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Eishockey-Nati: Patrick Fischer übernimmt zusammen mit Felix Hollenstein und Reto von Arx

Werden Fischer, Hollenstein und Von Arx zum Trio Eugster?
Werden Fischer, Hollenstein und Von Arx zum Trio Eugster?
Bild: KEYSTONE
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Zwischen Triumvirat und Trio Eugster – Chancen und Risiken einer mutigen Lösung

Patrick Fischer (40) übernimmt zusammen mit Felix Hollenstein (50) und Reto von Arx (39) die Nationalmannschaft. Ein Experiment mit grossem Chancen und enormen Risiken.
03.12.2015, 08:0103.12.2015, 11:57
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Die Nationalmannschaft den Schweizern. Oder neudeutsch «Swissness». Diesen Vorsatz hat Nationalmannschafts-Direktor Raëto Raffainer mutig umgesetzt. Oder besser: er hatte nach dem unsäglichen Theater um Kevin Schläpfer gar keine andere Möglichkeit mehr, als Schweizern das höchste Traineramt im Land zu überlassen. Bei jeder anderen Lösung hätte er das letzte Restchen Glaubwürdigkeit verloren. Bei der Wahl dieses Trios spielten also populistische und politische Überlegungen eine ähnlich wichtige Rolle wie die fachliche Eignung. Die Berufung von Patrick Fischer & Co. ist daher seit langer Zeit erwartet worden.

Patrick Fischer: Daumen hoch und ein durchschauender Blick.
Patrick Fischer: Daumen hoch und ein durchschauender Blick.
Bild: Patrick Straub/freshfocus

Diese Lösung ist ein Bekenntnis zum Schweizer Eishockey, zu unserer Hockeykultur und daher zu loben. Grosse Hockeykulturen haben ihre eigenen Nationaltrainer.

Am Herrschaftswissen des Gewinnens kann es dem Trio nicht fehlen. Die drei haben als Spieler mehr als zehn Titel gewonnen, über 2400 NLA-Partien gespielt, mehr als 20 internationale Turniere (WM, Olympia) und über 500 Länderspiele bestritten. Reto von Arx und Patrick Fischer haben auch in der NHL gespielt (68 Patien). Zudem assistierte Patrick Fischer bei der Silber-WM von Stockholm.

Was hältst du vom neuen Trainer-Trio?

Der neue Nationaltrainer Patrick Fischer ist ein charismatischer Kommunikator und daher bestens für die Position des Chefs geeignet. Er wird ein grandioser Botschafter für unser Hockey sein. An ihm werden auch die Sponsoren Freude haben und als Vortragsredner wird er fast so begeistern wie einst Ralph Krueger.

Felix Hollenstein hält sich lieber etwas im Hintergrund.
Felix Hollenstein hält sich lieber etwas im Hintergrund.
Bild: KEYSTONE

Felix Hollenstein hat in Kloten jahrelang als Assistent von Anders Eldebrink gearbeitet, war selber auch Cheftrainer und hält sich lieber etwas im Hintergrund. Reto von Arx bringt das Wissen ein, das er unter Kulttrainer Arno Del Curto gesammelt hat. Und ganz nebenbei ist es die grosse Versöhnung mit der Vergangenheit. Der Emmentaler war 2002 wegen angeblicher Zecherei ausgerechnet in der Hauptstadt der Mormonen medienwirksam vorzeitig von den Spielen aus Salt Lake City heimgeschickt worden. Seither spielte er nie mehr an einer WM oder an einem Olympiaturnier für die Schweiz.

Einst mit Schimpf und Schande aus der Nati gejagt, jetzt im Trainerstaff derselben: Reto von Arx (l.).
Einst mit Schimpf und Schande aus der Nati gejagt, jetzt im Trainerstaff derselben: Reto von Arx (l.).
Bild: EQ Images

Der Optimist spricht von einem Triumvirat

Der Optimist spricht also von einem Triumvirat. Dies ist die respektvolle Bezeichnung für ein Bündnis von drei Männern, die gemeinsame Interessen verbindet. Julius Cäsar, Pompeius Magnus und Marcus Crassus bildeten im alten Rom das berühmteste Triumvirat. Diese Männerfreundschaft machte einst den alten Römern klar, wo der Barthel den Most holt. Sie hielt sieben Jahre und zerbrach im Bürgerkrieg.

Nun hat auch unser Hockey ein Triumvirat. Jetzt wissen wir in unserem Hockey endlich, wo der Barthel den Nationalmannschafts-Most holt. Dieses Triumvirat wird von viel Goodwill getragen und sollte eigentlich auch sieben Jahre (bis Olympia 2022) halten. Ein vaterlandsloser Hockey-Geselle, der diese eidgenössische Besetzung der nationalen Bande nicht freudig begrüsst. Bei der WM im Mai 2016 wird die Kritik selbst dann moderat sein, wenn die Viertelfinals verpasst werden. Absteigen sollten wir wohl nicht.

Oder haben wir bald das Trio Eugster an der Bande?

Und doch gibt es Risiken. Dieses Triumvirat kann sich am Ende auch als Trio Eugster erweisen. Das Gesangstrio Guido, Alex und Vic Eugster steht für glatte Volksmusik («Ganz de Pappe», «O läck du mir»). Die Gefahr von Hockeyfolklore ist in der Tat nicht zu unterschätzen. Zumal die drei sich im Falle einer Krise vorzüglich für witzige und weniger witzige mediale Darstellungen eignen («Die drei von der Tankstelle», «Die drei Musketiere», «Trio Grande», «Trio Infernale», «Drei Männer im Schnee», «Schwyzerörgeli-Trio Vollgas», «Tick, Trick, Track» etc.).

Das Trio Eugster mit Vic (Viktor), Guido und Alex.
Das Trio Eugster mit Vic (Viktor), Guido und Alex.
Bild: KEYSTONE

Die grosse Frage ist nämlich, ob es gelingen wird, dieses enorme Potenzial, diese Erfahrung, dieses Wissen zu bündeln und in zielgerichtete Arbeit umzusetzen und zu einer einheitlichen Philosophie zu verschmelzen.

Alle drei sind zwar auf ihre ganz besondere Art Alphatiere, aber alle drei sind auch klug genug, zusammenzuspannen. Und doch stellt sich bei der flachen Hierarchie die Frage: werden die drei zusammenhalten, wenn es nicht wie erwartet läuft? Denn jeder der drei hat auch seine Einflüsterer und Verbündeten im Nachrichtenzug (bei den Medien). Wenn es nicht läuft, wird einer hinstehen und den Kopf hinhalten müssen.

Ein kleiner Vorgeschmack auf das Trio Eugster: «Oh, läck du mir am Tschöpli!»
YouTube/mth77777

Kein ausgefuchster Bandengeneral

Und es gibt noch ein Risiko: Keiner der drei ist ein sogenannter «Bench Coach». Also ein ausgefuchster Bandengeneral, der das Spiel «spürt», managt, die richtigen Entscheidungen trifft, die richtigen Spieler im richtigen Moment aufs Eis schickt und die grossen Spiele gewinnt.

Gerade fehlendes Gespür für das Coaching ist Patrick Fischer in Lugano zum Verhängnis geworden. Er hat 2014 und 2015 die Playoff-Viertelfinals gegen den schlauen Chris McSorley verloren. Felix Hollenstein ist in diesem Bereich etwas besser, aber nicht brillant und Reto von Arx fehlt jegliche Erfahrung als Coach. Aber WM-Turniere sind Resultat-Turniere. Schlaues Coaching ist unerlässlich.

Es fehlt die Rückendeckung

Simon Schenk und Ralph Krueger waren die zwei Nationaltrainer, die unser Hockey verändert und weiterentwickelt haben. Sie waren oft im guten Sinne stur, setzten sich gegen Widerstände durch und schwammen nicht mit dem Strom. Sie konnten sich in den Auseinandersetzungen mit den Klubs durchsetzen und Krisen überstehen, weil sie hinter sich einen starken Verbandsdirektor und einen starken Verbandspräsidenten hatten. Persönlichkeiten vom Format eines Peter Zahner, René Fasel, Werner Kohler oder Fredy Egli. Silberschmied Sean Simpson hatte diese Unterstützung bereits nicht mehr, resignierte und ging.

Raëto Raffainer: Hat er die richtige Wahl getroffen?
Raëto Raffainer: Hat er die richtige Wahl getroffen?
Bild: freshfocus

Patrick Fischer, Felix Hollenstein und Reto von Arx müssen ohne diese Rückendeckung arbeiten. Um es etwas salopp zu sagen: Bei schönem Wetter sind Nationalmannschaftsdirektor Raëto Raffainer, Verbandsdirektor Florian Kohler und Präsident Marc Furrer da um den Schirm aufzuhalten. Aber sobald Bewölkung aufzieht und es nach Sturm und Regen aussieht, wenn der Wind von den Klubs her gegen die Nationalmannschaft weht, werden sie sich mit den Schirmen davonschleichen und das Triumvirat im Regen stehen lassen. Verregnet und nass wird es dann zum Trio Eugster.

12 kurze Witze zum Schweizer Eishockey

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Toastbrot
02.12.2015 23:17registriert Februar 2014
Als vierter Assistenztrainer wäre noch Michel Zeiter zu haben. Dann klappt's auch mit einem Jass.
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Pax Mauer
03.12.2015 02:06registriert Februar 2015
Und ich freu mich so auf die Hintergrund-Story des Eismeisters. Wükli. Konnten sich Zahner und Lüthi nicht auf Larry einigen? Hat Bengt-Ake den Schwefelgeruch des Verlierens nicht aus den Kleidern gebracht? Und was zum Teufel sagt das Bundesamt für Eishockey dazu? Ueeeeeeli!!!
695
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meinsch?
03.12.2015 08:01registriert Oktober 2015
jetzt passt's
einer mit wenig erfahrung und keinem erfolg
einer mit etwas mehr erfahrung aber noch weniger erfolg
dazu einer mit ohne jegliche erfahrung

also eigentlich die idealen voraussetzungen für eine anstellung beim verband
499
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So nah und doch so fern: Lausanne war beim Finalauftakt einer Sensation so nahe und doch war der Sieg so fern: Die ZSC Lions finden halt immer eine Lösung. Diesmal sorgte mit Yannick Weber einer für die Wende, der eigentlich Tore zu verhindern hat.

Yannick Weber (35) ist ein weitgereister Haudegen aus dem Bernbiet. Erfahren aus 14 Jahren Nordamerika, mehr als 500 NHL-Spielen und Auftritten auf der ganz grossen Bühne: 2017 verliert er an der Seite von Roman Josi mit Nashville den Stanley Cup-Final.

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