Drei Niederlagen inspirieren zu kritischen Analysen. 0:4 in Zürich gegen die ZSC Lions. 1:3 auf eigenem Eis gegen Gottéron. Und nun 0:4 bei 36:32 Torschüssen in Langnau. 1:11 Tore in drei Partien. Was ist mit dem «Himmelsstürmern» aus Biel los?
Ist Biel drauf und dran, mit seinem hochentwickelten, spektakulären Lauf- und Tempohockey in eine Krise zu rutschen? Wer will, kann die Götterdämmerung des Bieler Hockeywunders herbeischreiben. Zu wenig direktes Nord-Süd-Hockey. Das Spiel wird zu sehr in die in die Breite gezogen und wird zu oft zum Helikopter-Hockey in den Ecken. Kreisen ohne Ertrag. Zu viele Passfolgen, zu wenig Abschlussversuche.
Wer will, mag nun auch noch das Defensivspiel zerpflücken. Zu viele Stellungsfehler. Torhüter Jonas Hiller wird zu wenig abgeschirmt und die Abpraller werden nicht wegspediert. Alles richtig. Aber diese Faktoren lösen noch lange keine Krise aus. In unserer Liga wird viel gekreist und gepasst und zu wenig durch die Mitte gepowert. Fehler in der Defensive machen in einem unberechenbaren Spiel auf rutschiger Unterlage alle.
Biels «Zwischentief» hat nichts mit Taktik oder zu hoch entwickeltem Hockey zu tun. Biels «Zwischentief» hat einen Namen: Jonas Hiller (36).
Ein grosser Jonas Hiller der besten NHL-Tage hätte in Langnau höchstens einen Treffer kassiert.
Ein guter Jonas Hiller der besten NL-Tage hätte in Langnau maximal zwei Treffer kassiert.
Ein durchschnittlicher Jonas Hiller hätte in Langnau lediglich drei Treffer kassiert.
Ein Jonas Hiller ausser Form hat soeben in Langnau vier Treffer kassiert und nur 87,50 Prozent der Schüsse abgewehrt.
In der Regel gewinnt in Langnau niemand, wenn der Torhüter nicht wenigstens eine Fangquote von 90 Prozent erreicht.
Ja, so einfach ist das. Mit vertauschten Torhütern hätte Biel diese Partie gewonnen. Damiano Ciaccio (29), der beste Torhüter Europas ohne Länderspiel, hielt die Langnauer in ihrer schwächsten Phase zwischen der 15. und 20. Minute im Spiel und rettete mit wundersamen Paraden das 0:0 in die erste Pause. Das alles ist keine Kritik an Jonas Hiller. Sondern ein Kompliment für den nach wie vor charismatischen ehemaligen NHL-Schlussmann: kein anderer Torhüter in der Liga hat einen so starken Einfluss auf die Verfassung seiner Mannschaft.
Das hängt auch mit der spektakulären offensiven Spielweise zusammen: Biel ist, im Gegensatz zu den SCL Tigers, keine Mannschaft, die einen Torhüter besser macht. Dafür fehlen Trainer Antti Törmänen die Spielertypen. Biel ist eine Mannschaft, die durch den Torhüter besser gemacht wird.
Biels Aufstieg in die Spitzengruppe ist ohne Jonas Hiller nicht denkbar. Aber Biel kann sich ohne Jonas Hiller in guter Form nicht in dieser Spitzengruppe halten. Er müsste jetzt eine Ruhepause haben. Er hat diese Saison schon 759 Pucks abgewehrt. Nur Rappis Melvin Nyffeler war bisher noch fleissiger (832 Paraden). Zum Vergleich: Berns Leonardo Genoni musste diese Saison erst 660mal eingreifen. Aber ausgerechnet jetzt ist Biels starke Nummer zwei Elien Paupe (23) verletzt.
Die Bieler geraten nur in eine Krise, wenn sie die Ruhe und Gelassenheit verlieren. Weil auch eine offensiv bäumige Mannschaft nur mit Ruhe und Gelassenheit ihre Chancen zu verwerten vermag.
Sag mir, wie Jonas Hiller spielt und ich sage Dir, wie es um Biel steht. In Langnau hat Jonas Hiller nicht gut gespielt. In Langnau hatte Biel ein Torhüterproblem. Aber Biel «funktioniert» nur mit einem grossen Jonas Hiller. Vielleicht «funktioniert» er ja schon heute gegen Ambri wieder.