Arno Del Curto hat während eines Vierteljahrhunderts unser Hockey ganz wesentlich beeinflusst und grossen Anteil an der grandiosen Entwicklung dieses Spiel in unserem Land. Zeitweise war er eine der bekanntesten Personen der helvetischen Zeitgeschichte.
Können wir uns beispielsweise vorstellen, dass Roger Köppel von einem Tag auf den anderen freiwillig und ohne Not aus der Publizistik aussteigt und die Politik aufgibt, nicht mehr öffentlich auftritt und sich nicht mehr zum Tagesgeschehen in Zürich, der Schweiz und der Welt äussert? Eigentlich nicht.
Oder ist es denkbar, dass Ancillo Canepa von einem Tag auf den anderen freiwillig und ohne Not beim FCZ alles hinschmeisst, sich nicht mehr im Stadion blicken lässt und sich nie mehr irgendwo öffentlich zum FCZ oder zum Fussball äussert? Eher nicht.
Aber ungefähr so radikal und eigentlich unfassbar ist der totale Rückzug von Arno Del Curto aus dem Eishockey und der Öffentlichkeit nach dem Auslaufen des Vertrages bei den ZSC Lions im letzten Frühjahr. Er lebt heute im Berner Mittelland. Nicht mehr in den Bündner Bergen und auch nicht in der Stadt Zürich.
So intensiv wie er im Eishockey mehr als 20 Jahre lang auf der Überholspur gelebt und gearbeitet hat, so konsequent verweigert er sich jetzt diesem Spiel und der Öffentlichkeit. Weil er sich partout nicht zum Hockey äussert, nicht als Experte auftritt, keine Interviews gewährt und sich nie in einem Stadion blicken lässt, kommt er in den Medien überhaupt nicht mehr vor. Nicht einmal mehr in der Rubrik «Gerüchte».
Und doch ist der Engadiner nicht vergessen. In unserer grossen Hockey-Oper ist er noch immer präsent. Aber unsichtbar, unhörbar, unerreichbar, unfassbar wie ein Phantom. Arno Del Curto, das Phantom unserer Hockey-Oper.
Nun ist dieses Phantom also für ein paar Stunden unverhofft aufgetaucht und ins Rampenlicht geraten wie ein aufgeschreckter, eigenwilliger Dachs ins Scheinwerferlicht eines zufällig vorbeifahrenden Autos.
Weil der HC La Chaux-de-Fonds eine offizielle Medienmitteilung verschickte und die Welt wissen liess, dass Arno Del Curto seinem Kumpel Loïc Burkhalter am Donnerstag beim Training ausgeholfen habe, musste das Phantom für ein paar Augenblicke aus dem Dunkel der Anonymität auftauchen. Die Regel, dass am Hosentelefon nicht über Hockey gesprochen werden darf und ansonsten das Gespräch subito beendet wird, ist als dadurch ausser Kraft gesetzt worden. Das Phantom spricht.
Die Vorstellung ist ja aufregend: der wohl berühmteste Schweizer Trainer der neueren Geschichte übernimmt ausgerechnet in La Chaux-de-Fonds bei Loïc Burkhalter die gleiche Rolle wie Sean Simpson bei Christian Dubé in Fribourg.
Mit Loïc Burkhalter verbindet Arno Del Curto eine alte Freundschaft. Von 2005 bis 2008 stürmte der heutige Sportchef des HC La Chaux-de-Fonds für den HCD. Die Legende geht, dass er dort seinem Trainer Arno Del Curto das Schreiben von SMS-Nachrichten auf dem Natel beigebracht habe. Heute ist Loïc Burkhalter Sportchef beim HC La Chaux-de-Fonds, hat den Trainer gefeuert und vorerst das Traineramt übernommen.
watson: Machen Sie für Loïc Burkhalter den Sean Simpson?
Arno del Curto: Ich sage kein Wort. Es gibt kein Interview.
Ja, klar. Aber der HC La Chaux-de-Fonds hat hochoffizielle Medienmitteilung verbreitet, wonach Sie jetzt Loïc Burkhalter helfen. Wir müssen also die Sachlage klären.
Ich war aus Freundschaft zu ihm bei einem einzigen Training dabei.
Werden Sie bei weiteren Trainings dabei sein?
Nein.
Werden Sie Spiele für Loïc Burkhalter beobachten?
Nein.
Wenn wir uns schon unterhalten: Werden Sie Trainer in Lugano?
Nein. So und jetzt sage ich kein Wort mehr.
Der grosse Hemingway sagte einmal, man brauche zwei Jahre um sprechen zu lernen, und fünfzig um schweigen zu lernen.
Das dürfte wohl so oder ähnlich sein. Arno Del Curto ist am 23. Juli 63 geworden.
5 fragen. 30 worte als antwort. schnitt von 6 worten pro antwort.
oder, polemisch:
herr zaugg, mit verlaub, sind sie ein lotterchronist?
aber ich schiebe hinterher, dass ich es liebe ihre texte zu lesen.