Bemühen wir uns um Objektivität. Schildern und analysieren wir nur, was wir gesehen haben. Losgelöst vom Wissen, was eigentlich aufgrund der investierten Mittel, der Saisonprognosen und der auf den Leibchen aufgenähten Buchstaben sein müsste.
Wir haben auf dem Eis keinen Unterschied zwischen der billigsten (Biel) und einer der teuersten Mannschaften der Liga (Kloten Flyers) gesehen.
Kevin Schläpfers Biel mahnt mit der taktischen Konstanz und Disziplin über vier Linien ein wenig an einen ZSC mit kleinen Namen und grossen Herzen.
Kleine Namen deshalb, weil die Gesamtsumme des Talentes (und damit auch des Lohnes) bei Biel viel kleiner ist als bei Kloten. Wahrscheinlich etwa im Verhältnis 40:60. Dieses fehlende Talent einerseits und der teuerste Torhüter der Liga (Martin Gerber) andererseits führten dazu, dass die Klotener wenigstens den ersten Punkt der Saison holten.
Mit taktischer Intelligenz und Leidenschaft hat Biel einmal mehr besser gespielt als es eigentlich das Talent erlauben würde. Deshalb reichte es für die Verlängerung und dort zum hochverdienten Sieg. Es ist nachgerade typisch, dass sich die Bieler vom späten Ausgleich nicht verunsichern liessen und in der Verlängerung doch noch siegten.
Aber eigentlich interessieren uns ja die Kloten Flyers mehr. Sie sind als Anwärter auf den Titel in die Saison gestartet und wähnten sich so stark, dass sie sogar auf die Besetzung der vierten Ausländerposition verzichtet haben.
Wie kann es sein, dass eine Mannschaft mit dem Talent für die Spitzengruppe der Liga nach sechs Runden immer noch ohne Sieg auf dem letzten Platz steht? Wie kann es sein, dass die Klotener in Biel gegen eine Mannschaft verloren haben, gegen die sie 20 der letzten 24 Partien gewonnen hatten?
Wie kann es sein, dass sie ein Spiel verloren haben, das sie aufgrund des glücklichen Ausgleiches in der Schlussphase (53. Min.) gar nie mehr hätten verlieren dürfen?
Es sind negative «weiche» Faktoren, die erneut entschieden haben. Als jene Qualitäten, die nichts mit Talent und eingesetztem Kapital zu tun haben: Die Arroganz, aus der nach 14 Pflichtspiel-Niederlagen in Serie Verunsicherung geworden ist, die fehlende Leidenschaft, die mangelhafte taktische Disziplin.
In Biel hat Kloten wahrscheinlich den absoluten Tiefpunkt erreicht. Mit 16:0 (!) Torschüssen dominierten die Bieler im ersten Drittel die Partie. Sie verpassten es, daraus ein 4:0 oder gar ein 5:0 zu machen. Torhüter Martin Gerber bewahrte in seinem bisher besten Saisonspiel seine Mannschaft vor dem frühzeitigen Untergang.
In der Ära mit Wolfgang Schickli und Tomas Tamfal hat Kloten nie so schwach gespielt wie in dieser Startphase. «Das wird wohl so sein» sagt Trainer Felix Hollenstein. «Es war auch nicht so, dass wir defensiv spielen wollten. Es war einfach nicht mehr möglich.»
Diese ersten 20 Minuten in Biel stehen mit ziemlicher Sicherheit für das schlechteste Drittel in Klotens NLA-Klubgeschichte (seit 1962). Erst dann kehrten die Zürcher ins Spiel zurück und dominierten das zweite und dritte Drittel mit 14:6 bzw. 13:7 Torschüssen.
Aber es ist kein Zufall, dass Kloten am Ende doch einen Weg in die Niederlage gefunden hat. 51 Sekunden vor Schluss leistet sich Victor Stancescu einen Frustrationsstockschlag. Die daraus resultierende Zweiminutenstrafe nützt Biel in der Verlängerung mit dem ersten Schuss zum Sieg.
Der Punktgewinn ist für Kloten kein Schritt aus der Krise. Die Art und Weise, wie das Spiel doch noch verloren wurde, ist eher ein weiterer Schritt tiefer in die Krise hinein. Aber vielleicht gelingt ja heute Abend gegen Ambrì der erste Sieg. Der Befreiungsschlag. Trainer Felix Hollenstein hat jedenfalls so etwas wie den Notstand ausgerufen: «Gegen Ambrì müssen wir einfach siegen. Egal wie.»
So oder so zeigt sich ja Morgenröte. Am Mittwoch dürfen die Kloten Flyers bei Dübendorf (1. Liga) zur ersten Cuprunde antreten. Was auch immer kommen mag – gegen Dübendorf wird Felix Hollenstein mit seiner Mannschaft siegen.