Sogar die Resultate sind gleich: Langnau verliert gegen Biel 2:5 und die ZSC Lions gehen in Lausanne mit dem gleichen Resultat (2:5) unter. Die Voraussetzungen mögen in Zürich und in Langnau ganz andere sein. Aber am Ende des Tages sind es die gleichen Gründe, warum diese Mannschaften ihr Potenzial nicht auszuschöpfen vermögen.
Konzentrationsfehler und fehlende Präzision ziehen sich wie ein roter Faden durch die Aufführungen der Emmentaler und der Zürcher. Also Disziplinlosigkeiten. Wer ist für diese Mängel verantwortlich? Der Cheftrainer. Es geht nicht um die populistischen Vorwürfe «kein System» oder «nicht motiviert». Es geht um die Details, die nicht zusammenpassen.
Die Frage, was wohl Heinz Ehlers mit dieser Mannschaft in Langnau herausgeholt hätte, ist nicht boshaft. Und wer fragt, wie die Zürcher wohl auftreten würden, wenn noch Bob Hartley an der Bande stehen würde, ist kein Schelm. Weil diese zwei Fragen zur Ursache der Krise in beiden Teams führen.
In Langnau gibt es keine Spielerrevolte. Im Hallenstadion auch nicht. An beiden Orten mahnt die Harmonie an eine nette Familie. Jason O’Leary und Rikard Grönborg sind bei den Spielern wohlgelitten. Ist das ein gutes Zeichen? Ja und nein. Ja, weil es so aus der Sicht der sportlichen Führung keinen Grund gibt, den Cheftrainer in Frage zu stellen. Nein, weil Trainer, die von den Spielern freundlich beurteilt werden, sehr oft nicht mehr die Autorität haben, um die Disziplin durchzusetzen, die es braucht, um ein Maximum herauszuholen.
Ein Maximum bedeutet bei den ZSC Lions, der teuersten Mannschaft der Liga-Geschichte, Platz 1 oder 2. Bei den SCL Tigers, mit den besten Ausländern der Neuzeit, mindestens Rang 10.
Einst hatten die Trainer in Langnau eine «wasserdichte» Ausrede. Sie konnten mit Fug und Recht ihren Kritikern entgegnen: «Wo wären wir, wenn wir das Geld hätten, um so gute Ausländer zu verpflichten wie der SCB, Zug, Davos, der ZSC oder Lugano?» Dagegen gab es einfach keine Argumente.
Heinz Ehlers führte die SCL Tigers im Frühjahr 2019 auf Rang 6 in die Playoffs. Weil er unerbittlich Disziplin durchgesetzt und ein Maximum aus dem helvetischen Personal herausgeholt hat. Seine drei besten Ausländer waren die Nummer 6 (Chris DiDomenico), Nummer 8 (Harri Pesonen) und Nummer 36 (Aaron Gagnon) der Liga.
Nun darben die Langnauer unter Jason O’Leary mit den Ausländern Nummer 1 (Jesper Olofsson), Nummer 2 (Alexandre Grenier) und Nummer 7 (Harri Pesonen) der Liga-Skorerliste nach der 13. Heimniederlage auf dem 12. und zweitletzten Platz. Der freundliche kanadische Trainer ist zu bedauern. Er hat keine Ausreden.
Die ZSC Lions mögen verletzungsbedingte Absenzen beklagen. Aber ein Cheftrainer, der für den ersten Sturm Sven Andrighetto, Denis Malgin und Denis Hollenstein aufbieten, die zweite Angriffsreihe mit drei Ausländern besetzen und selbst in der vierten Linie mit Reto Schäppi einen WM-Silberhelden aufs Eis schicken kann, darf im Dezember nicht 16 Punkte Rückstand auf den Tabellenführer haben.
Rikard Grönborg fehlt eine Prise Bob Hartley, Jason O’Leary eine Prise Heinz Ehlers. Von Bob Hartley und Heinz Ehlers reden die Spieler heute noch mit grösserem Respekt als helvetische Patrioten von den Generälen Ulrich Wille und Henri Guisan.
Zwei Möglichkeiten bleiben dem Sportchef, um dem Trainer in einer kritischen Phase eine Atempause zu verschaffen. Neue Ausländer (die einfachste Lösung) oder ein, zwei Transfers von Schweizern (meistens kompliziert). Beides hilft in Langnau und Zürich nicht.
Mag sein, dass ein oder zwei neue ausländische Stürmer oder ein zusätzlicher ausländischer Verteidiger das Spiel der ZSC Lions ein wenig beleben könnten. Aber wenn Denis Hollenstein, Denis Malgin und Sven Andrighetto kurz vor der Weihnachtspause zusammen erst 26 Tore erzielt haben, dann sind nicht die Ausländer das Problem.
Wie wir es auch drehen und wenden, wie sehr wir alle Umstände berücksichtigen und wie tief wir uns vor Rikard Grönborg und Jason O’Leary verneigen – es ist, wie es ist: Die ZSC Lions und die SCL Tigers haben ein Trainerproblem. Es steht, für alle unübersehbar, wie ein Elefant im Raum.
Aber niemand darf den Elefanten erwähnen. Weil es keine zwingende Notwendigkeit für einen Trainerwechsel gibt: Langnau kann nicht absteigen und wenn die ZSC Lions diese Saison nicht Meister werden – na und? Ein frühes Scheitern in den Playoffs wird kaum beachtet werden.
Nächste Saison beginnt mit dem Einzug in den neuen Hockey-Tempel eine neue Zeitrechnung. Der Abschied aus dem Hallenstadion nach mehr als einem halben Jahrhundert wird alle Schlagzeilen dominieren. Wahrlich ein Schuft, wer in einem solch historischen Augenblick im Frühjahr wegen ein paar Niederlagen nörgelt und polemisiert. Und nicht von Hockey-Romantik, Nostalgie und Melancholie überwältigt und versöhnlich gestimmt wird.
Weder Langnaus Sportchef Marc Eichmann noch die ZSC-Bürogeneräle Sven Leuenberger oder Peter Zahner haben sich bisher den Satz der Sätze – «der Trainer ist kein Thema!» – entlocken lassen. Das ist ein gutes Zeichen. Aber es ist die Pflicht des Realisten, zu fragen: Sind Rikard Grönborg und Jason O’Leary im Januar noch Trainer in Zürich und Langnau?