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Gottérons Wende vom Kindergeburtstags- zum Männerhockey

Fribourg schenkt den Flyers nichts mehr.
Fribourg schenkt den Flyers nichts mehr.Bild: freshfocus
Die gefährliche Ruhe der Kloten Flyers

Gottérons Wende vom Kindergeburtstags- zum Männerhockey

Gottéron spielte erstmals Männerhockey und demolierte Kloten 7:1. Eine interessante Frage nach Gottérons erstem Sieg in diesem Halbfinale: Wie gut ist eigentlich Martin Gerber?
02.04.2014, 07:1402.04.2014, 11:58
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Die Nordamerikaner haben dieses Wort in die Hockeysprache eingeführt: «Warrior». Wörtlich übersetzt «Krieger». So werden Hockeyhelden bezeichnet, die mit ihrer Härte den Gegenspielern unter die Haut gehen. Die aber nicht nur raufen und prügeln. Sondern in der Hitze des Gefechtes die Übersicht behalten und Hockey auch spielen.

Gottéron hat im letzten Frühjahr Zug einen solchen «Warrior» abgekauft: Timo Helbling. 190 Zentimeter gross, gut und gerne 100 Kilogramm schwer. Gestählt aus mehr als 300 Partien in Nordamerika. In der NLA hat er inzwischen in über 500 Spielen auch schon über 1000 Strafminuten abgesessen.

Der Hühne bei den Drachen, Timo Helbling, ist nur schwer vom Puck zu trennen.
Der Hühne bei den Drachen, Timo Helbling, ist nur schwer vom Puck zu trennen.Bild: Daniela Frutiger

Der Krieger «crasht» den Kindergeburtstag

Sag mir, wie Timo Helbling spielt und ich sage dir, wie es um Gottéron steht. Tatsächlich hatten wir im Viertelfinale gegen Ambri und in den zwei ersten Halbfinal-Partien gegen Kloten nicht den wahren Timo Helbling und damit auch nicht das wahre Gottéron gesehen. Ja, die Spiele gegen Kloten waren bisher bloss ein Kindergeburtstag. So war es logisch, dass die Flyers zweimal gewannen (4:2, 3:2 n.V.). Denn die leichtfüssigen, schnellen und taktisch smarten und stilsicheren Zürcher mögen «Kindergeburtstags-Hockey» und defensives Hockeyschach ohne Intensität.

Es war also an Gottéron, endlich zum archaischen, männlichen, rauen, wahren Hockey zurückzukehren. Zu dominieren. Und den «Krieger» im Manne zu wecken. Auf der Resultattafel stand noch ein 0:0 und es waren erst knapp acht Minuten gespielt. Und doch war bereits klar, dass Kloten mit Karacho untergehen würde.

Über den Kampf zurück in die Serie gefunden.
Über den Kampf zurück in die Serie gefunden.Bild: Keystone

Timo Helbling hatte sich nämlich in einen «Warrior» verwandelt und sich mit Klotens Tommi Santala geprügelt. Alleine in dieser Startphase kassierte er dreimal mehr Strafminuten als in allen bisherigen Playoffpartien. Und er sollte nicht der einzige «Krieger» bleiben. Da war auch noch der zähe Kämpfer Greg Mauldin (2 Tore/1 Assist) und, geradezu symbolisch für Gottérons neue Männlichkeit, Topskorer Benjamin Plüss.

Der Bruder von Berns Martin Plüss ist mit seiner Schnelligkeit eher einer für «Kindergeburtstags- Hockey». Aber weil Gottérons Tempospiel nicht recht funktionierte, hat er wie das Fussvolk gekämpft. Beim bereits alles entscheidenden 3:0 war er vor Klotens Tor ein Winkelried, der die Schläge auf sich zog und so seinen Mitspielern eine Gasse machte.

Leidenschaftliches Hockey

Gottéron ist gerade noch rechtzeitig erwacht und die Mannschaft hat erstmals in diesen Playoffs ihr ganzes Potenzial entfaltet. Trainer Hans Kossmanns taktische Handgriffe – er nahm seinen Paradesturm (Julien Sprunger, Andrej Bykow, Benjamin Plüss) erstmals auseinander – war kein entscheidender Faktor. Die Wende war nicht taktischer Natur. Sondern das Resultat der Rückkehr zum geradlinigen, rauen, leidenschaftlichen Hockey.

Hans Kossmann dirigiert seine Spieler.
Hans Kossmann dirigiert seine Spieler.Bild: Keystone

Die Frage ist, ob Gottéron nun auch in Kloten diese Intensität ins Spiel zu bringen vermag. Wenn ja, ist ein zweiter Sieg möglich. Gottérons Bandengeneral geht davon aus, dass seine Jungs auswärts zur gleichen Leistung fähig sind. Seine Mannschaft sei jetzt in den Playoffs angekommen und habe an der Tankstelle aufgetankt.

So eindrücklich dieses 7:1 auch sein mag – es ist letztlich bloss ein Sieg. Bei den Kloten Flyers blieb zwar die Kabinentüre lange zu. Aber die krachende Niederlage hat keine Spuren hinterlassen und das Selbstvertrauen nicht einmal geritzt. Die Zürcher sind taktisch viel zu stilsicher und viel zu erfahren um sich durch ein missglücktes Spiel vom Kurs abbringen zu lassen. Trainer Felix Hollenstein sagt einfach, das Spiel sei von A bis Z misslungen und werde sofort abgehakt. Die Kloten Flyers werden sich bis zur nächsten Partie am Donnerstagabend neu formieren und mit aller Macht eine Retourkutsche fahren.

Wie gut ist Martin Gerber?

Wie so oft in den Playoffs könnten am Ende wieder einmal die Torhüter entscheiden. Die zwei ersten Spiele hatte auch Gottérons Goalie Benjamin Conz verloren. Nun sind die Klotener in der dritten Partie so dominiert und eingeschüchtert worden (49:25 Torschüsse!), dass sie gar nicht dazu kamen, offensiv frech zu werden.

Dafür rückt nun Klotens Martin Gerber in den Blickpunkt. Er wird zu Recht als einer der grössten Schweizer Torhüter aller Zeiten gerühmt. Schliesslich ist er mehrfacher Dollarmillionär und Stanley Cup-Sieger.

Martin Gerbers Fangquote betrug beim 1:7 nur 85,71 Prozent. 
Martin Gerbers Fangquote betrug beim 1:7 nur 85,71 Prozent. Bild: Nick Soland

Aber wir verschweigen bei Martin Gerber gerne, dass er ein notorischer Playoff-Versager ist. Nur im Frühjahr 2002 hat er gute Playoffs gespielt und Färjestad zum schwedischen Meister gemacht. Seither war er in den Playoffs letztlich unbrauchbar. Weder bei Carolinas Stanley-Cup-Sieg noch bei Ottawas Finalqualifikation hatte er eine Rolle gespielt. Beide Male verlor er in den Playoffs seine Position als Nummer 1, an Cam Ward bzw. Ray Emery.

Wenn die Kloten Flyers ins Finale kommen wollen, dann brauchen sie einen Martin Gerber, der sein bestes Hockey spielt. So wie er am Dienstag in Fribourg spielte (85,71 Prozent Fangquote) reicht es nicht. Zudem beschleunigte er den Untergang mit einem Stockschlag. Die daraus resultierende Strafe führte zum 3:0.

Wenn Gottérons Stürmer Martin Gerber weiterhin so unter Druck setzen und provozieren wie in dieser dritten Partie, dann ist nicht ganz auszuschliessen, dass der wehrhafte Emmentaler im Laufe dieser Halbfinalserie noch ausrastet – und dadurch sein Team entweder irritiert oder motiviert. Es ist für Kloten und für Gottéron noch nicht aller Tage Abend.

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