Welch ein Drama! Welch ein Held! Welch ein Jubel im ausverkauften Tempel! Und welch ein tragischer Held beim Verlierer!
Der charismatische Leitwolf Chris DiDomenico erkämpft sich in der Verlängerung die Scheibe im Drittel der Lakers und zieht alleine auf Goalie Tim Wolf los. Patrick Blatter muss die Notbremse ziehen. Penalty. Die Uhren bleiben in der Verlängerung bei 6 Minuten und 41 Sekunden stehen. Ausgerechnet Johan Fransson hat diesen Penalty durch den Scheibenverlust gegen Chris DiDomenico provoziert. Der Held, der die Lakers 8,8 Sekunden vor Schluss mit dem 3:3 in die Verlängerung gerettet hatte, wird nun zur tragischen Figur.
Chris DiDomenico ist ein Mann für solche Extremsituationen. Er verwertet den Penalty eiskalt zum 4:3. Sieg. Gegen Tim Wolf, den besten Einzelspieler der Lakers. Welch ein Selbstvertrauen! Diese Mischung aus Coolness und Heissblütigkeit macht die Faszination des kanadischen Stürmers aus. Er hat am meisten Strafminuten des Teams auf dem Konto. Aber er weiss, wann er kühlen Kopf bewahren muss. Vielleicht wird sich im Rückblick zeigen, dass dieses 3:4 n.V. die Niederlage zu viel für die Lakers war. Dann hätte Langnaus kanadischer Stürmer sozusagen einen Penalty für die Ewigkeit versenkt.
Chris DiDomenico wirkt nach dem Spiel völlig entspannt, fast mürrisch, murmelt die Worte in sich hinein. Er sei angelaufen, habe die Lücke gesehen und getroffen. Der grösste Moment seit seiner Ankunft im Emmental? «Ein ziemlich grosser Moment.» Er ist ein Mann mit einem «unzerstörbaren» Selbstvertrauen.
Wieder ist es den Lakers nicht gelungen, den Topskorer der Langnauer zu neutralisieren oder zu provozieren. Sie hinderten ihn zwar am Toreschiessen. Aber er gewann praktisch jedes Bully und legte zweimal für seine Mitspieler auf. Und verwertete den Penalty. Es ist immer die Leistung, die bestimmt, wer ein Held sein darf.
Die SCL Tigers haben jetzt nur noch einen Gegner: sich selbst. Aus eigener Kraft können die Lakers den Abstieg nicht mehr vermeiden. Nun mag es nach diesem dramatischen zweiten Spiel eine gar seltsame Behauptung sein, die Lakers seien aus eigener Kraft nicht mehr dazu in der Lage, diese Serie zu gewinnen.
Die Geschichte lehrt uns ja, dass das Ding für die Lakers noch zu drehen ist. 2009 rettete sich beispielsweise der EHC Biel gegen NLB- Meister Lausanne nach zwei Auftaktniederlagen schliesslich im siebten Spiel. Lakers-Präsident Lucas Schluep (er darf als einziger reden) sprach nach dem Spiel sogar von einer «neuen Mannschaft». Man müsse nur so weiterspielen, dann sei es möglich, die Serie noch zu gewinnen.
Und doch können es die Lakers selber nicht mehr schaffen. Sie haben nicht die klaren spielerischen und taktischen Vorteile, die der NLA-Letzte eigentlich trotz allem gegenüber dem NLB-Meister haben müsste. Sie lagen in diesen zwei ersten Partien der Liga- Qualifikation nur gerade während 115 Sekunden in Führung.
Der Trainerwechsel hatte zwar durchaus positive Auswirkungen. Der sanfte Melancholiker Michel Zeiter machte in seinem ersten NLA-Spiel alles richtig. Er ersetze den schwedischen Center Niklas Persson durch Johan Fransson. Es war ein schlauer Schachzug. Der schwedische Verteidiger stabilisierte die Abwehr und erzielte 8,8 Sekunden vor Schluss das 3:3.
In dieser zweiten Partie lief eigentlich alles für die Lakers. Sie hatten den Beistand der Hockeygötter. Beim Stande von 2:0 traf Langnaus Yves Müller den Pfosten und im Gegenzug gelang das 2:1. Neue Hoffnung statt Vorentscheidung. Und tatsächlich sollten die Lakers zweimal den Ausgleich schaffen. Erst zum 2:2 und schliesslich 8,8 Sekunden vor Schluss auch noch zum 3:3.
Der Trainer macht alles richtig. Das Spiel läuft für die Lakers – aber sie sind nicht dazu in der Lage, diese Geschenke der Hockeygötter anzunehmen. Am Ende gewinnt doch Langnau. Das ist für den NLA-Letzten höchst beunruhigend. Und hat es nicht auch eine gewisse statistische Logik, dass die Lakers am Abgrund stehen? Sie gewannen diese Saison bisher bloss 18 von 64 Partien. Die SCL Tigers hingegen 49 von 65 Spielen. Diese Ligaqualifikation ist auch die Auseinandersetzung zwischen notorischen Verlierern und Siegern.
Nicht mehr die Lakers sind jetzt die grösste Gefahr für die Langnauer, sondern die veränderten Voraussetzungen. Die Emmentaler hatten bisher nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Jetzt haben sie eine einmalig günstige Ausgangslage für die Rückkehr in die NLA zu verlieren.
Jetzt wird auf einmal klar, dass der Aufstieg doch möglich ist. Die Emmentaler haben den Stier bei den Hörnern gepackt – aber sie dürfen ihn nicht loslassen. Sie können nicht mehr besser spielen als in den zwei ersten Partien. Die Lakers aber schon. Wie wird dieses Drama bloss enden?
Um einen bildlichen Vergleich aus dem Buch der Bücher heranzuziehen: Manchmal ist es schwieriger, die letzten zwei Siege in einer Playoff-Serie einzufahren als für ein Kamel bzw. einen Tiger durch ein Nadelöhr zu schlüpfen. Wenn allerdings die Lakers am Montag auch die dritte Partie verlieren, dann wird aus dem Nadelöhr zur höchsten Liga plötzlich ein Scheunentor.