Sport
Eismeister Zaugg

Das Warten auf einen «Hockey-Rockstar» beim Zürcher Final-Gipfel

Bild
Bild: Keystone
Verlorener Sohn ist Klotens Hoffnung

Das Warten auf einen «Hockey-Rockstar» beim Zürcher Final-Gipfel

Ordnung, Berechnung und Taktik prägten das erste Zürcher Hockey-Gipfeltreffen. Wenn das so bleibt, verliert Kloten den Final. Aber vielleicht schlüpft ja einer wie Cyrill Bühler in die Rolle von Darren McCarty.
15.04.2014, 10:0515.04.2014, 14:28
Folge mir
Mehr «Sport»

Wenn die Blätter im Herbst fallen, gibt es andere Helden als im Frühjahr, wenn die Blätter wieder spriessen. In den Playoffs kehrt das Eishockey zu seiner archaischen Urform zurück. Robert Heemstra hat es, gemünzt auf den Stanley Cup, in einem Dreizeiler zusammengefasst.

«blood on the ice
going for the cup
who’s going to get it?»

Wenn nicht alles seinen gewohnten Gang nehmen soll, dann brauchen wir aussergewöhnliche Spielertypen. Der gewohnte Gang wäre ein Sieg der ZSC Lions. Sie waren schon in der Qualifikation besser als die Kloten Flyers.

ZSC-Söldner Patrik Bärtschi (kniend) sorgte mit seinem Tor im ersten Spiel für die Führung in der Serie.
ZSC-Söldner Patrik Bärtschi (kniend) sorgte mit seinem Tor im ersten Spiel für die Führung in der Serie.Bild: Keystone

Es ist also an den Kloten Flyers, den gewohnten Gang der Dinge zu ändern. Sie haben das erste Spiel 0:1 verloren. Der Mann, der auf dem Eis dazu in der Lage wäre, steht inzwischen an der Bande. Felix Hollenstein. Der charismatische Leitwolf von vier Meisterteams ist jetzt Cheftrainer.

Betrachten wir erst einmal, welchen Spielertyp die Kloten Flyers jetzt auf dem Eis brauchen. Ein Blick in die weite Eishockeywelt und in die nahe Vergangenheit zeigt uns, was gemeint ist.

Harte Jungs sind gefragt

Es geht um die harten Jungs, die während den langen Monaten der Qualifikation nur Aussenseiter sind. Ohne viel Einfluss aufs Spiel. Aber in den Playoffs Helden. Beispielsweise Darren McCarty. Er hat seine Lebensphilosophie in einem Satz zusammengefasst. Die Philosophie der Playoff-Hockey-Helden:

«Surrender is not an option.»
«Aufgeben ist keine Option.»Darren McCarty

«The problem is that i’ve spent much of my live in a role where surrender is not an option.» («Das Problem ist, dass ich während langer Zeit meines Lebens einen Job ausübte, in der Aufgeben keine Option war.»)

Darren McCarty verbüsste bis zu seinem Rücktritt 2009 in etwas mehr als 800 NHL-Schlachten mehr als 1700 Strafminuten. Er hat mit Detroit vier Stanley Cups geholt (1997, 1998, 2002, 2008). Er war im besten Sinne des Wortes ein «Tough Guy». Tough Guys don‘t surrender. Steinerne Hände. Hölzerne Füsse. Aber 1997 buchte er den Treffer, der das Stanley Cup-Finale entschied, als sei er Wayne Gretzky. 

So kannte man den «Tough Guy»: McCarty (links) im Kampf mit Claude Lemieux von Colorado Avalanche.
So kannte man den «Tough Guy»: McCarty (links) im Kampf mit Claude Lemieux von Colorado Avalanche.Bild: AP

Er stürmte mit der Scheibe durch die neutrale Zone und von der Spielerbank aus riefen sie ihm zu, er solle die Scheibe einfach tief in Philadelphias Zone schiessen. Doch er lief einfach weiter. Er tanzte Verteidiger Janne Niinimaa aus (der Finne verteidigte später auch in der Schweiz), umkurvte Torhüter Ron Hextall und erzielte den Treffer, der Detroit nach 42 Jahren wieder einen Stanley Cup brachte. Im Sommer 1997 gründete er in Detroit die Hardrock-Band «Grinder» und war deren Leadsänger. Ein Hockey Rock-Star.

Die National League ist nicht die NHL. Die NLA-Meisterschaft nicht der Stanley Cup. Und doch haben auch wir, nicht ganz so bunt, aber immerhin, solche Hockey-Helden. Zum Beispiel Rolf Schrepfer. Er war ein Spezialist für «Playoff-Schlachten» und sparte sich sein bestes Hockey fürs Frühjahr auf. Er war mit seiner Härte, seiner Intensität, seinen Provokationen, aber auch mit spielerischen Qualitäten, die er eigentlich nur dann entfaltete, wenn in den Bäumen wieder Blätter sprossen, eine zentrale Figur bei den ZSC-Titeln von 2000 und 2001 und bei der SCB-Meisterschaft von 2004. Im Frühjahr 2000 hatte er sogar das entscheidende Tor von Adrien Plavsic vorbereitet. Nie aufgeben. Wieder aufstehen. Das war Rolf Schrepfer. Wer Meister werden will, braucht auch solche Spieler. No surrender.

«Glueguy» Cyrill Bühler

Das Zürcher Hockey-Gipfeltreffen lief im ersten Akt in so geordneten spielerischen und taktischen Bahnen, dass wir einen neuen Darren McCarty oder doch wenigstens einen neuen Rolf Schrepfer geradezu herbeisehnen.

Aber eben: Wer hat die Qualitäten für diese Rolle? Die Kloten Flyers haben einen solchen «Hockey-Rockstar» noch nötiger als die ZSC Lions. Sie verloren 2009 und 2011 das Finale unter anderem, weil solche Typen fehlten. Doch nun haben sie einen Spieler, der in diese Heldenrolle schlüpfen könnte. Er ist in Kloten ausgebildet worden, spielte aber von 2008 bis zum letzten Frühjahr für die ZSC Lions. Er ist in seine Heimat zurückgekehrt, weil ihn ZSC-Trainer Marc Crawford nicht mehr wollte: Cyrill Bühler (30).

Cyrill Bühler (rechts) stürmte die letzten Jahre noch für die ZSC Lions.
Cyrill Bühler (rechts) stürmte die letzten Jahre noch für die ZSC Lions.Bild: Keystone

Der fleissige Flügelstürmer ist weder Blender noch Traumtänzer. Aber ein unermüdlicher Läufer. Ein mutiger, unnachgiebiger Kämpfer. Ein loyaler Mannschaftsspieler und erst noch einer, der mit trockenem Humor für gute Laune in der Kabine sorgt. «Glueguys» nennen die Nordamerikaner solche Typen. Weil sie den «Leim» liefern, der die Mannschaft zusammenhält.

Verlorener Sohn weiss, wie man Titel feiert

Cyrill Bühler verkörpert Klotens Leidenschaft in diesen Playoffs. Seine Playoffstatistik ist beunruhigend: 13 Spiele, 3 Skorerpunkte. In 34 Qualifikations-Partien war es nur ein einziger Skorerpunkt. Und noch etwas: Er hat bei den ZSC Lions gelernt, wie man Meisterschaften gewinnt. Zu viele Klotener wissen nur, wie man Finals verliert.

Es wäre eine schöne Geschichte, fast zu schön, um wahr zu sein: Verlorener Sohn, heimgekommen weil ihn der ZSC nicht mehr wollte, wird mit Kloten im Finale gegen den ZSC ein Held. So oder so: Wir warten auf einen Helden, einen Hockey-Rockstar in diesem Zürcher Hockey-Gipfeltreffen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Federer vs. Nadal – das allererste Duell wird für den «Maestro» eines zum Vergessen
28. März 2004: In Key Biscayne stehen sich Roger Federer und Rafael Nadal zum ersten Mal auf der ATP-Tour gegenüber. Der Schweizer verliert überraschend – und wird sich am seinem spanischen Dauerrivalen noch mehrmals die Zähne ausbeissen.

Die Sonne war längst untergegangen über dem Centre Court der Tennis-Anlage von Key Biscayne, dieser langgezogenen Insel vor Miami im Süden Floridas. Ein paar hundert Fans harrten aus, warteten auf den letzten Match dieses Sonntags. Das heisst: Die meisten von ihnen warteten auf den Auftritt von Roger Federer, seit knapp zwei Monaten die Weltnummer 1. Nur ein paar absolute Tennis-Nerds warteten auch auf Rafael Nadal. Erst die Nummer 34 im Ranking war der Spanier aber ein grosses Versprechen. Laufstark soll er sein, mit harter linker Vorhand.

Zur Story