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Ist Roman Josi bald der billigste Captain der Liga?

P.K. Subban wurde von den Montreal Canadiens zu den Nashville Predators getauscht.
P.K. Subban wurde von den Montreal Canadiens zu den Nashville Predators getauscht.Bild: Matt Slocum/AP/KEYSTONE
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Transfer-Beben in der NHL – ist Roman Josi bald der billigste Captain der Liga?

Wird Roman Josi nach Mark Streit der zweite Schweizer Captain in der NHL? Die Chancen stehen nach dem «Blockbuster-Trade» mit Shea Weber (31) und P.K. Subban (27) gar nicht so schlecht.
30.06.2016, 07:2330.06.2016, 11:19
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Die General Manager in Montreal und Nashville hatten in den letzten Wochen fleissig dementiert, ja weit von sich gewiesen, an einen solchen Transfer auch nur zu denken. Und jetzt ist es doch passiert. Nashvilles Titan Shea Weber wechselt zu den Montreal Canadiens. Im Gegenzug kommt der charismatische Spektakelmacher Pernell Karl «P.K.» Subban von Montreal nach Nashville.

Statistisch ist der Tausch beinahe ein «Nullsummen-Spiel»: Die beiden haben letzte Saison in der Qualifikation gleich viele Punkte gebucht (51). Und beide sind ähnlich teuer: Shea Weber kostet Montreal nächste Saison 14 Millionen, der Vertrag mit abnehmenden Jahreslöhnen läuft bis 2026. P.K. Subban belastet die Salärbuchhaltung in Nashville nächste Saison mit 11 Millionen. Sein Vertrag endet 2022.

Nashville-Captain Shea Weber erzielte in der vergangenen Saison genau gleich viele Punkte wie Subban.
Nashville-Captain Shea Weber erzielte in der vergangenen Saison genau gleich viele Punkte wie Subban.
Bild: Mark Humphrey/AP/KEYSTONE

Die erste Einschätzung der Experten: Montreal ist der Verlierer dieses Transfers. Matt Drake schreibt auf «habseyesontheprize.com» gar: 

«Das ist ein schrecklicher Tausch. Und einer der die Franchise meiner Meinung nach weit, weit zurückwerfen wird.»

Die Canadiens verlieren ihren populärsten Spieler. Der charismatische Offensivverteidiger dynamisiert das Spiel, bringt Energie aufs Eis und wird gut zu Nashvilles Cheftrainer Peter Laviolette passen. Ähnlich wie Arno Del Curto setzt der Amerikaner auf ein offensives Tempohockey. Und was bekommt Montreal? Einen teuren, verlässlichen vier Jahre älteren Allrounder mit wenig Charisma und nachlassenden Leistungen im Herbst der Karriere.

Nashville-Headcoach Peter Laviolette, im Hintergrund General Manager David Poile.
Nashville-Headcoach Peter Laviolette, im Hintergrund General Manager David Poile.Bild: Mark Humphrey/AP/KEYSTONE

Weber brauchte Josi mehr als umgekehrt

Warum ist es trotz Dementis doch zu diesem «Transfer-Beben» gekommen? Montreal hat eine turbulente Saison hinter sich. Nach einem «Jahrhundert-Start» mit neun Siege in Serie sind die Playoffs verpasst worden. Auch wenn die Verletzung von Torhüter Carey Price eine zentrale Rolle spielte, wenn General Manager Marc Bergevin seinen Cheftrainer Michel Therrien im Amt halten will, musste er ganz einfach etwas tun.

Montreals Cheftrainer Michel Therrien (l.) zusammen mit General Manager Marc Bergevin.
Montreals Cheftrainer Michel Therrien (l.) zusammen mit General Manager Marc Bergevin.Bild: AP/CP

Die grösste Signal-Wirkung nach innen und aussen erzielt in der «Hockey-Welthauptstadt» der Transfer von P.K. Subban: Der Superstar stand mit seinem taktisch konservativen Chef im Dauerkonflikt. Shea Weber, mehr «Workhorse» als Schillerfalter, wird zwar weniger gut sein, aber dafür mit Montreals Cheftrainer besser auskommen. Dass der Tausch jetzt über die Bühne ging, hat noch einen Grund: Zwei Tage später wäre in P.K. Subbans Vertrag eine «Non-Trade-Klausel» (eine «Nicht-Transfer-Klausel») in Kraft getreten.

Auch Nashvilles General Manager David Poile hat gute Gründe für den Transfer. Letzte Saison sind leise Bedenken über die Tempofestigkeit von Shea Weber aufgekommen. Diese Kritiker vermochte der Kanadier mit einer Minus-3- Bilanz im verlorenen siebten Playoffspiel gegen San Jose nicht zu beruhigen. Seine Leistungskurve sinkt und es gibt Kritiker, die sagen, Shea Weber habe Roman Josi mehr gebraucht als umgekehrt.

Der Spielertausch hat Auswirkungen auf die Rolle von Roman Josi (26). Er verliert mit Weber seinen Standardpartner. Nashville hat nun mit P.K. Subban (letzte Saison 68 Spiele/51 Punkte) und Roman Josi (81/61) zwei der besten NHL-Offensivverteidiger im Team.

Subban wird die Nummer eins sein

Subban war letzte Saison in Montreal Assistenz-Captain, Roman Josi war es in Nashville. Logisch wäre es also, wenn nun einer der beiden das Captainamt von Shea Weber übernimmt. Wird der flamboyante Kanadier oder der pflegeleichte Schweizer offiziell der neue Leitwolf in Nashville? Bisher war in der NHL nur ein Schweizer Captain: Mark Streit von 2011 bis 2013 bei den Islanders.

P.K. Subban wird in Nashville bis auf weiteres beim Publikum und den Medien die Nummer eins sein und auch aufgrund seines Salärs ist er Favorit auf das Captain-Amt. Kandidaten sind aber auch Veteran Mike Fisher (36), der einst in der Lockout-Saison (2004/05) für Zug stürmte, und Stürmer James Neal (28). Innerhalb des Teams dürfte Roman Josi allerdings die wichtigere Rolle spielen als sein neuer Kollege aus Montreal. Und wir können jetzt, da gleich drei vergleichbare NHL-Verteidigertitanen für Schlagzeilen sorgen, wieder einmal darüber debattieren, ob eigentlich Roman Josis Agent Georges Müller einen guten oder schlechten Job gemacht hat. Wird Roman Josi nämlich Captain, dann wird er der billigste Leitwolf der Liga sein.

Auch Captain-Kandidat: Nashvilles Veteran Mike Fisher.
Auch Captain-Kandidat: Nashvilles Veteran Mike Fisher.
Bild: Mark Humphrey/AP/KEYSTONE

Die Zahlen: Roman Josi verdient in den restlichen vier Vertragsjahren in Nashville nacheinander 4,25, 5, 5,25 und 4 Millionen Dollar – total 18,50 Millionen. Bei P.K. Subban sind es im gleichen Zeitraum 11, 11, 10 und 10 Millionen – total 42 Millionen. Shea Weber kassiert im gleichen Zeitraum 12, 12, 6 und 6 Millionen – total 36 Millionen.

Der meistunterbezahlte NHL-Spieler

Nach dem Krieg ist jeder Soldat ein General. Kritik an Georges Müller ist hinterher billig: Bei der Vertragsunterzeichnung im Sommer 2013 war noch keineswegs klar, dass aus Roman Josi einer der besten NHL-Verteidiger wird – trotz WM-Final und Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers. Zudem hatte der ehemalige SCB-Junior mehrere Gehirnerschütterungen hinter sich. Also setzte Georges Müller auf einen langfristigen Vertrag (bis 2020) für den er jedoch pro Saison nicht zu viel verlangen durfte. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Zudem war Roman Josi zu diesem Zeitpunkt nicht «free agent» (er konnte den Klub nicht frei wählen, weil Nashville seine Rechte besass). Das engte den Verhandlungsspielraum seines Agenten beträchtlich ein.

Die andere Möglichkeit wäre gewesen, den Kontrakt für maximal zwei Jahre zu verlängern. Dann wäre Roman Josi bei Vertragsablauf «free agent» gewesen. Beim nun bekannten Karriereverlauf hätte er dann mindestens doppelt so viel Geld holen können. Pro Saison würde der Schweizer heute bei seiner Klasse 8 bis 12 Millionen pro Saison verdienen.

Joman Josi (l.) verteidigt gegen Sidney Crosby, der ein Vielfaches mehr verdient.
Joman Josi (l.) verteidigt gegen Sidney Crosby, der ein Vielfaches mehr verdient.
Bild: Mark Humphrey/AP/KEYSTONE

Aber was wäre gewesen, wenn die Karriere anders verlaufen oder durch Verletzungen gar geknickt worden wäre? Dann wäre Roman Josi nach einem oder zwei Jahren mit leeren Händen dagestanden. Es wäre ihm nicht einmal mehr der Spatz geblieben.

Kritik an Georges Müller ist also unfair. Aber der tüchtige Zürcher Rechtsanwalt mit NHL-Agentenlizenz muss damit leben, dass sein Klient bis 2022 der mit grossem Abstand meistunterbezahlte NHL-Profi ist, ja wahrscheinlich der meistunterbezahlte des 21. Jahrhunderts. Und er wäre natürlich auch der billigste Captain der NHL.

So viel verdienen die Schweizer Eishockeyspieler in Nordamerika

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So viel verdienen die Schweizer Eishockeystars in der NHL
Roman Josi (Nashville Predators): Verteidiger, Vertrag bis 2028, Jahressalär (inkl. Boni): 9,059 Millionen Dollar.
quelle: imago/usa today network / imago images
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20 Kommentare
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chis
30.06.2016 08:24registriert Juni 2016
Dass sie PK los werden wollten war mir klar - herrlich bekloppter Trainer - aber ich hätte nie mit Nashville als Tauschpartner gerechnet. Ich freue mich schon jetzt auf die preds Spiele!
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