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Domenig über Löhne der Verbands-Funktionäre «Wenigstens stehlen sie kein Geld»

Swiss-Ice-Hockey-CEO Florian Kohler handelt im Sommer 2017 einen neuen TV-Vertrag aus. 
Swiss-Ice-Hockey-CEO Florian Kohler handelt im Sommer 2017 einen neuen TV-Vertrag aus. 
Bild: freshfocus
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HCD-Präsident Domenig über Löhne im Verband: «Wenigstens stehlen unsere Funktionäre kein Geld»

Das Theater um die Position des Nationaltrainers ist nur Folklore. Beim Eishockey-Verband geht es um viel wichtigeres, ja existenzielles: Die Verlängerung des TV-Vertrags – davon hängt auch das süsse Leben unserer Funktionäre ab.
19.10.2015, 15:0120.10.2015, 00:31
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Die Verbandsfunktionäre prassen schon ein wenig. Dem offiziellen Geschäftsbericht entnehmen wir auf Seite 67, dass sich Präsident Marc Furrer für seine ehrenamtliche Tätigkeit (!) ein Honorar von sage und schreibe 60'000 Franken plus eine Spesenpauschale von 20'000 Franken gönnt. Das ist mehr als dem Präsident des Deutschen Fussballbundes – einer der mächtigsten nationalen Sportverbände der Welt – zusteht.

Marc Furrer bekommt ein Honorar von 60'000 Franken plus eine Spesenpauschale von 20'000 Franken. 
Marc Furrer bekommt ein Honorar von 60'000 Franken plus eine Spesenpauschale von 20'000 Franken. 
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Überhaupt ist der Verbands-Verwaltungsrat ein bisschen teuer. Die sechs ehrenamtlich (!) tätigen Herren kosten im Jahr zusammen 225'000 Franken. Der legendäre ehemalige Liga-Boss Franz A. Zölch hat seinerzeit für solche Ausgaben den Begriff «bezahlte Ehrenamtlichkeit» geprägt, dem heute freudig nachgelebt wird.

Geldquelle TV-Vertrag

Ganz so wohl ist es unseren tüchtigen Verbandsgenerälen ob der Publikation solcher Zahlen nicht. Aber HCD-Präsident Gaudenz Domenig sagt: «Ich habe im Sinne der Transparenz bei der Neustrukturierung darauf bestanden und statutarisch festschreiben lassen, dass diese Zahlen offengelegt werden müssen.» Nicht nur die Bezüge der Verwaltungsräte sind ausserordentlich hoch – auch der Personalaufwand des Verbandes von insgesamt 10,354 Millionen ist bemerkenswert. Da muss niemand darben. Gaudenz Domenig mag das nicht kritisieren und sagt mit seiner Lust zu ein wenig Sarkasmus: «Wenigstens stehlen unsere Funktionäre kein Geld. Das ist in der heutigen Zeit ja schon bemerkenswert …»

Philippe Gaydoul hat während seiner Präsidialzeit auf ein Honorar verzichtet.
Philippe Gaydoul hat während seiner Präsidialzeit auf ein Honorar verzichtet.
Bild: KEYSTONE

Die Geldquelle, die das Wohlleben auf Kosten des gesamten Eishockeys möglich macht, ist in erster Linie der TV-Vertrag mit dem Schweizer Fernsehen und Cinetrade AG im Gesamtwert von rund 15 Millionen Franken. Neben viel Geld garantiert dieser Deal eine erstklassige TV-Präsenz und liefert so den Sauerstoff für Sponsoring-Partnerschaften, die noch einmal 10 Millionen einbringen. Ausgehandelt hat dieser letzte Deal noch der ehemalige Präsident und tüchtige Kapitalist Philippe Gaydoul. Er war übrigens wirklich ehrenamtlich tätig. Er hat während seiner Präsidialzeit auf ein Honorar verzichtet.

TV-Markt verändert sich tiefgreifend

Damit wird klar: Die Verlängerung des TV-Vertrages, die im Sommer 2017 ansteht, ist von existenzieller Bedeutung. Bereits im nächsten Frühjahr werden die Gespräche beginnen. Jetzt geht es darum, die Verhandlungs-Delegationen zusammenzustellen.

Zurzeit ergötzen wir uns ja noch an einer Eishockey-Version des weltberühmten Theaterstückes «Warten auf Godot» von Samuel Becket. Wir warten auf einen neuen Nationaltrainer. Das Vorgehen von Verbandsdirektor Florian Kohler und seines tüchtigen Freundes und Nationalmannschats-Direktors Raeto Raffainer bietet Stoff für eine TV-Seifenoper und hat Nationaltrainer-Wunschkanditat Kevin Schläpfer in aller Öffentlichkeit zu Tränen gerührt.

Florian Kohler, der CEO von Swiss Ice-Hockey, übernimmt den Lead bei den Verhandlungen um den neuen Vertrag.   
Florian Kohler, der CEO von Swiss Ice-Hockey, übernimmt den Lead bei den Verhandlungen um den neuen Vertrag.   
Bild: freshfocus

Doch das alles ist zu den anstehenden TV-Verhandlungen bloss Folklore. Wird es gelingen, die TV- und Vermarktungsgeldquellen zu erhalten? Das ist keineswegs sicher. Der TV-Markt verändert sich tiefgreifend. Stark vereinfach gesagt: Das Staatsfernsehen muss sparen und wird bei den Verhandlungen um TV-Rechte weniger spendabel sein. Und noch ist offen, ob die Cinetrade AG aus wettbewerbsrechtlichen Gründen mit ihren Partnern weiterhin die Spiele der Fussball- und Eishockeymeisterschaft vertreiben darf – oder ob neue «Players» mitmischen (wie Cablecom).

Florian Kohler sagt, er werde in diesen hoch heiklen Verhandlungen den Lead übernehmen. «Wir lassen uns aber von Fachleuten beraten.» Der neue TV-Sportchef Roland Mägerle hat die verschiedenen Spotverbände schon mal mit einem Brief mit einer Art «Gewinnwarnung» auf die neue Situation im helvetischen TV-Geschäft sensibilisiert. Man müsse sparen. Sein Name ist Programm.

Es sieht zumindest beim Staatsfernsehen nach weniger Geld aus. Gaudenz Domenig, der sich als international tätiger Wirtschaftsanwalt in diesem Geschäft sehr gut auskennt, ist anderer Meinung. Ihn stört, dass der nationale Fussball höhere Einnahmen erzielt als das Eishockey. «Ich bin der Meinung, dass wir im Eishockey mehr Geld bekommen sollten.» Und verweist auf die Bedeutung der nationalen Meisterschaft und der Möglichkeit des Staatsfernsehens, im Bereich Sport den Zuschauern eine Exklusivität anzubieten, die in allen anderen Bereichen (Film, Unterhaltung) gegenüber den vielen deutschsprachigen ausländischen Stationen nicht mehr gegeben ist.

Domenig stört sich darüber, dass der nationale Fussball mehr Einnahmen erzielt, wie das Eishockey. 
Domenig stört sich darüber, dass der nationale Fussball mehr Einnahmen erzielt, wie das Eishockey. 
Bild: KEYSTONE

 

Vertragsdauer soll verkürzt werden

Florian Kohler hat eine Strategie im Kopf. Sie ist hoch riskant – kann aber auch erfolgreich sein. Er sagt: «Wir wollen den Parteien künftig kein Erstverhandlungsrecht mehr gewähren und die Rechte ausschreiben. So wie das heute auch in anderen Ländern üblich ist.» Er will den TV-Deal zudem an die neue Dynamik dieses Geschäftes angleichen. «Die bisher übliche Vertragsdauer von fünf Jahren entspricht nicht mehr den Erfordernissen der Zeit. Wir streben eine Vertragsdauer von höchstens drei Jahren an.»

Nun ist der TV-Markt Schweiz aus verschiedenen Gründen ein Sonderfall und weder mit Deutschland, England noch den skandinavischen Ländern vergleichbar. Insbesondere ist die Refinanzierung von Investitionen in diesem vergleichsweise kleinen Markt schwierig. Erträgt unser TV-Markt die freie Marktwirtschaft beim Dealen mit TV- und Vermarktungsrechten? Florian Kohler nennt einen interessanten Punkt. «Wir müssen uns auch überlegen, ob wir die TV-Rechte weiterhin im Packet verkaufen oder ob es in Zukunft nicht besser ist, wenn die einzelnen Klub selber für die Verbreitung sorgen.» Zurzeit erhält jeder NLA-Klub aus dem TV- und Vermarktungstopf lediglich rund 700 000 Franken per anno.

Tatsächlich ist es denkbar, dass ein Klub selber über eigene Kanäle seine Spiele verbreitet – die Internet-Technologie und die immer stärker werdenden Kabelnetzbetreiber machen es möglich. In Nordamerika betreiben die grossen Sportunternehmen (NHL, Baseball, Football, Basketball) längst ihre eigenen TV-Kanäle. Und es ist auch denkbar, dass ein finanzkräftiges Medienunternehmen diese Rechte erwirbt und über seine eigenen Kanäle verbreitet. Ringier bzw. InfrontRingier tun dies in Ansätzen bereits jetzt mit den Cup-Partien, die über blick.ch übertragen werden. Angesichts der Strahlkraft des Eishockeys ein Zukunftsmarkt mit enormem Potenzial.

Das Schweizer Eishockey braucht das SRF.
Das Schweizer Eishockey braucht das SRF.
Bild: KEYSTONE

Am Ende des Tages hängt es vom Verhandlungsgeschick der Männerrunde um Florian Kohler ab. Florian Kohler kennt aus seiner langjährigen Tätigkeit (2004 bis 2013) beim SRF das Wesen und Wirken unseres Staatsfernsehens aus der Warte des Produzenten und Redaktors. Aber hat er das diplomatische Geschick für solche Verhandlungen? Das grandiose Theater um die Besetzung der Nationaltrainer-Position verheisst in dieser Beziehung wenig Gutes. Verhandlungsgeschick und weise Voraussicht sind gefragt.

1994 riskierte die Deutsche Eishockey Liga (DEL) zu früh die Strategie hin zum medialen Kapitalismus und weg vom Staatsfernsehen. Eine fatale Fehleinschätzung der Lage. Das Deutsche Eishockey ist dadurch in seiner Entwicklung um gut 20 Jahre zurückgeworfen worden und leidet noch heute darunter. Denn eines ist klar: Ohne das Schweizer Fernsehen kann das Eishockey nicht sein. Als Grundsatz gilt bei uns nach wie vor: Ich komme im staatlichen Fernsehen, also bin ich. Und sonst bin ich nicht mehr.

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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holden27
19.10.2015 19:34registriert Februar 2015
was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist, dass im srf ausschliesslich playoff matches gezeigt werden...
es würde ja reichen, jeden Spieltag einfach 1 Match zu zeigen
aber auch die Champions League und der cup könnten gezeigt werden, was diese Meisterschaften auch viel populärer machen würde
immerhin zahlen wir ja genügend billag... das Geld wäre ja besrimmmt vorhanden
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