Der Vertrag mit Kari Jalonen ist nun also wie allseits erwartet verlängert worden. Nicht wie ursprünglich beabsichtigt um zwei, sondern «nur» um ein Jahr bis zum Ende der nächsten Saison (Frühjahr 2021). Ein Jahr, nicht zwei Jahre – möglicherweise ist es den SCB-Bürogenerälen bei der ganzen Sache nicht rundum wohl. Sollte es tatsächlich so sein, dann werden sie es natürlich nicht sagen.
Eigentlich ist diese Vertragsverlängerung nichts anderes als der Versuch, die Zeit anzuhalten. Eine wunderbare Zeit: Unter dem finnischen Trainer hat Bern in drei Jahren dreimal die Qualifikation und zweimal den Titel (2017 und 2019) gewonnen. Und das ist das Problem.
Kari Jalonen bleibt ✒️ bis 2021 beim SCB. Mehr: https://t.co/hhJjuWpVoL pic.twitter.com/tj38KsRhSP
— SC Bern (@scbern_news) October 21, 2019
Einem Trainer den Vertrag nicht verlängern, der so erfolgreich ist beziehungsweise war? Unmöglich! Zwar ist längst zu erkennen, dass das «System Jalonen» in Bern nicht mehr störungsfrei funktioniert und der SCB punktgleich mit den kriselnden SCL Tigers «am Strich» klassiert ist. Aber für die Playoffs wird es schon noch reichen.
Es ist einfach bequemer, einen Trainer zu behalten (bei dem man weiss, was man hat), als den Neubeginn zu wagen. Auf der blind durch Nebel dahindampfenden SCB-Titanic fehlt auf der Kommandobrücke nicht nur der Mut zum Neuanfang, es fehlt wegen Betriebsblindheit und Namensgläubigkeit auch die Einsicht, dass ein Neuanfang notwendig ist.
Der Name Kari Jalonen garantiert doch den Erfolg! Bis heute ist es allerdings erst einem einzigen Menschen gelungen, den Lauf der Zeit anzuhalten. Dem Feldherren Josua bei der Eroberung des Gelobten Landes. Im Buch der Bücher lesen wir:
In der Trainerfrage ist die Zustimmung von Marc Lüthi erforderlich. Der SCB-Manager und -Mitbesitzer versucht mit der Vertragsverlängerung die Zeit anzuhalten. Er mag der König von Bern sein. Aber er ist nicht Josua.
Im Sport steht die Zeit nie still. In einem dynamischen Mannschaftsspiel wie dem Eishockey erst recht nicht. Nun steht die Zeit im Inneren des SCB eineinhalb Jahre bis ins Frühjahr 2021 still – aber nicht oben am Hockeyhimmel. Da zieht die Sonne weiter. Und der Mond auch. Der dringend notwendige Erneuerungsprozess wird in Bern nun um eineinhalb Jahre hinausgeschoben.
Die Parallelen zum HCD sind nicht zu übersehen. In Davos oben wagte es niemand, Arno Del Curtos Vertrag nicht mehr zu verlängern. Das war nach den goldenen Jahren mit sechs Titeln einfach nicht denkbar. Obwohl sich die Zeichen mehrten, dass sich diese goldenen 20 Jahre dem Ende zuneigen.
Arno Del Curto hat schliesslich selbst sein Amt niedergelegt – und damit dem HCD einen grossen Gefallen getan. Die Davoser sind so zum Neuanfang gezwungen worden.
Mit Gaudenz Domenig hat ein kluger Präsident diese Chance mit einem neuen Sportdirektor, einem neuen Trainer, neuen Assistenten und teilweise neuem ausländischem Personal geschickt genützt. Der HCD, der im letzten Frühjahr die Schmach der Playouts zu erdulden hatte, führt die Tabelle nach Verlustpunkten an.
Eine solche Erneuerung ist in Bern nicht möglich. Der Glaube an den «Jalonismus» ist angesichts der jüngsten Erfolge noch viel zu gross. Und bei der extremen Zentralisierung des Sportbetriebs auf Kari Jalonen und seine finnischen Kumpels wird ja nicht ganz zu Unrecht der Zusammenbruch des bisherigen Systems befürchtet.
Ein Zusammenbruch, der allerdings so oder so erfolgen wird. Also bleibt alles beim Alten. Den Kopf kann man im Hockey nicht ins Eis stecken. Sonst würde man im Falle der Berner von einer «Vogel-Strauss-Politik» sprechen. Der Strauss steckt angeblich dann, wenn Gefahr im Anzug ist, den Kopf in den Sand.
Der Freude über die einjährige Vertragsverlängerung wird schon mittelfristig eine lange Reue folgen. Wir bemühen beim SCB gerne Vergleiche mit der Titanic. Sie passen halt.
1912 überträgt die Reederei «White Star Line» das Kommando über ihr neustes Schiff – die Titanic – dem hoch angesehenen, charismatischen Kapitän Edward John Smith. Aufgrund seiner Beliebtheit unter der Besatzung und den Passagieren und nicht zuletzt auch wegen seiner grossen Erfahrung. Er hatte sich ja bereits auf der Britannic, Republic, Majestic, Baltic, Adriatic und Olympic bewährt. Das Kommando erhält also nicht ein junger, dynamischer Kapitän mit neuen Ideen.
Im Herbst 2019 verlängert der SC Bern das Kommando des charismatischen, hoch angesehenen Kari Jalonen über die erste Mannschaft vorzeitig um ein weiteres Jahr. Aufgrund seiner Beliebtheit unter dem Personal und dem Publikum und nicht zuletzt auch wegen seiner grossen Erfahrung. Er hatte sich ja bereits in Oulu, Turku, Nowgorod, Prag und im Amt des finnischen Nationaltrainers bewährt. Das Kommando in Bern erhält also in absehbarer Zeit nicht ein junger, dynamischer Trainer mit neuen Ideen.
Im Januar 2021 wird Kari Jalonen 61. Als Kapitän Edward John Smith mit der Titanic unterging, war er 62.
Schauen wir was die Zeit bringt...