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Eismeister Zaugg

NLA: ZSC – SCB war das beste Spiel – die Schlüsse daraus

SC Bern Stuermer Mark Arcobello, rechts, gegen ZSC Lions Stuermer Patrick Thoresen waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den ZSC Lions und dem SC Bern am Montag, 24 ...
Die ZSC Lions (Patrick Thoresen, l.) und der SC Bern (Mark Arcobello) lieferten sich ein hochstehendes Duell.Bild: PPR
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Das beste Spiel der laufenden Meisterschaft und was wir daraus schliessen können

Mitreissendes, begeisterndes, totales, bedingungsloses Hockey im Zürcher Hallenstadion. Ein grosser Sieg für den SC Bern und eine überaus interessante Aufgabe für ZSC-Sportchef Edgar Salis.
25.10.2016, 10:4225.10.2016, 15:01
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Wenn wir denn bei den Hockeygöttern einen Wunsch frei hätten, dann diesen: Beschert uns im nächsten Frühjahr ein Finale zwischen den ZSC Lions und dem SC Bern. Als Zusatzwunsch eine Serie über sieben Spiele.

SC Bern Stuermer Simon Moser, vorne, gegen ZSC Lions Torhueter Lukas Flueeler waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den ZSC Lions und dem SC Bern am Montag, 24. Okt ...
SCB-Verteidiger Simon Moser zwingt Lukas Flüeler im ZSC-Tor mit seinem Abschluss zu einer Parade.Bild: KEYSTONE

Die Berner haben gestern ein schnelles, intensives, hochstehendes Spiel – wahrscheinlich war es sogar ligaweit das beste der laufenden Meisterschaft – im Penaltyschiessen 3:2 gewonnen. Aber waren sie wirklich besser? Nein, das waren sie nicht. Sie haben gewonnen, weil das Reglement vorschreibt, dass ein Sieger zu ermitteln ist, und es passt ins Bild, dass es dafür eben ein Penaltyschiessen brauchte.

Beide Teams sind mit der Programmumstellung von nordamerikanischem auf skandinavisches Hockey beschäftigt. Beide wurden im letzten Herbst noch von NHL-Bandengenerälen kommandiert (Guy Boucher und Marc Crawford) und werden inzwischen von skandinavischen Hockey-Pädagogen (Kari Jalonen und Hans Wallson) umsorgt, gefordert und gefördert.

Drei Hochzeiten

Diese Umstellung ist in Zürich und in Bern schon recht gut gelungen. Deshalb sind wir gestern von zwei Mannschaften so gut unterhalten worden, die das Spiel als Spiel verstehen und sich nicht in defensiven taktischen Schützengräben einlochen und Hockey malochen. Das Spektakel gipfelte in einer Verlängerung, die uns Hockey bescherte, das bei uns fast nicht mehr schwungvoller, eleganter und präziser zelebriert werden kann.

Diese Ausgeglichenheit zwischen den zwei Titanen der Liga führt uns zum Ursprung des Spiels zurück: Nicht das System ist entscheidend, sondern die individuelle Heldentat. Die grossen Paraden der Goalies. Die Courage und Schussgewalt der Verteidiger. Die Tricks und Geistesgegenwart der Stürmer. Gestern haben zwei Verteidiger drei Heldentaten vollbracht. Justin Krueger, der Bub des legendären Ralph Krueger, versenkte einen und Maxim Noreau verwertete beide Penaltys. Und zum ersten Mal seit seinem Transfer zum SC Bern war Leonardo Genoni in einem grossen Spiel ein grosser Goalie (Fangquote 95,24 Prozent).

SC Bern Verteidiger Maxim Noreau, links, versenkt den entscheidenden Penalty gegen ZSC Lions Torhueter Lukas Flueeler waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den ZSC  ...
Maxime Noreau (l.) verwandelte beide seine Penaltys.Bild: KEYSTONE

Wenn es denn eine kleine Differenz zwischen diesen beiden Teams gibt, dann ist es die grössere Ausgeglichenheit der ZSC Lions über vier Blöcke. Und die beschert uns, als «Bayern-München-Syndrom» auch neben dem Eis gute Unterhaltung.

Um auf allen drei Hochzeiten (Meisterschaft, Cup, Champions Hockey League) zu tanzen und dabei nicht aus dem Takt zu geraten, beschäftigen die Zürcher am meisten Alphatiere – so wie eben grosse Fussballteams wie Bayern München Spieler für fast zwei Teams unter Vertrag haben.

AUGSBURG, GERMANY - APRIL 05: (L-R): Rafinha, Jerome Boateng, David Alaba, Mario Goetze, Thomas Mueller and Leopold Zingerle of Muenchen joke at the team bench prior to the Bundesliga match between FC ...
Mit der Bank von Bayern München (hier ein Symbolbild von 2014) würde manch andere Mannschaft Meisterschaften gewinnen.Bild: Bongarts

«Es ist alles offen»

Weil der SCB etwas weniger Spieler beschäftigt hat ja SCB-General Marc Lüthi angeordnet, freiwillig aus dem Cup auszuscheiden – durch die absichtlich herbeigeführte Pleite in der ersten Runde gegen die in der NLB immer noch sieglosen Ticino Rockets. So kann sich der Meister seither auf die Meisterschaft und die Champions Hockey League konzentrieren.

Aber die grossen Tiere wollen spielen. Deshalb ist der «Fall Cunti» so interessant. Der Vertrag dieses spielstarken 27-jährigen Centers läuft aus. Gestern wohnte sein Agent Roly Thompson dem Spektakel bei. Er deckte seine Karten nicht auf, zeigte Verständnis für die Notwendigkeit der ZSC Lions ein breites Kader zu unterhalten und liess schlau durchblicken, dass sein Klient gerne viel Eiszeit und eine wichtige Rolle habe. «Es stimmt, Roly Thompson lotet die Möglichkeiten aus», sagt Luca Cunti. Aber er konzentriere sich aufs Hockey. «Ich will jetzt möglichst viele gute Spiele zeigen und auch Skorerpunkte beisteuern.» Auf die Frage, ob es seine Priorität sei, in Zürich zu bleiben, sagt er diplomatisch und klug: «Es ist alles offen.»

Zuerichs Luca Cunti, links, kaempft um den Puck gegen Servettes Torhueter Robert Mayer, rechts, beim Eishockeyspiel der Nationalleague A ZSC Lions gegen den Geneve-Servette HC im Hallenstadion in Zuer ...
Luca Cunti (hier im Retro-Shirt gegen Servette) lässt seine Zukunft offen.Bild: KEYSTONE

Der «Fall Cunti» ist für die Zürcher wichtig. Der Mittelstürmer hat in 15 Partien zwar erst vier Punkte gebucht, aber die Statistik verschweigt den Wert dieses grandiosen Mittelstürmers. Sportchef Edgar Salis hat längst reagiert. Beim letzten Spitzenkampf im Hallenstadion am 18. Oktober gegen Zug (2:1 n.P.) hatte Trainer Hans Wallson Luca Cunti zum Hinterbänkler degradiert, ihm bloss 9:37 Minuten Eiszeit eingeräumt und so die Unzufriedenheit seines wichtigsten Schweizer Centers und die Hoffnungen des stark interessierten SC Bern auf einen Transfer befeuert. Gestern bekam Luca Cunti 15:48 Minuten Eiszeit. Obwohl sein Name in der Skorerliste nicht auftaucht: Er war der dominierende, überragende Einzelspieler eines grossen Hockeyabends.

Was darf es sein?

Die ZSC Lions haben zwar ein Spiel gegen den Meister verloren – aber nun deutet einiges darauf hin, dass sie das Werben um Luca Cunti gewinnen könnten. Sportchef Edgar Salis wird es seinem Trainer bis zu einer allfälligen Vertragsverlängerung nicht mehr erlauben, dem WM-Silberhelden weniger als eine Viertelstunde Eiszeit pro Match zuzuteilen.

Chur, 30.09.2015, Eishockey Schweizer Cup, EHC Chur Capricorns - ZSC Lions, ZSC-Sportchef Edgar Salis zurueck im Churer Hallenstadion (Jakob Menolfi/EQ Images)
ZSC-Sportchef Edgar Salis.Bild: Jakob Menolfi

Was sind denn eigentlich Luca Cuntis Optionen? Nun, etwas boshaft können wir es so sagen: Will er kein Sommertraining mehr machen, wechselt er zu Ambri. Möchte er einfach nur viel, viel, viel und noch viel mehr Geld verdienen aber nie mehr Meister werden, ist der Transfer nach Lugano zu empfehlen. Ist er gewillt, Heimweh in Kauf zu nehmen, wäre Lausanne eine gute Wahl. Falls er nicht gern viel Steuern zahlt und es ihm nichts ausmacht, nie mehr auch nur bis ins Finale zu kommen, ist Zug die beste Option.

Wünscht er keine Veränderung, aber weiterhin gute Chancen auf Meisterfeiern und ein bäumiges Salär, erhebt nicht den Anspruch, die erste Geige zu spielen, ist die Vertragsverlängerung in Zürich angezeigt. Hat er das Bedürfnis nach einem Trainer, der bis ans Limit und darüber hinaus fordert und macht es ihm nichts aus, das Sommertraining noch einmal zu intensivieren, dann ist er in Davos bei Arno Del Curto gut aufgehoben. Sucht er eine grosse neue Herausforderung als Leitwolf mit zentraler Rolle in einer richtigen Hockeystadt, neuem meisterlichem Ruhm, eine angemessene Besoldung und darüber hinaus eine hohe Lebensqualität – dann ist der SCB die richtige Adresse.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Porcupine Tree
25.10.2016 12:13registriert November 2015
Diese Ausgeglichenheit zwischen den zwei Titanen der Liga ...
Muss auch ich als SCB Fan lachen, wenn ich lese: 2. Drittel, Schaussverhältnis 15:1 ???????

Sind wir ehrlich, in der Quali ist der Z dem SCB klar überlegen. Sie haben das technisch deutlich bessere Personal. Aber in einem möglichen Playoff- Aufeinandertreffen, wenn zum Spiel noch Kampf und Emotionen dazu kommen, dann sieht es eventuell anders aus... Dann kann der SCB auf Augenhöhe sein mit dem Z.
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goldmandli
25.10.2016 12:55registriert November 2014
Klaus Zaugg: ein Mann der es schaft in einem Absatz 1/4 aller nla fans zu verärgern. 👍😁
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Pingu80
25.10.2016 13:02registriert März 2016
Klausi hör mal auf immer das absichtliches Ausscheiden des SCB aus dem Cup uns einzubläuen. Du versuchst bei jeder Gelegenheit den Cup schlecht zu schreiben. Inzwischen ist es nur noch peinlich und lächerlich.
Der SCB hat das selbe gemacht, was alles Fussballclubs auch machen. Nämlich in der 1. Cuprunde auf junge Spieler gesetzt.
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