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Ach, mögen doch die Hockeygötter wenigstens die letzte unserer Hockey-Illusionen Wirklichkeit werden lassen

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Nur der ZSC kann es noch richten

Ach, mögen doch die Hockeygötter wenigstens die letzte unserer Hockey-Illusionen Wirklichkeit werden lassen

Seit der Einführung der Playoffs gab es im Frühjahr noch nie so viele unerfüllte Hockey-Träume. Ach, wenn es doch wenigstens ein Finale zwischen den ZSC Lions und den Kloten Flyers gäbe!
10.04.2014, 10:0210.04.2014, 14:37
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So viele schöne Träume und eine so triste Wirklichkeit. Es war angerichtet für einen Hockeyfrühling mit historischen Dimensionen. Aber keine der schönen Hoffnungen hat sich bisher erfüllt.

Die schlimmste SCB-Pleite seit dem Wiederaufstieg versprach in der Nachbearbeitung beste Unterhaltung. Doch daraus ist nichts geworden. Selbst SCB-General Marc Lüthi ist inzwischen langweilig wie ein Bundesbeamter. Nach wie vor keine Entlassungen. Keine Schuldzuweisungen. Keine Polemik. Professionelle Harmonie in Zeiten der Krise statt Krisenspektakel. Ach, wird nun auch aus dem SCB ein Bundesamt für Hockeywesen?

Der SC Bern hat sich ohne Nebengeräusche von der grossen Bühne verabschiedet.
Der SC Bern hat sich ohne Nebengeräusche von der grossen Bühne verabschiedet.Bild: KEYSTONE

Auch die Träume der Welschen und Tessiner sind geplatzt

Drei welsche Teams (Lausanne, Servette, Gottéron) in den Playoffs – gleich viele wie aus der Deutschschweiz. Aber der Traum vom ersten welschen Finale ist bereits vorbei: Lausanne und Gottéron sind ausgeschieden. Ach, wäre ein welsches Finale ein Fest für Hockey-Romantiker geworden!  

Der Traum vom Tessiner Hockeyfrühling ist längst ausgeträumt: Wie immer seit 2007 haben weder Ambri noch Lugano eine Playoff-Serie gewonnen. Nicht eine einzige Verschwörungstheorie aus dem Tessin, nicht einmal eine Trainerentlassung nach dem Scheitern. Und Ambris Präsident Filippo Lombardi hat noch nicht einmal zu einer Schulden-Landsgemeinde aufgerufen. Ach, sind die Tessiner inzwischen vernünftig geworden?

Sogar Ambris Präsident Filippo Lombardi ist zahm geworden.
Sogar Ambris Präsident Filippo Lombardi ist zahm geworden.Bild: Michela Locatelli

Die Renaissance des HC Davos hat auch nicht stattgefunden: Der HCD ist zum dritten Mal in Serie schon im Viertelfinale auf der Strecke geblieben. Ach, mit dem Nonkonformisten Arno Del Curto ist uns der beste Entertainer für die Playoffs bereits abhanden gekommen.

Der Abstiegskampf wird zur Kaffeefahrt

Wenigstens bahnte sich auf den dörflichen Hockeybühnen Spektakel an. Alles war hergerichtet für eine NLB-Finalserie SCL Tigers gegen den SC Langenthal. Ausverkaufte Stadien. Polemik. Der Traum währte nicht lange. Langenthal schied im Halbfinale gegen Visp aus.

Dafür schien nun alles geregelt für eine «Jahrhundert-Serie» in der Liga-Qualifikation: Biel gegen die SCL Tigers! Die Lakers haben ihre Pflicht erfüllt und Biel in der Liga-Qualifikation versenkt. Aber Langnau hat gegen Visp verloren. Nun sticht Biel gegen Visp um den Klassenerhalt. Ach, bloss Kaffeefahrten ins Wallis statt eine echte Bewährungsprobe für Biels «Hockeygott» Kevin Schläpfer.

Auf Kevin Schläpfer wartet nur ein Kinderspiel.
Auf Kevin Schläpfer wartet nur ein Kinderspiel.Bild: Aargauer Zeitung

Gottérons Traum von der ersten Meisterschaft ist schon nach sechs Halbfinalpartien gegen die Kloten Flyers zerstoben. Ach, keine Geschichten mehr über Drachen und Mythen, über Lotter-Goalies und den «heiligen Zorn».

Kommt es zur langweiligsten Finalserie aller Zeiten?

Nun ist nicht einmal mehr ein Finale Kloten gegen Servette ausgeschlossen. Ach, es wäre die langweiligste Finalserie seit Einführung der Playoffs (1986). Ein bisschen welsche Hockey-Folklore auf einer Zürcher Vorort-Bühne. Gut fürs Welschland. Ungut für die Deutschschweiz. Ungut fürs Hockey-Geschäft. Ungut für die TV-Quoten. Aus Chris McSorleys schon hundertmal vorgetragenen, ewig gleichen Verschwörungstheorien lässt sich so wenig eine kernige Polemik brauen wie Champagner aus warmem Bier. Und die Kloten Flyers waren ja nicht einmal dazu in der Lage, das Stadion im Millionen-Grossraum Zürich fürs entscheidende Halbfinalspiel gegen Gottéron zu füllen. Ach, wie vermissen wir die vollen Hockey-Tempel in Bern, Lausanne, Langnau und Fribourg.

Eine Finalserie mit Servette würde nur Folklore-Freunde freuen.
Eine Finalserie mit Servette würde nur Folklore-Freunde freuen.Bild: freshfocus

Nur der ZSC kann das Hockeyfrühjahr retten

Taktische Ränkespiele, Mannschaftsaufstellungen und sonstige Fachdiskussionen interessieren uns vor der siebten und entscheidenden Halbfinalpartie im Hallenstadion nicht mehr. Die ZSC Lions haben heute Abend gegen Servette ganz einfach die heilige Pflicht zu siegen und für ein Spektakel-Finale zu sorgen. Für ein Finale ZSC Lions gegen Kloten Flyers. So wäre wie durch Zauberhand das Hockeyfrühjahr doch noch gerettet. Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Hockeys (seit 1908) die beiden Zürcher Klubs Ende Saison auf den Plätzen 1 und 2 der nationalen Meisterschaft.

Ein Zürcher Finalderby verspricht Kampf, Spannung und Spektakel.
Ein Zürcher Finalderby verspricht Kampf, Spannung und Spektakel.Bild: KEYSTONE

ZSC Lions gegen die Kloten Flyers. Wahrlich, das wäre ein würdiges Saison-Finale. «Millionen-Züri», die Medien- und Wirtschafts-Hauptstadt im Banne des Eishockeys. Walter Frey gegen Philippe Gaydoul. Gipfeltreffen der Hockey-Kapitalisten. Altes Geld gegen neues Geld. Stoff für Polemik. Gute TV-Quoten. Gut fürs Hockey-Business. Die glanzlosen Kloten Flyers würden, angestrahlt vom Hockey-Zentralgestirn ZSC, auf einmal hell aufleuchten wie der Vollmond. Das Fell der grauen Vorstadtmäuse würde glänzen wie das Haarkleid frischgestriegelter Rennpferde. Und Trainer Felix Hollenstein wäre der charismatische weisse Ritter, der mit seinen Getreuen in den Kampf gegen die Zürcher Löwen zieht. Ach, mögen doch die Hockeygötter wenigstens diese letzte unserer Hockey-Illusion Wirklichkeit werden lassen!

P.S. Im Falle eines Falles werden wir uns selbstverständlich der Mutter aller journalistischen Herausforderungen stellen und auch aus einem Finale Kloten gegen Servette ein sportliches Drama, ein wagnerianisches Schauspiel und ein Helden-Epos machen.  

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