Ja, zwischendurch liefen die Dinge aus dem Ruder. Aber eben nur zwischendurch. Nur in der dritten Partie, als Biel zum einzigen Mal alles gelang und Leonardo Genoni nicht der bessere Goalie war als Jonas Hiller. Der SCB verlor auf eigenem Eis 3:6. Es blieb die einzige Niederlage des Meisters.
Emotionen waren auch im Spiel. Aber mehr als im üblichen Rahmen nur in der vierten Partie in Biel. Als die leidenschaftlichen Bieler alles versuchten, kein Glück hatten und am Ende doch verloren (1:3).
Das Merkmal dieser Viertelfinalserie ist die Normalität in allen Dingen. Dem SCB ist es gelungen, die Play-offs zu normalisieren und er setzte sich sang- und klanglos durch. In der Qualifikation hatte der Meister drei von vier Spielen gewonnen und nun endete dieser Viertelfinal mit vier Siegen in fünf Partien. Für einmal waren die Play-offs nicht die Fortsetzung des Hockeys mit anderen Mitteln, sondern die Fortsetzung der Qualifikation mit bewährten Mitteln.
Wer den Titel verteidigen will, muss nicht schon im Viertelfinal sein bestes Hockey spielen und darauf achten, nicht zu viel Energie zu verlieren. Tatsächlich hat der SCB mit stocknüchternem Resultathockey, mit teilweise unerbittlichem taktischem Realismus die vier Siege erarbeitet. Der Meister ist sozusagen der Gegenentwurf zu den ZSC Lions, die spielerisch dominieren, im volkstümlichen Sinne meistens die «bessere» Mannschaft sind und doch schon dreimal gegen Lugano verloren haben. So gesehen ist der SCB der «Anti-ZSC».
Nicht das beste Hockey spielen und doch siegen – ein Merkmal, das grosse Mannschaften auszeichnet. Die mentale und taktische Stabilität des Favoriten war bemerkenswert. Der Meister kam oft unter Druck, bog sich, brach aber nur im dritten Spiel auf eigenem Eis (3:6). Wie ausgeglichen die Mannschaft besetzt ist, zeigt sich auch daran, dass das Fehlen von Leitwolf Martin Plüss (gesperrt) im fünften und letzten Spiel keine Auswirkungen auf das Funktionieren des SCB-Räderwerks hatte.
Hätte es auch anders kommen können? Vielleicht. Vom Ende her betrachtet, im Wissen um das Endresultat, ist die Versuchung gross, den SCB-Erfolg als zwingend zu bezeichnen.
Aber ganz so einfach ist es nicht. Ja, für die Bieler ist es die Viertelfinalserie der verpassten Sensation. Das Gefühl, dass mehr möglich gewesen wäre, wird der Aussenseiter so schnell nicht loswerden.
Die Bieler haben hockeytechnisch alles richtig gemacht. Sie wählten die richtige Taktik. Die Ordnung zerfiel nie, sie kreierten viele Abschlussmöglichkeiten und behielten die Emotionen unter Kontrolle. Die Unterlegenheit war optisch nie gross. Es fehlte nie viel. Aber es fehlte in allen Bereichen etwas und in der Summe machte das die Differenz. Hat Biel zu wenig Härte ins Spiel gebracht? Zu wenig Emotionen entfacht? Ja. Aber aus einem ganz einfachen Grund hätte auch das wohl nichts genützt.
Polemisch können wir Biels Scheitern auf einen einzigen Grund reduzieren: Der SCB hatte mit Leonardo Genoni den besseren Torhüter. Wenn der Favorit auch noch den besseren Goalie hat, sogar den statistisch besten der gesamten bisherigen Play-offs 2017, dann ist der Aussenseiter chancenlos.
Ein grosser Jonas Hiller hätte den Sieg in der ersten (1:2 n. V.), in der vierten (1:3) und in der fünften und letzten Partie (1:4) für seine Mannschaft «stehlen» können. Er war nicht dazu in der Lage, die Differenz zu machen, und vermochte nicht die gleiche Rolle zu spielen wie Elvis Merzlikins beim Aussenseiter Lugano gegen die ZSC Lions.
Das fünfte und letzte Spiel war das typischste für dieses Viertelfinale. Eine leichte Führung für den SCB nach einem Abpraller von Jonas Hiller, den Verteidiger Cedric Hächler verstolpert hatte. Dann wird Biel immer stärker und gleicht zum 1:1 aus. Das Gefühl kommt auf, dass jetzt ein Tor den Titanen ins Wanken bringen würde. Aber Jonas Hiller lässt einen Weitschuss zum 1:2 ins Tor fahren – es ist bereits die Entscheidung.
Leonardo Genoni hatte nur einmal nicht die bessere Fangquote als Jonas Hiller – bei der 3:6-Niederlage im dritten Spiel. Was zu einer Frage führt, die erst im Halbfinale beantwortet wird: Hat Leonardo Genoni Mängel kaschiert, die den SCB die Titelverteidigung kosten können? Oder leistete sich der Meister bloss Nachlässigkeiten im Wissen um den Rückhalt durch den Torhüter. Nachlässigkeiten, die es im «Ernstfall» nicht mehr geben wird?
Bleibt noch die Frage, ob es eine «Verschwörung» gegen Biel gegeben hat. Ob die Schiedsrichter eine entscheidende Rolle gespielt haben. Diese Frage kann mit einem klaren «Nein» beantwortet werden.
In Erinnerung bleibt uns zwar der Fehlentscheid im vierten Spiel (ein Foul an Marco Maurer wird übersehen und der SCB erzielt in Unterzahl das 0:3). Es ist eine Szene, die für Biel zur Legendenbildung taugt («wenn wir nicht betrogen worden wären, dann …»). Aber im Rückblick über die ganze Serie ist es bloss eine Episode.
Der Meister rückt in den Halbfinal vor, ohne dass er richtig gefordert worden ist. Ohne dass er richtig «böse» sein musste. Ohne dass es so richtig gerumpelt hat. Die einzige Niederlage (im dritten Spiel) hat die Mannschaft eher stärker gemacht und nicht verunsichert.
Biel war ein Verlierer mit Stil. Der SCB ist weiterhin Titelanwärter.