Er war als Junior nicht gut genug für den SC Bern. Und nun hat sich der Kreis geschlossen. Er war auch als Routinier nicht gut genug für den SC Bern. Mark Streit tritt zurück. Der SCB hat ihm auch jetzt kein Angebot gemacht. Was allerdings keine Rolle spielt. Er hätte es nicht angenommen.
Zwischen der ersten und der letzten Geringschätzung durch den grössten Hockeyklub Europas liegt die grösste Schweizer Eishockeykarriere der Geschichte.
Dieser Anfang und dieser Schluss erklären das Phänomen Mark Streit. Er hat seinen Weg nicht als «Jahrhundert-Talent» gemacht. Er war nicht der Nico Hischier seiner Generation.
Mark #Streit, wir ziehen den Hut und bedanken uns für die tolle Zeit! 🎩
— ZSC Lions (@zsclions) 30. Oktober 2017
Löwe von 2000 bis 2005 🦁#Schweizermeister #StanleyCupChampion 🏆
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Natürlich war er auch ein talentierter Spieler (wir müssen ja jetzt in der Vergangenheitsform über ihn als Hockeyspieler schreiben). Niemand macht ohne Talent eine grosse Karriere. Aber er war nicht talentierter als Mathias Seger, Martin Plüss oder Reto von Arx, die anderen helvetischen Titanen seiner Generation. Sie alle hatten auch genug Talent für die NHL. Aber nicht Mark Streits Mut und nicht die Beharrlichkeit und nicht den sturen «Berner Grind».
Heute ist schon fast vergessen, dass Mark Streit in Nordamerika zwei Anläufe machen musste. Der erste endete in der drittklassigen East Coast Hockey League und mit einem demütigenden Rauswurf: er fand seine Ausrüstung in einem Abfallsack vor der Kabine.
Hätte Mark Streit überhaupt im Alter von 39 Jahren im Schweizer Eishockey noch etwas bewegen können? Nein. Er hat zu Beginn seiner Karriere die richtigen Entscheidungen getroffen und er hat auch jetzt am Schluss, nach mehr als 800 NHL-Spielen, erneut richtig entschieden und ist zurückgetreten. Anders als Reto von Arx, Mathias Seger und Martin Plüss erspart er sich eine wochenlange «Seifenoper» rund um seinen Rücktritt.
Und was nun? Sein «Problem» – es ist ja wirklich nur ein Problem in Anführungszeichen – ist sein Charisma. Mark Streit ist nicht arrogant, ganz im Gegenteil. Und er ist in seinem Wesen und Wirken ein Teamplayer, keine Diva. Aber er ist für helvetische Klubverhältnisse wohl vorerst eine Nummer zu gross, um einfach irgendwo als Juniorentrainer zu arbeiten oder als Stargast ein bisschen Geschäftsherren und -Frauen bei Business-Lunches mit Erzählungen und Schwänken aus seinem Leben zu unterhalten.
Mark Streit braucht ja auch nicht sofort einen Job. Er hat mehr als 30 Millionen Dollar verdient und kann es sich leisten, sein Leben während ein paar Monaten zu entschleunigen, in sich zu gehen und zusammen mit seiner Familie zu entscheiden, was er künftig tun möchte.
Es gibt eigentlich nur eine Position in unserem Hockey, die seinem Leistungsausweis und seinem Charisma angemessen wäre. Die Position eines Verbands-Präsidenten.
Es ist ja fast vergessen gegangen, dass der Verband als Nachfolger von Marc Furrer einen neuen Präsidenten sucht. Die Suche gestaltet sich so schwierig, dass sich inzwischen eine Kommission darum kümmert. In der neuen Struktur übernimmt der Präsident im höchsten Amt unseres Hockeys nicht mehr eine aktive Führungsrolle. Die spielt Büro-General Florian Kohler lieber selber. Der Präsident muss auch kein Geld mehr organisieren. Vielmehr kommt dem neuen Chef nur noch eine repräsentative Funktion zu. Ähnlich wie dem König oder der Königin von England.
Mark Streit for President. Er würde die neue Dynamik unseres Hockeys, die Philosophie «Swissness», auf nahezu perfekte Art und Weise personifizieren.