Die Hockeygötter haben es gut gemeint. Das Finale Servette gegen Kloten bleibt uns erspart. Die ZSC Lions spielen gegen die Kloten Flyers um den Titel. Der Playoff-Final beschert uns nicht eine Reise ans andere Ende der Schweiz. Sondern eine Reise zum Mittelpunkt der Erde. Zürich wird zum ersten Mal in unserer Hockeygeschichte (seit 1908) für ein paar schöne Tage der Mittelpunkt der Erde.
Schliesslich haben der Internationale Eishockeyverband (IIHF) und Swiss Ice Hockey, unser Bundesamt für Eishockey, ihren Sitz in Zürich. Und nun wird ausschliesslich und tunnelfrei im «Millionen-Züri» um den Titel gespielt. Die sonst üblichen Fahrten zu den Finalgegnern durch den Baregg- und Gotthardtunnel oder die Kunstbauten entlang dem Walensee entfallen.
Vergessen wir die Statistik und alles was bisher sonst noch zwischen den ZSC Lions und den Kloten Flyers war. Die Geschichte beginnt neu. Die Kampfkraft des «letzten Bataillons» wird entscheiden. Denn das «letzte Bataillon» behauptet sich auf dem Eisfeld der Ehre. Das spricht für die ZSC Lions.
Die Kloten Flyers sind fast unbesiegbar, wenn sie ungestört ihr defensives Hockey-Schach spielen können. Sie kombinieren dann ihre taktische Intelligenz mit Tempo und einer oft unterschätzten Leidenschaft. Aber sie mögen es nicht, wenn gerumpelt wird. Deshalb kann eine robuste, kampfkräftige vierte Linie, das «letzte Bataillon», die Differenz für die ZSC Lions machen.
Es ist möglich, die Kloten Flyers zu zermürben. Dann kann es passieren, dass der wehrhafte «Goalie-Krieger» Martin Gerber seine Ruhe verliert und vom Titanen zum gewöhnlichen Torhüter schrumpft. Er ist in den Playoffs 2014 mit 27 Strafminuten der «böseste» Klotener. Das spricht nicht für die Rumpelfestigkeit seiner Vorderleute.
Die ZSC Lions haben am Donnerstag in ihrer bisher besten Playoff-Partie Servette eingeschüchtert, dominiert, demontiert und mit 4:0 schliesslich gar deklassiert. Ja, wir haben erstmals in den Playoffs 2014 die wahren, die grossen ZSC Lions gesehen. Besser, mächtiger, eindrucksvoller noch als im 7. Spiel des Viertelfinals gegen Lausanne. Sie waren einem tapferen Gegner in allen Bereichen überlegen. Kräftiger, härter, dynamischer, spielerisch besser und taktisch schlauer. Aber auch konzentrierter, gelassener, selbstsicherer und mental robuster.
ZSC-Trainer Marc Crawford brauchte in seiner Matchanalyse mindestens fünfmal das Wort «terrific» («klasse»). Er zählte eine ganze Reihe von Spielern auf, die «terrific» waren und sagte sinngemäss etwas Entscheidendes: Eine Mannschaft sei immer so gut wie der schwächste Spieler.
Das tönt nach einer Allerweltsweisheit. Aber der ZSC-Trainer nannte einen entscheidenden Faktor. Die hockeytechnisch schwächsten Spieler, jene aus der vierten Linie, sind genau dieses «letzte Bataillon», das dazu in der Lage ist, das Klotener Hockey-Schachspiel durchrütteln und die Differenz zu machen. Die ZSC Lions können im vierten Block unsanfte Riesen wie Reto Schäppi (194 cm/95 kg) und Mike Künzle (193 cm/93 kg) losschicken.
Wenn die ZSC Lions ihr Talent, ihr Tempo und ihre taktische Intelligenz im Rahmen der Hockeygesetze mit der richtigen Prise Härte würzen wie in diesem 7. Spiel gegen Servette – dann gewinnen sie das Finale in sechs Spielen.
Für Servette ist die Saison zu Ende. Der letzte welsche Klub ist gescheitert. Servette-General Chris McSorley hatte in seinem Bemühen, alle legalen Mittel zum Vorteil seines Teams zu nützen, einen Fehler zu viel gemacht: Er führte noch am Spieltag mit einer Video-Eingabe ZSC-Zweiwegcenter Morris Trachsler einer Sperre zu.
Das nächste video, welches mcsorley einreichen wird, ist ein ferien-video #srfhockey #zsc #finale
— Radical (@Radical77) April 10, 2014
Ein Aussenseiter sollte alles unterlassen, was einen Titanen zusätzlich motivieren und reizen kann. Diese lächerliche Video-Aktion gegen einen Spieler, dem ohnehin keine entscheidende Bedeutung zukommt, schärfte die grimmige Entschlossenheit der Zürcher, diesmal keine Gefangenen zu machen. Erneut fehlte Chris McSorley die Gelassenheit ganz grosser Coaches. Sein übertriebener Aktivismus störte letztlich nur die geordneten Abläufe. Dazu gehört auch die Anreise nach Zürich am Tag vor dem Spiel.
Wenn es zum grossen Showdown kommt, überdreht und «übercoacht» Servettes grosser kanadischer Zampano. Deshalb verliert er die grossen 7. Spiele gegen die Titanen aus der Deutschschweiz. Zuletzt im Finale (2010) und im Viertelfinale gegen den SCB (2013) – und jetzt gegen die ZSC Lions. Für eine Reise zum Mittelpunkt der Erde ist Chris McSorley – anders als Marc Crawford oder Felix Hollenstein – auch diese Saison nicht der richtige Mann.