Statistisch war er vor seinem Wechsel in die NHL so gut wie Pius Suter oder Dominik Kubalik, die sich beide in der wichtigsten Liga der Welt etabliert haben. Selbst langjährige NHL-Kenner wie der NHL-Spieleragent André Rufener attestieren Grégory Hofmann NHL-Talent.
Rufeners Urteil ist insofern interessant, weil er die Sache objektiv sieht: Er ist nicht Hofmanns Agent, verfolgt aber Columbus intensiv, weil er dort mit Nationalverteidiger Dean Kukan einen Klienten hat.
Der entscheidende Faktor bei einem Wechsel aus der National League direkt in die NHL: zum richtigen Zeitpunkt ins richtige Team zu kommen. Anders als ein hochkarätiger Draft, der schon aus politischen Gründen (wer gibt denn schon gerne zu, sich beim Draft geirrt zu haben?) mehrere Chancen bekommt, hat ein 29-jähriger Schweizer wie Grégory Hofmann nur eine Chance. Entweder er packt sie – oder der Traum ist zu Ende.
Auf den ersten Blick schien Columbus die richtige Wahl. Ein Team in einem Aufbauprozess, offensiv eines der schwächeren der Liga und gemanagt von einem Europäer (dem Finnen Jarmo Kekäläinen). Eigentlich ideale Voraussetzungen. Und doch sollte sich bald zeigen: Dieser Aufbauprozess ist Grégory Hofmann zum Verhängnis geworden.
Bei einem Neuaufbau werden in erster Linie die jungen Spieler forciert und ein paar Routiniers führen das Team. Grégory Hofmann ist im November 29 Jahre alt geworden. Zu alt, um zu den Jungen zu gehören. Und – logisch – als Liganeuling noch zu wenig gut und zu wenig produktiv, um ein Team führen zu können. 2 Tore und 5 Assists in 24 Partien reichen nicht aus, um eine offensive Schlüsselrolle zu bekommen und ein Leitwolf zu sein. Vielleicht hätte es funktioniert, wenn er sechs, sieben Jahre jünger wäre.
Bleibt die Frage, ob es denn nicht besser wäre, sich durchzubeissen. Das mag für einen jungen Spieler mit viel Potenzial und einer realistischen Chance auf eine NHL-Karriere und Dollar-Millionen Sinn machen. Aber nicht für einen 29-jährigen Stürmer, der zudem seine Familie in der Schweiz hat. Die Auflösung des Vertrages mit Columbus und die Rückkehr zu Zug ist ein kluger Entscheid der Vernunft. Manchmal ist es besser, einen Traum aufzugeben.
Grégory #Hofmann kehrt aus familiären zurück in die Schweiz. Sobald alle #NHL-Transfer-Formalitäten abgeschlossen sind, nimmt er seinen Vertrag beim #EVZ wieder auf.
— EVZ (@official_EVZ) January 11, 2022
📰 Zur Medienmitteilung: https://t.co/5TaqAWAWqC pic.twitter.com/kVIKTMAisU
Mit Grégory Hofmann kehrt nun einer der wichtigsten Meisterhelden nach Zug zurück. Einer, der eine Meisterschaft entscheiden kann. Allerdings können die Zuger nun nicht mehr fünf Ausländer einsetzen. Eine noch diese Saison gültige Regelung erlaubt es einem Team, einen Schweizer Spieler, der aus einem laufenden Vertrag in die NHL wechselt, durch einen zusätzlichen Ausländer zu ersetzen.
So spektakulär Hofmanns Rückkehr auch sein mag: Das Team wird dadurch noch nicht automatisch viel besser. Will Sportchef Reto Kläy seine Mannschaft nach dem Abgang von Marco Müller für nächste Saison aufrüsten, braucht er also noch einen «Königstransfer».
Logisch wäre die Verpflichtung von Sven Bärtschi. Der nächste Rückkehrer aus Nordamerika. Gleich alt wie Hofmann. 2010 hat er Langenthal verlassen, bevor er auch nur eine einzige Partie in der National League bestritten hatte. Er ist in Nordamerika Millionär geworden. In den letzten drei Jahren kam er allerdings nur noch sieben Mal in der NHL zum Einsatz. Für nächste Saison ist die Rückkehr in die Schweiz eine Option.
Bärtschi ist ein cooler Vollstrecker auf der Flügelposition. Mit einem ähnlichen Potenzial (30 Tore pro Saison) wie Hofmann. Seine Verpflichtung wäre schon fast ein «Kaisertransfer».
Kein Sportchef der Liga kennt Sven Bärtschi so gut wie Zugs Reto Kläy. Er war damals in Langenthal Sportchef und kümmerte sich um die Ausbildung des künftigen NHL-Stürmers. Also gilt: Gute Beziehungen schaden nur jenen, die keine haben.
Ein bisschen Romantik spielt möglicherweise auch mit. Bärtschi dürfte sich bei einer Rückkehr in seiner Heimat, im Oberaargau, in der Umgebung von Langenthal niederlassen. Sein Agent André Rufener sagt, es sei noch überhaupt keine Entscheidung gefallen. «Im Laufe der nächsten Wochen wird es Zeit, die Zukunft zu regeln.»
Bei der Antwort auf die Frage nach möglichen Arbeitgebern in der National League wird er gar diplomatisch: «Es gibt ein paar Optionen. Von Langenthal aus ist es beispielsweise nach Bern oder Zug ungefähr gleich weit …»