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Vincent Praplan (23) hat in den letzten Wochen nicht wie ein künftiger NHL-Star gespielt. Nicht beim olympischen Turnier, wo er eine offensive Nullnummer war. Und auch nicht mehr beim EHC Kloten, wo er in den letzten 14 Spielen «nur» noch 7 Punkte produziert hat. Den wahren Vincent Praplan haben wir bei der letzten WM in Paris gesehen (8 Spiele/7 Punkte).
Der Zufall will es, dass er in der ersten Partie nach der Vertragsunterzeichnung bei den San José Sharks mit Kloten am letzten Samstag nicht mehr in der ersten Linie stürmen durfte. Trainer Kevin Schläpfer «demontierte» zum ersten Mal in dieser Saison die Linie mit Denis Hollenstein, Tommi Santala und Vincent Praplan. Das Resultat: Kloten siegte in Langnau 5:3.
«Wir hatten bei der Niederlage in Ambri wirklich schlecht gespielt. Ich musste etwas probieren» begründet Kevin Schläpfer die Massnahme. «Es ist kein Risiko dabei. Ich kann die drei jederzeit wieder gemeinsam stürmen lassen. Wir haben ja in der Vergangenheit oft genug gesehen, dass sie funktionieren…».
Was in Kloten passiert, ist für Vincent Praplans Karriere ohnehin unerheblich. NLA-Hockey? Olympisches Turnier ohne NHL-Profi? Interessierte San Josés General Manager Doug Wilson bei der Beurteilung wenig.
Er hat sich im Rookies Camp im letzten Sommer von den Fähigkeiten unseres letztjährigen WM-Topskorers überzeugt: «Er kann auf allen Stürmerpositionen spielen und passt sehr gut in unser System. Mit seiner Schnelligkeit ist er ein guter Box-Play-Spieler und mit seinem offensiven Instinkt kann er das Powerplay besser machen.»
San José setzt auf modernes Lauf- und Tempohockey. Ein Stil, der Vincent Praplan behagt. Und letztlich ist er eine Rolex vom internationalen Transferwühltisch. Weil er im Draft übersehen worden ist, konnte er den Arbeitgeber frei wählen und San José musste für seine Verpflichtung kein Draftrecht hergeben.
Der Walliser hat bei San José einen Einjahres-Zweiweg-Vertrag unterschrieben. Spielt er nächste Saison in der NHL, so kassiert er 920'000 Dollar. Muss er ins Farmteam, sind es 70'000 Dollar. Das Salär wird jeweils auf die Spiel- und Trainingstage in der entsprechenden Liga hochgerechnet. Bei einer Gesamtlohnsumme von rund 70 Millionen Dollar fällt Vincent Praplans Salär etwa so ins Gewicht wie wenn SCB-Sportchef Alex Chatelain einem Langenthaler Junior eine Chance gibt.
Setzt sich der Schweizer durch, wird die Weisheit von General Manager Doug Wilson gerühmt. Setzt er sich nicht durch, stellt kein Mensch eine kritische Frage. Wie Nico Hischier (19) kommt Vincent Praplan aus dem Wallis. Auch er ist über den Umweg von Visp in die Nachwuchsorganisation eines Klubs in der Deutschschweiz gekommen.
Nico Hischier landete beim SCB, Vincent Praplan in Kloten. Und wie Nico Hischier hat auch er ein «Lehrjahr» im kanadischen Junioren-Hockey gemacht (2013/14). Aber hier enden die Parallelen. Nico Hischier ist ungleich talentierter und steht als Nummer 1-Draft bei New Jersey in seiner ersten NHL-Saison im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit.
Vincent Praplan ist zwar talentiert, aber nicht vergleichbar mit dem «Jahrhundert-Talent» Nico Hischier. Er ist im Draft übergangen worden und kann sein NHL-Abenteuer im nächsten Herbst mit viel weniger Erwartungsdruck beginnen. Wenn es nicht auf Anhieb zu einem Platz im NHL-Team reicht, dann wird er eben im Farmteam spielen und muss dann nicht einmal zügeln. Das Farmteam ist auch in San José domiziliert.
Eine Rückkehr nach Kloten während der Saison schliesst er kategorisch aus. Dass er sich «durchbeissen» kann, hat er bereits bewiesen: nach der Rückkehr aus der kanadischen Junioren-Liga kam er bei Kloten unter den Trainern Felix Hollenstein und Sean Simpson in 46 Partien gerade mal auf 8 Punkte (2014/15).
Seither sind es 33 und 42 Punkte und in der laufenden Saison steht er bei 39. Er sagt, er habe mehrere Angebote gehabt und sich für San José entschieden, weil er diese Organisation aus dem Rookies Camp im letzten Sommer kenne und sich dort wohl gefühlt habe. Nun sei er froh, dass die Entscheidung gefallen ist. «Es ist eine Erleichterung und ich kann mich jetzt für den Rest der Saison ganz auf das Eishockey in Kloten konzentrieren.»
Vincent Praplan hat bei weitem das Talent für die NHL. Keine Frage. Das hat er schon früh bewiesen. Als er mit 62 Punkten aus 34 Spielen Topskorer unserer Elitejunioren vor dem heutigen NHL-Profi Nikolaj Ehlers (22) wurde (2012/13). Aber er ist kein «Jahrhundert-Talent» und kein Erstrundendraft.
Ob er es schafft, hängt auch von äusseren Einflüssen ab, die er nicht beeinflussen kann. Unter anderem davon, ob im nächsten Herbst bei der Zusammenstellung der Mannschaft gleich für ihn ein Platz offenbleibt.
Weil er bei weitem nicht so dominant und kräftig ist wie Timo Meier (21), der Schweizer, der in San José seinen Platz erkämpft hat, ist er weniger vielseitig und kommt für Einsätze in einer «Shutdown-Formation» kaum in Frage. Vincent Praplan kann durchaus eine NHL-Karriere machen wie Sven Andrighetto (24).
Er ist ein ähnlicher Spielertyp, ja, sogar noch eine Spur talentierter, aber noch weniger robust. Nun gilt: Wenn er die Chance bekommt, dann muss er bereit sein und sie packen. Anders als bei einem Erstrundendraft wird er nicht vier oder fünf Chancen erhalten. Aber eine zweite bei einem anderen Klub kann ihm sein Agent Georges Müller im Falle eines Falles schon organisieren.