Alles schien klar. Hier der guten Ordnung halber noch einmal die offizielle Medienmitteilung des SC Bern.
Keine Vertragsverlängerung mit Martin Plüss
Die Wege von Martin Plüss und dem SC Bern werden sich Ende der Saison trennen. Die Gespräche über eine Vertragsverlängerung haben zu keiner Einigung geführt. Beide Parteien bedauern sehr, dass keine Lösung für eine weitere Zusammenarbeit gefunden werden konnte. Die beiden Parteien haben sich daraufhin geeinigt, über die Gründe keine Auskünfte zu geben.
Alles klar? Nein, gar nichts ist klar. Am Freitagabend spielte Martin Plüss die erste SCB-Partie nach der offiziellen «Scheidung». Gegen den EHC Kloten, den Klub, bei dem er gross geworden ist und den er 2004 verlassen hat, um die Hockeywelt zu erobern. Nach drei Jahren Schweden kam er 2008 nach Bern.
Martin Plüss erzielt gegen den EHC Kloten das 3:0. Es wird am Ende der Siegestreffer sein (Schlussresultat 3:2). Bei den letzten Anspielen, als es darum geht, den Vorsprung über die Zeit zu bringen, steht er auf dem Eis. Mit 21:19 Minuten hat der Captain hinter Mark Arcobello die zweitlängste Einsatzzeit aller in dieser Partie eingesetzten Stürmer – er steht also auch länger auf dem Eis als jeder Stürmer des EHC Kloten. Martin Plüss ist der überragende Einzelspieler dieser Partie.
Nach dem Spiel kommt Martin Plüss nicht darum herum, doch Auskunft zu geben. Bei den TV-Interviews läuft noch alles in geordneten Bahnen. Aber dann folgten das Spiel mit Fragen und Antworten vor versammelter Chronistenschar.
Martin Plüss meistert die Situation souverän. Die Reaktion der Fans habe ihn berührt (sie entrollten ein Spruchband mit der Aufschrift «Schade, dass du nicht bleibst, zeig noch einmal, was du wert bist».
Der WM-Silberheld von 2013 sagt, es hätte ja auch eine negative Reaktion geben können. Weiter möchte er nicht mehr auf seine Situation eingehen. «Ich freue mich auf die wichtigste Phase der Saison und möchte mich darauf konzentrieren.» Das sei der Grund, warum man nicht weiter über die ganze Angelegenheit reden möchte. Ob und wo er nächste Saison spielen werde, wisse er noch nicht. Er schiebe diese Entscheidung erst einmal hinaus und es sei nach wie vor offen, ob er sich für die WM noch einmal zur Verfügung stelle.
Dann aber kommt eine Frage, die er offensichtlich nicht erwartet hat. Ob denn sein Entschluss, den SCB zu verlassen, endgültig sei? Er ist irritiert. Wäre alles klar, hiesse die Antwort jetzt «Ja!». Aber er stellt in die Chronisten-Runde die Gegenfrage: Was er darauf antworten solle. Und sagt dann, er wolle dazu nichts mehr sagen.
Sind wir im Weltall alleine? Gibt es Atlantis? Spielt Martin Plüss auch nächste Saison beim SCB? Es gibt auf diese drei Fragen nach wie vor keine eindeutige Antwort. Martin Plüss hat nicht klar und unmissverständlich bestätigt, dass die Trennung endgültig sei.
Was, wenn der SCB den Titel verteidigt? Captain Martin Plüss den «Chübel» noch einmal in die Höhe stemmt? Mark Arcobello die Ausstiegsklausel für die NHL nutzt und der SCB Martin Plüss nächste Saison nicht bloss für die «Ausbildung» der jungen Spieler im dritten oder vierten Block, sondern weiterhin in zentraler Position braucht?
Eine letzte Frage eines Chronisten macht klar, dass der «Fall Plüss» noch lange nicht gelöst ist. Der SCB-Captain wird gefragt, ob Bern der Lebensmittelpunkt für seine Familie und ihn geworden sei. Oder ob er eine Rückkehr in seine alte Heimat, ins Zürcher Unterland plane? Er antwortet, man könne sagen, Bern sei der Lebensmittelpunkt geworden.
Der SC Bern ist ein grosses, mächtiges Hockeyunternehmen. Wir können sagen: Martin Plüss geht – na und? Aber Martin Plüss ist eine grosse Spielerpersönlichkeit. Wir können auch sagen: Martin Plüss bleibt doch noch eine weitere Saison – gut für den SC Bern. Gut für unser Hockey. Die Fans können ja dann beim ersten Spiel der nächsten Saison wieder ein Spruchband entrollen: «Gut, dass du doch geblieben bist, wir wissen, was du wert bist.»
Und nicht vergessen: Langnaus Sportchef Jörg Reber hat gesagt, er werde noch einmal das Gespräch mit Martin Plüss suchen. Martin Plüss zu den SCL Tigers? Dann könnte Bern der Lebensmittelpunkt für seine Familie und ihn bleiben. Wer so gut spielt wie Martin Plüss am Freitag gegen Kloten, sollte noch nicht zurücktreten.