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Eishockey: Kevin Schläpfer und das vergessene Wunder in der Provinz

EHC Kloten Cheftrainer Kevin Schlaepfer freut sich ueber den Siegestreffer zum 3-1 im zweiten Eishockey Spiel des Playout-Final der National League zwischen dem EHC Kloten und dem HC Ambri-Piotta am D ...
Bei Kloten lief es für Kevin Schläpfer nicht immer nach Wunsch – in Langenthal wird er seinem Ruf aber wieder gerecht.Bild: KEYSTONE
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Kevin Schläpfer und das vergessene Hockey-Wunder in der Provinz

Kevin Schläpfer bestätigt in Langenthal endlich wieder seinen Ruf, ein «Hockey-Gott» zu sein. Noch im August keine Ausländer und knapp drei Blöcke – und jetzt fast auf Augenhöhe mit Aufstiegsaspirant und Erzrivale Olten. Kehrt der Baselbieter nach 35 Jahren bald heim zum EHC Basel?
18.10.2022, 16:2018.10.2022, 16:56
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Ein beinahe vergessenes Hockey-Wunder in der Provinz: Der SC Langenthal, im August noch fast ohne konkurrenzfähiges Team – von sieben Vorbereitungspartien gegen SL-Teams konnten nur zwei gewonnen werden –, spielt erneut in der Spitzengruppe. Eine wundersame Entwicklung, die an die Speisung der 5000 im Buch der Bücher mahnt: Jesus gelang es, aus fünf Broten und zwei Fischen Nahrung für 5000 hervorzuzaubern.

Der Mann, der das Wunder Langenthal möglich macht, geniesst seit seinen ruhmreichen Tagen in Biel den Ruf, ein «Hockey-Gott» zu sein. Nun hat Kevin Schläpfer (52) diesen Ruf erstmals seit seinem Abschied aus Biel im November 2016 endlich wieder bestätigt. Er steht in seiner vierten Saison als Sportchef und er hat jetzt noch ungefähr halb so viel Geld zur Verfügung wie bei seinem Amtsantritt im Sommer 2019. Langenthals Budget ist auf die Hälfte von jenem in Olten geschrumpft. Trotzdem ist es Kevin Schläpfer gelungen, entgegen allen Erwartungen wieder ein Spitzenteam zu formen.

Der Baselbieter, sonst nie um markige Sprüche im Dienst der Selbstvermarktung verlegen, sagt nun in ganz neuer Bescheidenheit: «Wir haben auch viel Glück gehabt.» Aus den Junioren-Abteilungen in Bern, Biel und Langnau hat Langenthal mit Nick Meile (18), Yann Voegeli (18), Laurin Liniger (19) und Luca Wenger (20) Talente rekrutiert, die dem Team inzwischen wieder eine gewisse Breite geben. Weil Noah Fuss (21) in Bern und Luca Christen (23) in Biel in der NL nicht zum Zuge kommen, sind sie nach Langenthal zurückgekehrt und übernehmen offensiv und defensiv eine tragende Rolle.

Vor allem aber hat Kevin Schläpfer schon frühzeitig mit dem in Biel als Nummer zwei abgehalfterten Elien Paupe (27) einen der besten SL-Goalies verpflichtet. «Mit ihm ist es uns gelungen, früh einen Pflock einzuschlagen.» Kommt dazu, dass sich nun in der schwierigen Situation zeigt: Trainer Jeff Campbell dürfte eben doch einer der meistunterschätzten Trainer der beiden obersten Ligen sein. Es gelingt ihm, das Spiel zu strukturieren und die Talente zu integrieren und als charismatischer Chef zu dirigieren.

26.1.2021 - Kloten - Swiss Arena - Challenge League - EHC Winterthur vs HC Langenthal- SC Langenthal s Headcoach Jeff Campbell Winterhur Zielbau Arena Zürich Schweiz Copyright: xSergioxBrunettix
Langenthal-Coach Jeff Campbell.Bild: imago images/Sergio Brunetti

Gross war der Ärger im Sommer, als der ehemalige SCB-Sportchef Alex Chatelain als Geschäftsführer angestellt wurde und kein Geld mehr vorhanden war, um den Vertrag mit dem bei Fans enorm populären Finnen Eero Elo (jetzt halt bei Thurgau) zu verlängern. Noch Anfang August stand kein Ausländer zur Verfügung und dem Meister von 2012, 2017 und 2019 drohte die sportliche Depression.

Inzwischen ist Alex Chatelain bereits wieder weg und Kevin Schläpfer hat zwei ausländische Stürmer unter Vertrag, die auf die Saison hochgerechnet weniger als 40 000 Franken netto kosten: den Letten Haralds Egle (25) bis Ende Saison und den Amerikaner Steve Whitney (31) vorerst bis zur Nationalmannschaftspause im November. Zwei ausländische Stürmer (Ryan Hayes, Ashton Stockie) hatte der Sportchef zuvor getestet und wieder nach Hause geschickt.

Kevin Schläpfer sagt, Langenthal verdanke den guten Saisonstart zu einem schönen Teil den guten Beziehungen zu den NL-Klubs im Bernbiet (Biel, Langnau, SCB), die es durch das leihweise Überlassen von Talenten möglich gemacht haben, doch noch ein Team zusammenzustellen. Dass er es ist, der dieses Beziehungsnetz hegt und pflegt, sagt er nicht. Und trotzdem ist die Situation angespannt und ungewiss: Das alte Stadion (Schoren) ist eine schlecht isolierte Energieschleuder und genügt den Ansprüchen eines Profibetriebes nicht mehr. Alle neuen Stadionprojekte sind teure Luftschlösser.

Mag sein, dass diese schwierige Situation zu einem engeren Zusammenrücken der Mannschaft führt («wir gegen den Rest der Welt und die Stadtpolitik»). Aber darauf mag Kevin Schläpfer nicht bauen. Sein Vertrag läuft am Ende der Saison aus und er macht sich Gedanken um seine Zukunft. Nun ist er im Laufe der Jahre klüger geworden und übt sich in Diplomatie. Er sagt: «Ich konzentriere mich auf meine Arbeit in Langenthal. Da habe ich genug zu tun. Zu Spekulationen äussere ich mich nicht.»

Wozu er sich grundsätzlich nicht äussert, sind lose Kontakte zu Biel für einen Job im Nachwuchs und vor allem ein Angebot des EHC Basel für die Position eines Sportchefs. Auf die leichthin gestellte Frage, ob er eigentlich mit Basels Manager Olivier Schäublin (44) gut auskomme, sagt er erst unbekümmert: «Warum fragen Sie? Klar komme ich mit ihm aus, wir haben sogar früher zusammen im gleichen Team gespielt.» Um dann innezuhalten. «Aha, jetzt weiss ich, warum Sie mich fragen. Ich sage dazu rein gar nichts. Das ist alles bloss Gerüchtemacherei.»

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Trotzdem: affaire à suivre. Im Sommer 1988 hat Kevin Schläpfer Basel verlassen, um unsere Hockeywelt als Spieler und später als Sportchef und Trainer in Lugano, Zug, Olten, Lausanne, Langnau, Chur, Biel und Langenthal zu erkunden und zu erobern. Eine Rückkehr in seine Hockey-Heimatstadt nach 35 Jahren – das wäre ein schönes Stück Hockey-Romantik. Und in Basel ist es Zeit für eine charismatische Persönlichkeit, die Hockey zu verkaufen versteht wie einst Emil Handschin, der Roman Josi der 1950er Jahre.

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