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Langnau taumelt, schwankt und holpert dem NLB-Triumph entgegen

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Auf Biel oder die Lakers warten sieben Fegefeuer

Langnau taumelt, schwankt und holpert dem NLB-Triumph entgegen

Die wahren Hockeydramen werden in diesen Tagen auf dem Lande, auf den dörflichen Bühnen in Langnau und Visp aufgeführt. Von ganz anderem Unterhaltungswert als die taktischen Schachspiele der NLA-Playoffs.
05.04.2014, 12:52
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Die Langnauer müssten dieses NLB-Finale aufgrund ihrer Ausgeglichenheit, ihrer läuferischen und technischen Überlegenheit eigentlich längst gewonnen haben. Aber sie taumeln, schwanken und holpern von Spiel zu Spiel, von Drama und Drama. Nach dem freitäglichen 5:2 gegen Visp fehlt noch ein Sieg zur NLB-Meisterschaft. Aber es ist durchaus möglich, dass es am Sonntag in Visp noch nicht reicht. Dass es am Dienstag zu einem 7. Spiel kommt.

Langnau lässt sich nach dem Sieg am Freitag von den Fans feiern.
Langnau lässt sich nach dem Sieg am Freitag von den Fans feiern.Bild: KEYSTONE

Langnau zu verspielt

Das faszinierende an diesen Langnauern ist die Spielanlage. Unter dem schwedischen Trainer Bengt-Ake Gustafsson zelebrieren sie ein eigentlich zu gepflegtes System- und Laufhockey. Sie wirken in lichten Momenten wie Russen ohne Rückwärtsgang. Mit der Scheibe vorwärts können sie ein grandioses Spektakel aufführen. Aber zu selten kommen sie zum Abschluss bevor einer die Scheibe verfehlt, verstolpert, verhaspelt oder ganz einfach verliert.

Die Langnauer Künstler sind zu verspielt. Im Abschluss zu wenig zielstrebig. Im Zweikampf zu brav. Es fehlt der charismatische offensive Leitwolf. Dem genialen kanadischen Kufentier Christopher DiDomenico fehlt ein Gen Todd Elik und ein Gen Michael Horisberger um ein Superstar und echter Leader zu sein. Die Moggi-Zwillinge laufen meistens wie ein Örgeli. Aber im Abschluss mahnen sie mit ihrer Theateralik und Weichheit an lateinische Fussballer. Der slowakische Flügel Jura Kolnik, 2009 noch NLA-Topskorer, ist zu einem billigen Opportunisten verkommen.

Die Moggi-Zwillinge Sandro (links) und Claudio.
Die Moggi-Zwillinge Sandro (links) und Claudio.Bild: KEYSTONE

Und so können die rauen, robusten und leidenschaftlichen Walliser im kanadischen Rumpelstil dagegenhalten. Zumal Langnaus Defensiv-Spiel ein ständiger taktischer Hochseilakt bleibt zwischen offensivem Risiko und defensiver Absicherung bleibt. So ist diese Finalserie eine kunterbunte Mischung aus verschiedensten Stilrichtungen, Spielsystemen, Einzelaktionen, haarsträubenden Fehlern, spielerischen Feuerwerken und allerhöchstem Kurzweil geworden.

Rytz kann den Unterschied bringen

Trainer Bengt-Ake Gustafsson war vor zwölf Jahren schon einmal Cheftrainer in Langnau. Bevor er die grosse Hockeywelt als Coach eroberte, Meister in Schweden und schliesslich Weltmeister und Olympiasieger mit Schweden wurde. 2000 erreichte er mit den SCL Tigers den 10. und 2001 den 9. Schlussrang. Er rettete die Emmentaler jeweils in den Playouts. Er kann sich noch an diese Zeit erinnern. «Die Mannschaft war damals defensiv stabiler und wir hatten Martin Gerber im Tor. Damit will ich nichts gegen unseren Goalie sagen – aber es ist halt wirklich schwierig, so gut zu sein wie Gerber. Eine defensivere Spielweise war damals zum Überleben in der NLA notwendig. Wir sind jetzt ausgeglichener, läuferisch und offensiv besser.»

Rytz mit S. Moggi und Steiner (von rechts).
Rytz mit S. Moggi und Steiner (von rechts).Bild: KEYSTONE

Der Ausfall des französischen Verteidigers Kevin Hecquefeuille (er kann diese Saison nicht mehr spielen) hat das taktische Layout der Mannschaft verändert. Der Verteidigungsminister hatte gut und gerne 25 Minuten Eiszeit pro Partie und bildete mit Philippe Rytz das beste Verteidiger- Paar der NLB-Playoffs. «Nun muss Rytz die Verteidigung führen» sagt Gustafsson. «Um diese Rolle zu finden braucht er Zeit.» Philippe Rytz ist inzwischen drauf und dran, neuer Verteidigungminister zu werden. Je besser er wird, desto eher wird Langnau NLB-Meister und NLA-Aufsteiger.

Gang durch sieben Fegefeuer

Für den Verlierer der NLA-Playouts ist es sowieso unerheblich, ob er gegen Langnau (mit ziemlicher Sicherheit) oder doch Visp (wäre eine Sensation) antreten muss. Die Liga hat beiden Klubs die NLA-Aufstiegsbewilligung längst erteilt. Visp würde das Budget von jetzt 3,5 Millionen auf etwa sechs Millionen hochfahren. Die Langnauer wissen aus ihrer NLA-Vergangenheit, wie sie acht oder noch mehr Millionen aufbringen können. In der Euphorie heisst es ja sowieso: Steige heute auf, zahle morgen – oder überüberübermorgen.

Die Liga-Qualifikation wird für den NLA-Vertreter ein Gang durch sieben Fegefeuer. Denn Visp wie Langnau haben, wie der gestrige 5. Akt des grossen NLB-Finaldramas erneut gezeigt hat, einiges was Biel und die Lakers nicht mehr oder immer weniger haben: Brauchbare Torhüter, Selbstvertrauen, Mut, Disziplin, Zuversicht, Leidenschaft und viel, viel Spass.

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