Cup, 2001 und 2002 den Continental Cup, 2009 die Champions League und den Victorias Cup gewonnen.
Für eine solche stabile Bilanz sind verschiedenste Faktoren wichtig. Kontinuität (seit 1997 mit Walter Frey den gleichen Präsidenten), Glaubwürdigkeit, Geld und Glück beispielsweise. Aber eben auch ein System, das Spieler aus den eigenen Reihen hervorbringt, wie Justin Sigrist, den namenlosen Helden des 3. Finalspiels.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Den Rückzug des Farmteams hingegen werde ich nie verstehen. Ohne Academy Team wäre Zug nicht Meister geworden. Sah man diese Saison gut, es gab viel mehr Unruhe, weil die Spieler zu Schodfo abgeschoben wurden, statt in der Academy zu spielen. Breite war viel geringer als vor 3 Jahren.