Und jetzt also nach Neusohl (Banska Bystrica). Unsere Verbandsgeneräle könnten sich für die Tätigkeit von einem slowakischen Honorarkonsul bewerben. Sie kennen dieses Land aus unzähligen Reisen besser als jede andere Hockeynation. Wir spielten in den letzten Jahren schon in Poprad und Skalinca und Trnava und Trencin und Piestany und Bratislava und Kosice. Weil die Slowakei einst ein Teil von der österreichisch-ungarischen Monarchie war, haben diese Orte auch deutsche Namen: Püschlig und Kaschau und Pressburg und Deutschendorf und eben Neusohl, wo wir heute gegen Deutschland und morgen gegen die Slowakei spielen.
Seit die Slowakei unabhängig geworden ist (1993), haben wir schon 58 Mal gegen die slowakische Nationalmannschaft gespielt (und 27 Mal gewonnen). Exakt doppelt so oft wie beispielsweise im gleichen Zeitraum gegen Tschechien. Wenn wir nicht freiwillig auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele von 1994 verzichtet hätten, wären es noch mehr als 58 Länderspiele.
Als aus der Tschechoslowakei (CSSR) nach der WM 1992 die zwei unabhängigen Länder Tschechien und Slowakei entstanden, widerfuhr den Slowaken tiefes Unrecht: Tschechien erbte den Platz in der A-WM und die Slowaken mussten in der C-WM neu beginnen. Aber sie durften wenigstens die Qualifikation für das Olympiaturnier 1994 spielen. Die Schweizer, 1993 aus der A-WM abgestiegen, verzichteten auf diese Olympiaqualifikation gegen die Slowaken – wegen Chancenlosigkeit. Deshalb kam es erst 1997 zum ersten Länderspiel gegen die Slowakei.
Mit keinem anderen Land pflegt die Schweiz inzwischen einen so intensiven Länderspielverkehr. Ja, die Spiele gegen die Slowakei sind im 21. Jahrhundert zum ungeliebten Klassiker geworden.
Warum ausgerechnet die Slowakei? Weil es keine Alternative gibt. Schweden und Tschechien und Russland und Finnland tragen seit 1996 während der Saison unter sich die Euro Hockey Tour aus. Damit stehen die «Grossen Vier» für Länderspiele im November und Dezember und Februar nicht zur Verfügung. Erst in der WM-Vorbereitung, wenn allerorten noch die Playoffs im Gange sind, dürfen wir Testpartien gegen B- und C-Teams aus Schweden oder Russland oder Finnland oder Tschechien machen.
Die Euro Hockey Tour ist für diese vier Landesverbände ein vorzügliches Geschäft geworden. Werbe- und TV-Gelder fliessen reichlich in die Verbandskassen. Alle Versuche, auch die anderen europäischen Topnationen wie die Slowakei (Weltmeister und mehrfacher WM-Finalist) oder die Schweiz (WM-Finalist) zu beteiligen, sind gescheitert.
Für die Schweiz ist damit die Slowakei mit Abstand der stärkste zur Verfügung stehende Gegner für die Länderspiele im November und Dezember und Februar – und umgekehrt. Die sportlich klar schwächeren Deutschen wären ja auch recht attraktiv. Doch die machen im Dezember nicht einmal mehr Länderspielpause. Zudem sind Reisen in die Slowakei – meistens ein Flug nach Wien und weiter mit dem Bus – weitaus günstiger als Trips nach Norwegen oder nach Weissrussland. So kommt es, dass wir gegen kein anderes Land so häufig spielen wie gegen die Slowakei.
Das wird so bleiben. Peter Zahner war vor seiner Tätigkeit als ZSC-Manager jahrelang Verbandsdirektor und sagt, es sei nicht möglich, an dieser bestehenden Ordnung etwas zu ändern. «Wir haben es jahrelang vergeblich versucht. Eine Aufstockung der Euro Hockey Tour auf fünf Teams bringt weder mehr Einnahmen noch höhere Qualität und würde die Turniere jeweils bloss verlängern.»
Inzwischen ist da und dort vorgeschlagen worden, auf eine oder zwei der drei Länderspielpausen (im November und Dezember und Februar) und damit auf ein paar Länderspiele gegen die Slowakei zu verzichten. Peter Zahner sagt, das sei undenkbar. «Die Länderspielpausen sind vom internationalen Verband festgelegt und die Klubs sind dazu verpflichtet, die Spieler für diese Termine freizustellen.» Da in der NLA Nationalspieler aus den europäischen Topnationen beschäftigt werden, müssten einzelne Klubs bei Meisterschaftsspielen während den Länderspielpausen ausgerechnet auf einige von ihren Ausländern verzichten.
So wie in der Filmkomödie «Und täglich grüsst das Murmeltier» ein TV-Wetterfrosch jedes Jahr aus der Kleinstadt Punxsutawney über den Tag des Murmeltiers zu berichten hat, so spielen die Schweizer jedes Jahr mehrmals gegen die Slowaken. Mal sind es einzelne Spiele, mal ein Turnier in der Slowakei oder bei uns.
Weil die Spielanlage und die Qualitäten bei den Schweizern und den Slowaken ähnlich sind und weil während der Saison beide Teams auf ihre NHL-Spieler verzichten müssen (die Schweiz hat 11 und die Slowakei 13) und weil sich beide Teams inzwischen so gut kennen, sind daraus die berechenbarsten und langweiligsten Spiele in der internationalen Länderspielgeschichte geworden.
Wenigstens bringt diesmal der Austragungsort des Slovakia Cups etwas Abwechslung. In Banska Bystrica, ziemlich genau in der Mitte von der Slowakei, waren wir noch nie.