Hätte Felix Hollenstein die Klotener in Biel in die 2:4-Niederlage gecoacht, so würden wir jetzt sagen, es werde langsam aber sicher Zeit für einen Trainerwechsel. Die Niederlage war nämlich keineswegs zwingend.
Die Klotener kehrten nach einem 0:2 ins Spiel zurück, glichen aus, holten die Initiative zurück und hätten, so wie diese Partie gelaufen ist, eigentlich gewinnen müssen. Zumal Torhüter Jonas Müller mindestens so gut war wie Martin Gerber.
Aber am Ende stand doch eine Niederlage. Ausgerechnet gegen die Mannschaft, die Kloten am Trennstrich zu den Playoffs am härtesten bedrängt. Die unumstössliche Wahrheit stand oben auf der Resultattafel. 4:2 für Biel. Im ersten Spiel unter dem neuen Trainer ist Kloten gleich aus den Playoffs gerutscht. Das war schon so, als Felix Hollenstein das Amt von Tomas Tamfal übernommen hatte.
Noch ist nicht aller Tage Abend. Was ein Trainer zu bewirken vermag, kann nicht nach einem Training, einem Warm-Up, einem Spiel und einer Niederlage beurteilt werden. Schliesslich ist Rom auch nicht an einem Tag erbaut worden.
Aber eines ist sicher: In einer so ausgeglichenen Liga kann selbst Sean Simpson, der mehrfache Meister, der Sieger in der Champions Hockey League, der Triumphator über die Chicago Blackhawks, der WM-Silberschmied alleine durch seine Präsenz an der Bande keine Wunder bewirken.
In den 1980er und frühen 1990er Jahren des letzten Jahrhunderts wirkten Trainerwechsel meistens sofort. Aber damals war unsere NLA halt noch eine Operettenliga. Ein bisschen das Training intensivieren, das Spielsystem justieren und die Jungs disziplinieren – und schon rockte und rollte es wieder.
Inzwischen gehört die NLA zu den besten Ligen ausserhalb Nordamerikas. Operetten-Trainer gibt es seit der Entlassung von Morgan Samuelsson bei den Lakers keine mehr. Die Spieler sind überall gut trainiert, jede Mannschaft hat ein mehr oder weniger taugliches taktisches Konzept und Stars, die ein Lotterleben führen, gibt es auch nicht mehr. Kommt es zum Trainerwechsel, dann ist das Problem oft ein «Konstruktionsfehler» beim Aufbau des Teams. Wenn ein Trainer etwas bewirken will, dann braucht er Zeit – und in der Regel auch mehrere Transfers.
Guy Boucher musste in Bern den Umweg über die Abstiegsrunde nehmen, strapazierte die Geduld von Marc Lüthi auch noch mit einem ungenügenden Saisonstart und die klugen Transfers von Sportchef Sven Leuenberger haben entscheidenden Anteil an der Wende. Die Zuger haben nicht nur den Trainer gewechselt (Harold Kreis für Doug Shedden) – sie haben zudem das Layout der Mannschaft durch Schlüsseltransfers (wie Torhüter Tobias Stephan) entscheidend verändert.
Gottérons neuer Trainer Gerd Zenhäusern steht mit unverändertem Team hingegen immer noch nicht auf einem Playoffplatz. Und nun hat also Kloten den Trainer gewechselt und dabei nicht gleich auf Anhieb Wirkung erzielt. Gut hat Trainer und Sportchef Sean Simpson noch vier ungebrauchte Ausländerlizenzen.
Sean Simpson weiss, dass er Zeit braucht. Abgesichert mit einem Dreijahresvertrag kann er sich diese Gelassenheit leisten. Und so war er nach dem 2:4 in Biel keineswegs grantig. Die Freude, mit seinem Freund Colin Muller endlich wieder im Geschäft zu sein, überwog die Enttäuschung über die Niederlage bei weitem. Er vergass auch nicht, Biels Kevin Schläpfer zum Sieg zu gratulieren.
Der Kanadier wollte nicht sagen, was in Kloten verbessert werden muss. «Denn dann würde ich schlecht über meinen Vorgänger reden. Das hat Felix Hollenstein nicht verdient. Ich habe mich früher immer geärgert, wenn neue Trainer die Fehler aufgezählt haben, die es nun zu korrigieren gebe. Ich empfinde das als Respektlosigkeit gegenüber dem Vorgänger.» Er könne nur das sagen, was auf dem Eis zu sehen sei. Und da haben wir verunsicherte Spieler und als Resultat dieser Verunsicherung viel zu viele Fehler gesehen.
Von Napoléon hiess es einst, allein seine Gegenwart auf dem Schlachtfeld entspreche mindestens dem Wert von 40'000 gut bewaffneten und ausgebildeten Soldaten. Sean Simpson ist ein grossartiger Hockeycoach. Aber im 21. Jahrhundert gibt es den Hockey-Napoléon nicht mehr, der mit seiner Präsenz den Sieg herbeiführen kann wie einst Napoléon.
Hoffentlich ist es für Sean Simpson in Kloten trotz allem nicht schon 1812 – um beim Bild von Napoléon zu bleiben. Von den drei nächsten Partien (Lausanne und Fribourg daheim, die Lakers auswärts) sollte Sean Simpson aber schon zwei gewinnen.