Im Sommer, wenn noch kein Spiel verloren ist, wird allenthalben die Juniorenförderung gerühmt und feierlich gelobt, dem Nachwuchs eine Chance zu geben. Spätestens nach drei Niederlagen Mitte Oktober forcieren dann nach wie vor zu viele Bandengeneräle vor allem die in- und ausländischen Stars und Routiniers.
Landesweit werden die hohen Löhne der Schweizer Spieler bejammert. Deshalb soll die Anzahl Ausländer ab 2022 nach und nach von 4 auf 10 erhöht werden. Damit der Sportchef am Verhandlungstisch einem teuren Schweizer sagen kann: «Dann ersetzen wir dich halt durch einen billigen Ausländer.» Diese Ausländer werden dann zwar teurer als die Schweizer. Aber diese Debatte wollen wir hier nicht führen.
Einfacher und tatsächlich günstiger ist es, einem Schweizer mit zu hohen Lohnforderungen zu eröffnen: «Dann ersetzen wir dich halt mit einem unserer Junioren». Diese Drohung hat wenig Wirkung. Weil alle wissen: Viele haben nicht den Mut, auf den Nachwuchs zu setzen. Oder nur auf die Jahrzehnttalente. Und davon haben wir bei unserer schmalen Basis nicht viele.
Die Grossen – allen voran die Finnen und Schweden – setzen auf die Jugend und haben so die Löhne in ihren Ligen unter das Schweizer Durchschnitts-Niveau abgesenkt. Mit 18 oder 19 Jahren bekommt einer eine Schlüsselrolle. Die U 20-WM-Teams der Schweden und Finnen bestehen zu drei Vierteln aus Stammspielern der höchsten Liga.
Bei uns kamen im letzten U20-WM-Team gerade zwei Spieler zum Zuge, die in dieser Saison in der National League eingesetzt werden. In keiner anderen wichtigen Liga haben so wenig junge Spieler eine wichtige Rolle wie in unserer National League.
Dabei wäre es bei uns ohne Weiteres möglich, den Jungen mehr Verantwortung zu übertragen. Die National League ist eine Lauf- und Tempoliga. Keine Rumpelmeisterschaft mit extremer Intensität, die eine NHL-Postur erfordert. Unsere Meisterschaft eignet sich also vorzüglich für die Ausbildung.
Die SCL Tigers haben am Sonntagnachmittag wieder einmal das Beispiel für die Leistungsfähigkeit junger Spieler geliefert. Sie holen im Hallenstadion während des Schlussdrittels ein 0:3 auf und besiegen die ZSC Lions nach Penaltys 4:3.
Bei allen drei Treffern spielen die Jungen eine zentrale Rolle. Keijo Weibel (20) erzielt den ersten Treffer. Patrick Petrini (19) fädelt das zweite und dritte Tor ein und versenkt auch einen Penalty. Er hat inzwischen in 14 Partien 3 Tore und 5 Assists beigesteuert. Klugerweise hat Sportchef Marc Eichmann den Vertrag bis 2023 verlängert, bevor Patrick Petrini ab dem 6. Dezember 2020 Stammspieler geworden ist.
Wie die Jungspunde zum Zuge kommen, lässt sich statistisch erfassen. Patrick Petrini hat gegen die ZSC Lions mehr Eiszeit bekommen (16:21 Minuten) als der 12 Jahre ältere Captain Pascal Berger (15:56).
Aber die Statistik sagt nicht alles. Wichtig ist, dass es sich nicht bloss um «billige» Eiszeit handelt (wenn eh schon alles vorbei ist). Sondern um «echte» Eiszeit. Wenn es um alles geht. Die SCL Tigers nehmen in Zürich 97 Sekunden vor Schluss Torhüter Ivars Punnenovs vom Eis. Um den Ausgleich mit 6 gegen 5 Feldspieler zu erzwingen. In dieser heikelsten aller heiklen Phasen schickt Trainer Rikard Franzén Patrick Petrini aufs Eis.
Dieser Einsatz der Jungen, der eigentlich in unserer Hockeykultur eine Selbstverständlichkeit sein müsste, ruht auf drei Säulen.
In Langnau treffen diese Faktoren zu. Präsident Peter Jakob hat diese Strategie verkündet, sein Sportchef Marc Eichmann mit Rikard Franzén den dazu passenden Trainer angestellt. Es hat diese Saison auch nach sechs Niederlagen in Serie nie eine Trainerdiskussion gegeben.
Damit diese Strategie funktioniert, braucht es noch einmal drei Faktoren.
Auch diese drei Faktoren treffen in Langnau mit Ivars Punnenovs, den ausländischen Stürmern Ben Maxwell und Marcus Nilsson sowie Chefscout Alfred Bohren zu. Wer auf die Jungen setzen und sparen will, muss sein Geld klug investieren: Billige Trainer, ungenügende Ausländer oder eine Vernachlässigung des Scouting können sehr teuer werden.
Die SCL Tigers liefern ein Beispiel, wie junge Spieler gefordert und gefördert, wie die Löhne ohne Reform-Wahnsinn gesenkt werden können. Oder um es populistisch nach einem Gedicht aus dem 19. Jahrhundert aus unserem nördlichen Nachbarland zu formulieren: «… und es mag an Langnaus Wesen einmal noch unsere Liga genesen.»
P.S. Langnau war 1976 der letzte Meister aus eigenen Junioren. Im Meisterteam waren bis auf die beiden Torhüter Edgar Grubauer und Michael Horak sowie Stürmer Heinz Huggenberger alle Spieler im Dorf aufgewachsen. Und zum Zeitpunkt des Titelgewinnes am 2. März 1976 waren 10 Spieler nicht älter als 23.
Leider ist der CEO vom EVZ auf Abwegen in Sachen Reform.
Bodenständig, Ehrlich und nicht arrogant. Darum haben Sie in der Schweiz viele Sympathien.
Weiter so!